Vor allem, was Menschen nicht kennen oder einschätzen können, fürchten sie. Und so ist es auch mit dem neuen Corona-Virus 2019-nCoV. Sensations-Medien befeuern diese diffuse Angst noch, denn sie sorgt für Klicks und Quoten und damit Werbeeinnahmen.
Das chinesische Jahr der Ratte hat nicht gut begonnen
Die Macht der Bilder und Meldungen verfehlt ihre Wirkung nicht. Wenn China ca. 60 Millionen Menschen in Quarantäne steckt, arbeitet das Kopfkino auf Volllast. Nicht zuletzt ist der Boden für Gerüchte gedüngt: Peking schöne doch die Zahl der Infizierten und Verstorbenen dramatisch. Einige sprechen sogar von einem Killervirus, der aus einem geheimen chinesischen Chemielabor ausbrechen konnte. Sars hatte doch auch seinen Ursprung in China. Ohnehin ist die Bedrohung nicht weit weg, wie z.B. die Brände in Australien. Der Virus hat sich längst ins Flugzeug gesetzt und sich in Europa und Deutschland ohne anzuklopfen Zutritt verschafft. In Zügen, Flugzeugen oder auf der Straße tragen immer mehr Nicht-Asiaten Mundschutz. Die schlimmsten Hollywood-Thriller scheinen plötzlich Realität zu werden. Ich erinnere mich an meinen Französisch-Unterricht in der Schule. Damals haben wir La Peste von Albert Camus gelesen.
Das Virus zwischen panischer und nüchterner Betrachtung
Experten rechnen ähnlich wie bei Sars und der Schweinegrippe mit einer Pandemie. Das Tückische am Corona-Virus ist, dass man ihn weitergeben kann, lange bevor man weiß, dass man selbst angesteckt ist. China als aufstrebende Supermacht will sich jedoch keinen unprofessionellen Umgang wie bei der Sars-Epidemie 2002/2003 vorwerfen lassen und zeigt eindeutig Handlungsfähigkeit. Grundsätzlich soll der Infektionsverlauf bei gesunden Menschen mit robustem Immunsystem vergleichsweise milde verlaufen. Der Verweis auf rund 25.000 Grippetote in Deutschland 2017/18 soll nicht zynisch klingen, sondern die Relation aufzeigen. Tatsächlich sagte mir mein eigener Hausarzt, man solle sich mehr vor dem normalen Grippe- als vor dem Corona-Virus sorgen.
Es ist wichtig, dass die Weltgesundheitsorganisation den weltweiten Gesundheitsnotstand ausruft. Einerseits nährt das zwar Befürchtungen, andererseits können aber global mit Schlagkraft noch mehr Maßnahmen zur Früherkennung, Hygiene und Eindämmung ergriffen werden. Entscheidend ist, dass die Menschen das Vertrauen in die Lösungsfähigkeit der Gesundheitspolitik nicht verlieren. Ohne Zweifel ist der medizinische Fortschritt seit der Sars-Epidemie gewaltig. Das Virus kann mittlerweile nachgezüchtet werden. Wenn auch ein Impfstoff noch auf sich warten lässt, zeigen sich Experten daher immerhin hoffnungsvoll bezüglich anti-viraler Behandlungen.
Der virale Schaden für die Weltwirtschaft
Bei Angst verhalten sich Menschen wie Fluchttiere. Da der Virus überall lauern könnte, wird weniger in Urlaub geflogen. Auf die Flug- und Tourismusindustrie kommen ohnehin Einbußen zu, weil Flüge von und nach China teilweise komplett gestrichen wurden. Die Chinesen als weltweit reisefreudigste und gern einkaufende Menschen fallen damit immer mehr aus.
Die wegen Quarantäne im Konsum stark eingeschränkten Chinesen stellen sogar ein Menetekel für die Weltkonjunktur dar. Denn der chinesische hat den amerikanischen Verbraucher als stärkste Konsumlokomotive der Welt abgelöst.
Neben der Konsum- droht jedoch auch von der chinesischen Industrieseite Ungemach. Die vom Virus besonders stark betroffene Provinz Hubei mit ihrer Hauptstadt Wuhan ist vergleichbar mit der Großregion Chicago. Hier verlaufen bedeutende Transportwege. Inzwischen gibt es sogar mit Duisburg eine regelmäßige Eisenbahnverbindung für Container. Überhaupt schlägt hier das Produktionsherz Chinas besonders laut. Für den Export werden umfängliche Vorprodukte - z.B. für Apple (NASDAQ:AAPL) - hergestellt. Und in kaum einer anderen chinesischen Region ist der Import von Investitionsgütern, Öl und Industriemetallen größer. Brechen Produktion sowie Ex- und Import wegen viraler Reibungsverluste ein, setzen Multiplikator-Effekte ein, die heute China, morgen Asien und übermorgen die gesamte Weltwirtschaft bremsen.
Allerdings gilt: Wenn man den Virus im Griff hat und mentale Entspannung einsetzt, werden die realwirtschaftlichen Einbußen nachgeholt. Diese (asiatische) Konjunkturerholung war ebenso nach Eindämmung des Sars-Virus festzustellen.
Der Einfluss der Viruskrise auf die Aktienmärkte
Einen schwarzen Schwan nennt man ein Ereignis, auf das man nicht eingestellt ist, dessen Folgen kaum abschätzbar sind, das einen sozusagen auf dem falschen Fuß erwischt. Hat auch der Corona-Virus diese dunkle Gefiederfarbe? Stand heute kann noch kaum prognostiziert werden, wie nachhaltig die Viruskrise die Aktienmärkte beeinträchtigt. Selbst die Geldpolitik hat ihren Meister gefunden. Im Vergleich zu Schulden-, Immobilien- oder Handelskrisen ist das Virus gegen jedes geldpolitische Medikament multiresistent. Und es einfach in viel Liquidität ersäufen, geht auch nicht.
Und in der Tat, angesichts dieses geldpolitisch-medizinischen Notstands und der monatelangen Aktienrallye haben viele Anleger Gewinne mitgenommen.
Aber auch für die Finanzmärkte gilt: Hat man den Corona-Virus unter Kontrolle, werden die Aktien das Thema abschütteln wie Hunde Wasser auf ihrem Fell. So war es schon beim Sars-Erreger.
Vorerst ist dennoch mit erhöhter Schwankungsbreite zu rechnen. Diese lässt sich aber mit regelmäßigen Aktiensparplänen oder Teilschutzprodukten wie Discount- und Bonuszertifikate oder Aktienanleihen gut parieren.
Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass auch große medizinische Herausforderungen immer wieder gemeistert wurden. Sicher sollte man achtsam sein, von Panik aber Abstand nehmen. Nachdem sie bisher 10 Jahre danebenlagen, sollten die Untergangspropheten bitte nicht ihr „Glück“ im Corona-Virus suchen. Das wäre zynisch.
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