„Globalisierung“, „Finanzialisierung“, „Digitalisierung“. Oft gehört, aber wenig Ahnung, was dahintersteckt? In der Tat sind dies Schlagworte mit wenig konzeptioneller Griffigkeit – wenn man diese nicht im Rahmen akademischer Debatten angeht. Deswegen schauen wir uns den Begriff der Digitalisierung mal aus politikwissenschaftlicher Sicht an und filtern heraus, welche Implikationen ein Wandel politischer Strukturen mit sich führt.
Als Faustregel hat man es bei Begriffen mit der Endung „-ierung“ mit Prozessen zu tun. Etwas ist also in einer Wandlungsphase und im Falle der Digitalisierung sprechen wir von einer Wandlung in ein digitales Arbeitsumfeld. Dabei werden Vorgänge, Informationen, Aufgaben, Ziele und Dienste mit elektronischen Systemen abgebildet, gesammelt, verteilt, festgelegt und angeboten. Der Vorteil ist, dass in digitalen Systemen Transaktionskosten durch effizientes Abspeichern, Archivieren und Aufrufen gesenkt werden. Bei automatisierten Systemen entsteht der Vorteil, dass emotionale Ineffizienzen wegfallen, weniger Fehler entstehen und die Systeme durchgängig arbeiten. Im Zusammenhang mit der Politik bedeutet es, dass vor allem bürokratische Abläufe verschlankt werden, sodass weniger Kosten im Staatshaushalt anfallen und Transaktionskosten auf Seiten der Bürger reduziert werden.
Soweit recht eindeutig. Nun kommen aber Dynamiken dazu, die das Ganze etwas komplexer machen, nämlich menschliche Faktoren. Rein quantitativ hat jeder ein Interesse daran, die Digitalisierung voranzutreiben, qualitativ aber nicht. Zum einen impliziert die Auslagerung von Abläufen auf digitale Dienste eine Massenentlassung von Personal im öffentlichen Dienst. Natürlich bringt dies politischen Druck auf die Regierung mit sich. Anders als in anderen Sektoren, sind die meisten Beamten eben Beamte, weil sie die formellen Umstände einer Anstellung im öffentlichen Dienst attraktiver als die Tätigkeit selbst finden. Und da es immer eine solche Zielgruppe geben wird, entsteht durch den Wegfall bürokratischer Arbeitsplätze ein nachhaltiges Nachfragedefizit auf dem Arbeitsmarkt und fordert die Schaffung von Berufsfeldern mit ähnlicher Berufssicherheit.
Dann kommt noch hinzu, dass auf höheren politischen Ebenen leider nicht immer maximale Effizienz gewünscht ist. Ermessensspielraum ist, sowohl durch positive als auch negative Motive angetrieben, ein wichtiges Element, das man sich nicht nehmen lassen möchte. Oft kann ein elektronisches System nicht alles vollends wirksam abbilden und Regeln müssen manchmal etwas flexibler sein, um den Staatsdienst wirksam zu gestalten. Auf der anderen Seite gibt es aber auch korrupte Motive, die dazu führen, dass man eben nicht alles auf Computer und Internet auslagern will. Hier würden gewisse Vorteile für Einzelne wegfallen, was jedoch im Interesse der Allgemeinheit wäre.
Gerade mit der Ausweitung von cloudbasierten Arbeitssystemen würden die Sicherheit und Transparenz von Arbeiten im öffentlichen Sektor gesteigert werden, was zu besseren politischen Ergebnissen führen würde. Interessanterweise ist ja auch die Grundidee des Krypto-Marktes auf Effizienz durch Transparenz aufgebaut. Im öffentlichen Sektor würde man zwar auf andere Technologien zurückgreifen, aber die reduzierte Diskretion im Handlungsablauf würde die Politik zu einer gewissen Technokratisierung zwingen.
Und da haben wir es wieder mit der „-sierung“. Der größte Vorteil der Digitalisierung ist, dass durch die Verringerung des Ermessensspielraums und dem Zwang zur Nutzung von festen Systemen, der bürokratische Ablauf als erstes noch technischer und effizienter wird. Das überträgt sich aber dann im Laufe der Zeit und dem Fortschritt der Digitalisierung auf die Politik selbst, da die Werkzeuge der politischen Umsetzung zu einer Steigerung der Integrität führen. Politiker müssten ja all ihre Arbeitsabläufe ebenfalls in den entstehenden Cloud-Umgebungen abbilden. Sollte man krumme Dinger versuchen, kann man sicher sein, dass diese in einer solchen Umgebung nachweisbar sind – anders als das klassische Papier, welches mit einem Schredder-Gang auch alle Spuren verwischt. Somit entsteht ein Druck, sich korrekt zu verhalten, da man in der digitalen Welt schneller auffliegt. Zudem sind auch allgemeine Kontrollmechanismen besser implementierbar, weshalb sich hier zusammenfassen lässt, dass die Digitalisierung uns nicht nur Gänge zum Amt spart, sondern auch die gesellschaftlichen Abwärtsrisiken drastisch mindert.
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