Von Geoffrey Smith
Investing.com - Der europäische Gaspreis ist nach Wiederaufnahme der russischen Gaslieferungen durch Nord Stream 1 auf den niedrigsten Stand seit drei Wochen gefallen. Damit haben sich die Sorgen vor einem russischen Lieferstopp vorerst zerstreut.
Daten von der Nord Stream-Pipeline zeigten, dass der Gastransport nach 10 Tagen geplanter jährlicher Wartung wieder aufgenommen wurde. Allerdings fließen derzeit nur 40 % der üblichen Gasmenge durch die Pipeline. Bereits vor den Wartungsarbeiten wurde die Menge auf 40 % gedrosselt. Der russische Gasmonopolist Gazprom (MCX:GAZP) bestätigte, dass täglich knapp 43 Millionen Kubikmeter durch die Pipeline befördert werden.
Bis 11.21 Uhr MEZ war der Dutch TTF-Kontrakt, der als Benchmark für Nordwesteuropa dient, um 4,9 % auf 147,65 Euro pro Megawattstunde gefallen. Zwischenzeitlich erreichte er sogar einen Tiefststand von 147,25 Euro pro Megawattstunde. Das liegt zwar weit unter den Höchstständen der letzten zwei Wochen, als viele – darunter der französische Präsident Emmanuel Macron und die Europäische Kommission – vor einer vollständigen Einstellung der russischen Gaslieferungen warnten. Aber der Gaspreis liegt immer noch über das 10-fache über dem Niveau, auf dem er 2021 vor Kriegsausbruch gehandelt wurde.
Unabhängig davon verzeichnete der italienische Gasimporteur Eni (BIT:ENI) ebenfalls einen Anstieg der Lieferungen aus Russland auf 36 Millionen Kubikmeter pro Tag, von rund 21 Mio. Kubikmetern täglich in den letzten Tagen.
Der russische Präsident Wladimir Putin warnte Anfang dieser Woche davor, dass die Gaslieferungen erneut gekürzt werden könnten. Das hänge laut Kreml damit zusammen, ob die Kompressorausrüstung unverzüglich von der Wartung aus Kanada zurückgegeben wird. Die Europäische Kommission bestätigte unterdessen, dass sie Pläne für eine Kürzung des Gasverbrauchs vorschlagen wird. Damit soll eine Versorgungskrise in diesem Winter abgewendet werden.
Die kurzfristige Verbesserung bei den Gaslieferungen fällt jedoch mit einer düstereren Wendung der Ereignisse in Osteuropa zusammen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte am Mittwoch gesagt, dass sich die Ziele Russlands in der Ukraine, in die es im Februar einmarschierte, nun geändert hätten. Es gehe nicht mehr nur um die östlichen Regionen rund um die Großstädte Donezk und Luhansk, sondern auch um einen Großteil der Südukraine. Russland wolle demnach auch die Regionen Cherson und Saporischschja „und eine Reihe anderer Gebiete“ unter seine Kontrolle bringen, sagte Lawrow in einem Interview mit RIA Novosti.