Die globalen Lieferengpässe haben zu einem weitreichenden Umdenken vieler Produzenten, Abnehmer und Logistiker geführt. Ein großes Problem, womit sich gerade der europäische Markt herumschlägt, sind die drastisch gestiegenen Frachtkosten für Lieferungen aus China. Eine Lösung war für einige Unternehmen, wie Ikea oder Benetton, die Umlagerung der Produktion in die Türkei. Zwar sind die Personalkosten etwas höher als in Ostasien, dafür sind die Lieferkosten aus geographischen Gründen deutlich niedriger. Turkish Airlines möchte hier anknüpfen.
Ahmet Bolat, der Verwaltungsratsvorsitzende der türkischen Fluggesellschaft, sagt in einem Interview mit Reuters, dann man nach neuen Wegen der Finanzierung für Investitionen suche und dabei neben potenziellen Joint Ventures auch über eine IPO der Tochtergesellschaften AnadoluJet und Turkish Cargo nachdenkt. AnadoluJet betreibt Regionalflüge in der Türkei, Nordzypern, Europa, Westasien und im Nahen Osten. Fest steht, dass die Flotte mit modernen Flugzeugen erneuert werden soll, aber man möchte dort nicht aufhören. Der Mutterkonzern bestellte erst letzten Monat weitere 9 Flugzeuge von Airbus (EPA:AIR) zu den bereits 9 gekauften Flugzeugen in diesem Jahr. Damit ist Turkish Airlines die neuntgrößte Fluggesellschaft der Welt nach Flottengröße mit insgesamt 377 Flugzeugen.
Nun soll auch die Frachtsparte ausgebaut werden. Wie genau das angegangen wird, gab Bolat nicht bekannt. Jedoch liegt der Fokus klar auf externen Akteuren. Auch hier ist man möglichen Joint Ventures mit anderen Logistikunternehmen oder Fluggesellschaften (NYSE:JETS) nicht abgeneigt. Dies könnte vor allem dadurch interessant sein, da, je nach strategischer Positionierung des Partners, bestimme Regionen und Kundenpools abgegriffen werden können. Somit wäre eine gewisse Basis vorhanden und würde die Profitabilität nicht sonderlich beeinflussen.
Auf der anderen Seite denkt man auch über eine IPO oder eine Abspaltung nach. Somit würde Turkish Cargo mehr vom Gewinn behalten und womöglich größere Effizienz in der Finanzierung erreichen, aber dazu ist man vom Vertrauen und der Bereitwilligkeit der Investoren abhängig. Da die türkische Börse weniger vernetzt ist als andere Handelsplätze, sind die Barrieren für internationale Investoren noch recht hoch. Mit einer Mehrfachlistung könnte man dies umgehen, jedoch erfordert auch dieser Weg viel Marketingarbeit.
Dass aber diese Maßnahmen langfristig helfen können, scheint nicht abwegig. Die Türkei ist geographisch perfekt gelegen, um gerade in dieser Supply-Chain-Krise Abhilfe zu schaffen. Sich logistisch diese Probleme zum Vorteil auszulegen, ist somit ein gangbarer Weg für die Airline, die seit August über 284% im Aktienwert zugenommen hat. Zudem sind die Produktionsstandards auf einem hohen Level bei moderaten Löhnen, was internationale Unternehmen in die lokale Produktion ziehen dürfte.
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