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Wird der Anleihenmarkt zum Eldorado für Contrarian-Investoren?

Veröffentlicht am 12.10.2023, 07:12
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Die Psychologie der Märkte ist immer wieder ein faszinierendes Thema. Im Februar 2009 habe ich den Artikel "8 Gründe für einen Bullenmarkt" veröffentlicht. Im Nachhinein lässt sich leicht feststellen, dass das die richtige Entscheidung war, insgesamt war die Psychologie damals aber sehr pessimistisch.

Es gab viele Argumente für fallende Aktienkurse und eine lang anhaltende Konjunkturflaute. Vor allem aber war die Anlegerstimmung extrem pessimistisch, gleichzeitig waren die Aktienbewertungen dramatisch günstig. Derzeit ist das Gegenteil der Fall: Anleger meiden billige Anleihen und bevorzugen überbewertete Aktien.

Aktienbewertungen vs. Zinssätze

Ein weiteres Beispiel findet sich im Jahr 2021: Nach dem Einbruch der Ölpreise und im Zuge der ESG-Bewegung sprachen wir uns für Energieaktien (NYSE:XLE) aus, als die Anleger Unternehmen aus dem Energiesektor mieden.

Sie waren 2022 die Anlageklasse mit der besten Performance.

Im November 2022 haben wir dann einen Artikel über den vermeintlichen "Tod" der FANG-Aktien geschrieben. Der Grund dafür war der extreme Pessimismus in diesem Sektor während der Marktkorrektur. Einige Zitate aus unserem Artikel:

"Wenn Anleger in einem sich abschwächenden wirtschaftlichen Umfeld nach Anlagen mit nachhaltigem Gewinnwachstum suchen, werden viele FANG-Aktien ihr Interesse wecken. In Kombination mit Mittelzuflüssen von passiven Investoren, wenn sich der Marktzyklus dreht, laufenden Aktienrückkäufen und dem Liquiditätsbedarf von Großanlegern sollten FANG-Aktien trotzdem eine gewisse Anziehungskraft ausüben".

Es überrascht nicht, dass 2023 das Jahr ist, in dem die Big 7 die Performance des Gesamtmarktes dominieren.

S&P 500

Im Laufe der Geschichte war immer dann, wenn die meisten Investoren das Schlimmste für eine bestimmte Anlageklasse annahmen, der richtige Zeitpunkt für Käufe gekommen. Wie wir bereits mehrfach diskutiert haben, sind Marktstimmungen für bis zu 50 % der Gründe verantwortlich, warum Investoren langfristig schlechter abschneiden als der Markt.

Gründe für eine Underperformance

Damit sind wir bei der derzeit absolut unbeliebtesten Anlageklasse: den Anleihen.

Anleihe-Bewertungen sind attraktiv

Wir haben viele Artikel über die grundlegenden wirtschaftlichen Triebkräfte der Renditen und Zinsen geschrieben und darüber, warum es "dieses Mal nicht anders ist". Einige Zitate aus unseren Artikeln

Am kurzen Ende der Renditekurve werden die Treasuries mit einer Laufzeit von 1 Monat bis 2 Jahren stark von der Geldpolitik der Fed beeinflusst. Wie man hier sieht, besteht eine sehr starke Korrelation zwischen dem Leitzins und der Rendite 2-jähriger Treasuries.

Fed Funds vs US2Y vs S&P 500

Das lange Ende der Renditekurve, d.h. 10-jährige Staatsanleihen und länger, wird jedoch, wie man oben sehen kann, fast ausschließlich von den Erwartungen in Bezug auf das Wirtschaftswachstum, die Inflation und die Löhne bestimmt. Die Korrelation ist auffallend hoch.

Zinssätze vs BIP-Inflation (Composite)

Natürlich gibt es Zeiten, in denen die Zinssätze von den zugrunde liegenden wirtschaftlichen Fundamentaldaten abweichen können und dies auch tun. Wir befinden uns in einer Phase, in der die Frage der Bewertung in den Mittelpunkt rückt.

Genauso wie sich Aktien von den zugrunde liegenden fundamentalen Realitäten abkoppeln und über- oder unterbewertet werden können, kann das auch bei Anleihen der Fall sein. Wie wir letzte Woche feststellten, haben die Rekord-Leerverkaufspositionen bei Bonds und der computergestützte algorithmische Handel die Renditen deutlich höher steigen lassen, als es die Wirtschaftsdaten und letztlich auch die Bewertungen der Anleihen vermuten lassen würden. Top Down Charts stellte kürzlich fest:

"Je höher der Indikator, desto teurer sind Aktien im Vergleich zu Anleihen (und desto größer sind die Chancen, dass Bonds mittelfristig besser abschneiden als Aktien). Wie man sich denken kann, sind Aktien im Vergleich zu Anleihen umso günstiger, je niedriger der Indikator ist.

Gegenwärtig sind Aktien teuer gegenüber Anleihen und teuer gegenüber ihrem eigenen Wertverlauf. Umgekehrt sind auch Anleihen in zunehmendem Maße nicht nur im Vergleich zu Aktien günstig, sondern auch absolut ausgesprochen billig.

Obwohl sich Aktien gegenüber Anleihen seit dem Tiefpunkt im Jahr 2020 spektakulär entwickelt haben, sollten wir nicht erwarten, dass sich diese Performance in der Zukunft wiederholen wird. In den Standard-Haftungsausschlüssen lesen wir immer, das die Wertentwicklung der Vergangenheit keinesfalls ein Indikator für die zukünftigen Erträgen ist, und hier ist das tatsächlich ein weiser Rat. Zusammen mit der zunehmenden Erkenntnis, dass Aktien teuer und Anleihen billig sind, sollte man diesen Hinweis unbedingt beherzigen." - Callum Thomas, Top Down Charts

Relativer Bewertung: Aktien vs. Anleihen

Mit anderen Worten: Sie sollten sich darauf einstellen, dass die Performance von Anleihen in Zukunft besser sein wird als die von Aktien.

Konträres Investieren ist schwierig

Aus Sicht des Contrarian Investing sind alle Marktteilnehmer so pessimistisch in Bezug auf Anleihen, dass das allein schon ein bullishes Signal ist. Das Problem beim Contrarian Investing ist, dass es schwierig ist, und noch schwieriger, gegen den scheinbar gesunden Marktverstand zu handeln. Howard Marks hat es einmal so beschrieben:

"Es ist nicht einfach, als Contrarian-Investor dem Trend zu widerstehen und dabei auch noch Erfolg zu haben. Es gibt viele Faktoren, die eine solche Strategie erschweren, nicht zuletzt der natürliche Herdentrieb und der Schmerz, der entsteht, wenn man sich nicht mit dem Rest synchronisiert, insbesondere wenn die Dynamik prozyklisches Handeln eine Zeit lang als den richtigen Weg erscheinen lässt.

Angesichts der Ungewissheit über die Zukunft und der Schwierigkeit, sich absolut sicher zu sein, dass die eigene Position die richtige ist - vor allem, wenn sich die Kurse gegen einen selbst bewegen - ist es eine echte Herausforderung, ein einsamer Contrarian zu sein."

Wie jedoch oben bereits angemerkt, führen Fehler aufgrund der Stimmungslage unter den Investoren auf lange Sicht immer wieder zu einer Underperformance.

Betrachten wir es einmal so. Wenn das Ziel einer Investition darin besteht, etwas zu kaufen, wenn es billig ist, dann gibt es diese Möglichkeiten in Bullenmärkten nicht. Der Kauf von Wertanlagen, die wirklich unterbewertet sind, ist NUR dann möglich, wenn niemand einen bestimmten Vermögenswert besitzen will. Natürlich gibt es bei diesem Szenario einige große Haken. Als Investor muss man den wahren Wert des Vermögenswertes kennen und bereit sein, ihn lange genug zu halten, damit der Markt diesen Wert auch erkennt.

Für die meisten Anleger ist es schwierig, zu investieren und bereit zu sein, über einen längeren Zeitraum "falsch" zu liegen. Am Ende siegt der psychologische Druck über die Überzeugungen der Anleger. Egal, ob dies durch die Jagd nach Performance, Herdenverhalten oder Verlustvermeidung ausgelöst wird, irgendwann geben die Anleger ihre Positionen auf, bevor der Wert erkannt wird.

Howard Marks beschreibt dieses Phänomen wie folgt:

"In guten Zeiten bedeutet Skepsis, Dinge zu erkennen, die zu schön sind, um wahr zu sein. Das weiß jeder. Aber in schlechten Zeiten muss man die Dinge erkennen, die zu schlecht sind, um wahr zu sein. Das fällt den Menschen schwer.

Dinge, die dem Rest der Welt Angst machen, werden wahrscheinlich auch Sie abschrecken, aber um erfolgreich zu sein, muss ein Investor standhaft sein. Schließlich geht die Welt die meiste Zeit nicht unter, und wenn man dann investiert, wenn alle anderen glauben, dass sie untergeht, ist die Zeit gekommen, ein paar Schnäppchen zu machen". - Howard Marks

Bewertungen sind beim langfristigen Investieren seit jeher der Schlüssel zum Erfolg .

Unserer Meinung nach sind Anleihen nach wie vor eine der besten Wertanlagen überhaupt.

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