Viele Anleger, die in Hinterlegungsscheine von russischen Aktien investiert haben, müssen diese Scheine aufgrund eines russischen Gesetzes zeitnah in tatsächliche Aktien umwandeln. Ansonsten droht im schlimmsten Fall der Totalverlust des eigenen Investments. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen gegen Russland verkomplizieren diesen Prozess jedoch. Rechtsanwältin Dr. Magali Kolleck-Feser von der Wirtschaftskanzlei Goldenstein erklärt, wieso Anleger in der Sache nun vermutlich etwas Zeit verschafft bekommen.
Die Herausforderungen beim Umtausch von Hinterlegungsscheinen in Aktien
Bis vor kurzem wurde der Umtausch von Hinterlegungsscheinen russischer Aktien von der europäischen Verwahrstelle von Hinterlegungsscheinen blockiert. Das liegt daran, dass die russische Hinterlegungsstelle – die National Settlement Depository (NSD) – im Rahmen des sechsten Sanktionspakets der Europäischen Union ebenfalls sanktioniert wurde. Daher verweigerte die europäische Verwahrstelle die Zusammenarbeit mit der NSD.
Vor knapp zwei Wochen änderte sich diese Situation jedoch. Weil die NSD zunächst bis zum 31. Juli darauf verzichtet, Gebühren für die Umwandlung von Hinterlegungsscheinen zu beziehen, konnte die europäische Verwahrstelle wieder mit ihr kooperieren. Schließlich handelte die NSD seitdem nicht mehr aus einem wirtschaftlichen Interesse heraus.
Für Anleger bedeutete dies, dass sie die Umwandlung ihrer Hinterlegungsscheine kurzfristig über ihre Bank bzw. ihren Broker einleiten konnten. Um einen fristgemäßen Umtausch zu gewährleisten, verlangten die meisten Kreditinstitute allerdings, dass ihre Kunden bereits bis zum 26. oder 28. Juli Informationen über ein Depot übermitteln, auf das die russischen Aktien übertragen werden können. Die Eröffnung eines solchen Depots ist momentan jedoch oftmals nur vor Ort und somit nicht kurzfristig möglich.
NSD verlangt bis zum 14. August keine Gebühren
Nun erhalten Anleger jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit etwas mehr Zeit: Die NSD verkündete nämlich aktuell, dass sie vorerst sogar bis zum 14. August keine Gebühren für die Umwandlung von Hinterlegungsscheinen in Aktien beziehen wird. Insofern ist davon auszugehen, dass auch die europäische Verwahrstelle dieser Hinterlegungsscheine mindestens bis zum 14. August mit der NSD kooperieren wird.
Für Anleger sind das grundsätzlich gute Neuigkeiten, denn diese haben nun zwei Wochen länger Zeit, um ihre Hinterlegungsscheine über das eigene Kreditinstitut in Aktien umzuwandeln. Der Knackpunkt: Die Eröffnung eines russischen Depots ist jedoch auch bis zum 14. August nicht ohne Weiteres für jeden Verbraucher machbar. Es gibt jedoch noch einen zweiten Weg, um das eigene Investment zu retten.
Zweite Umwandlungsoption mit längeren Fristen – juristische Unterstützung sinnvoll
So haben Anleger seit Mitte Juli auch die Möglichkeit, die Umwandlung von Hinterlegungsscheinen in russische Aktien ohne Unterstützung des eigenen Kreditinstituts bzw. der europäischen Verwahrstelle für Hinterlegungsscheine durchzuführen. Dies wird zumindest bis zum 12. Oktober 2022 durch ein neues russisches Gesetz ermöglicht. Dafür müssen betroffene Anleger lediglich einen Nachweis über den Besitz dieser Hinterlegungsscheine erbringen. Dies ist beispielsweise in Form eines Depotauszugs möglich.
Auch in diesem Fall ist es jedoch nötig, ein ausländisches Depot, in welchem russische Aktien verbucht werden können, zu eröffnen. Deutsche Broker bieten einen entsprechenden Service allerdings nicht an, weshalb die Depoteröffnung momentan die größte Herausforderung für betroffene Anleger darstellt.
Wer hohe Summen in Russland investiert hat und das eigene Investment retten möchte, sollte sich daher in jedem Fall juristische Unterstützung suchen. International vernetzte Kanzleien mit Erfahrung im Bereich des Wirtschaftsrechts – wie wir von der Wirtschaftskanzlei Goldenstein – haben nämlich bereits Lösungen entwickelt, um den Umtausch von Hinterlegungsscheinen russischer Aktien innerhalb der aktuell vorgegebenen Fristen zu ermöglichen. Dadurch kann das eigene Investment vor einem Zwangsverkauf gerettet werden.
Deshalb ist die Umwandlung von Hinterlegungsscheinen sinnvoll
Gelingt die Umwandlung der eigenen Hinterlegungsscheine in Aktien nämlich nicht, wird die jeweilige Hinterlegungsbank versuchen, die hinterlegten Aktien der jeweiligen Unternehmen für betroffene Anleger zu verkaufen, sobald die Umwandlungsfrist abläuft. Allerdings ist unklar, ob und zu welchem Kurs dieser Verkauf in Zukunft möglich ist und ob eine Auszahlung des Erlöses erfolgen kann.
Wer seine Hinterlegungsscheine in Aktien umgewandelt hat, hat diese hingegen zunächst einmal gesichert und kann den Verkaufszeitpunkt der Unternehmensanteile selbst wählen. Auch Dividenden werden dann auf das neue Verrechnungskonto bei der jeweiligen Depotbank ausgezahlt.
Kurzfristig ist der Verkauf von Aktien sowie die Auszahlung der Dividenden auf ein deutsches Konto oder ein Konto in der Europäischen Union aufgrund der bestehenden Sanktionen allerdings nicht möglich. Die eigenen Aktien sowie ausgezahlte Dividenden werden so lange auf dem jeweiligen Depot bzw. Verrechnungskonto gesammelt, bis die Auszahlung wieder möglich und auch gewünscht ist.
Weiterführende Informationen
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