Investing.com - Die Handelswoche stand bisher ganz im Zeichen steigender Renditen und einem sich erholenden US-Dollar. Beim Goldpreis hat sich trotzdem nicht viel getan, der Preis des Edelmetalls findet kurz vor Weihnachten einfach keine klare Richtung.
So ist die Rendite zehnjähriger US-amerikanischer Staatsanleihen in dieser Woche bereits um 1,69 Prozent gestiegen, die für dreißigjährige Zinspapiere um 1,77 Prozent und die fünfjährigen um 0,99 Prozent. Das erklärt auch, warum sich der US-Dollar in den letzten Tagen wieder etwas erholen konnte. Der DXY stieg um 0,10 Prozent. Allerdings weisen Renditen und der Goldpreis in der Regel eine inverse Korrelation (akt. -0,95) auf. Steigen die Renditen, fällt der Goldpreis - und umgekehrt. Das Edelmetall ist in dieser Woche aber erst um 0,11 Prozent gefallen und damit ist der Preisabschlag deutlich geringer als es der Anstieg der Anleiherenditen und des Greenbacks nahelegt.
Ein Grund für die aktuelle Robustheit des Goldpreises könnte die massive Bilanzausweitung der Federal Reserve sein, die, sofern das aktuelle Tempo beibehalten wird, im Mai 2020 neue Rekordhochs über 4,516 Billionen US-Dollar erreichen dürfte, wie der bekannte Investor und Analyst Charlie Bilello jüngst prognostizierte.
Die Federal Reserve hatte Mitte September mit dem Kauf von kurzlaufenden US-Staatsanleihen begonnen, um die Turbulenzen am Geldmarkt zu bekämpfen. Seit dem hat sie die Bilanz um mehr als 330 Milliarden US-Dollar ausgeweitet. Zuletzt betrugen die " Total (PA:TOTF) Assets" der Fed 4,10 Billionen US-Dollar.
Historisch betrachtet hatten die früheren Kaufprogramme der Fed, also QE1, QE2 und QE3, einen positiven Einfluss auf den Goldpreis. Als die Fed im Jahr 2009 mit der Ausweitung ihrer Bilanzsumme begann, lag diese noch bei unter 1 Billionen US-Dollar. Fünf Jahre später erreichte sie ein Niveau von 4,5 Billionen US-Dollar.
Im Gleichschritt zogen die Aktienmärkte sowie der Goldpreis spürbar an. Der Preis für das Edelmetall erreichte damals im September 2011 mit 1.921 US-Dollar ein neues Rekordhoch. Danach korrigierte Gold bis auf 1.100 US-Dollar. Grund dafür war u.a. das so genannte taper tantrum im Jahr 2013. Der ehemalige Fed-Vorsitzende Ben Bernanke gab damals bekannt, die Anleihenkäufe zu reduzieren. Das katapultierte die Renditen in die Höhe und ließ den Goldpreis einbrechen.
Insofern könnte die aktuelle Stabilität des Goldpreises eher an der dramatischen Ausweitung der Fed-Bilanz liegen als an den moderat steigenden US-Anleiherenditen. Beide Faktoren, also die Bilanzausweitung als auch die Renditen, begünstigen derzeit den Rekordrausch von Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq. Da es sich dabei aber um die meist gehasste Rallye in der Geschichte handelt, weil sowohl die Gewinn- als auch die Konjunkturaussichten weniger rosig sind, könnten Anleger Sicherheit im gelben Metall suchen.
"Im Falle eines unendlich steigenden Aktienmarktes, würde vermutlich jedes neue Allzeithoch auch potentiell neue Goldkäufer hervorbringen, die einen Teil ihrer Gewinne absichern wollen", erklärte Alex Douedari, Analyst bei Naga. "Das könnte den Goldpreis auf kurz oder lang weiter nach oben treiben. Vieles hängt aber davon ob, wie die Fed mit der Ausweitung ihrer Bilanz im kommenden Jahr fortfährt".
Aus Sicht der Charttechnik überwiegen indes die Risiken für eine sich fortsetzende Korrektur nach unten, wie Henrik Becker von Neo-Wave in einer Notiz schreibt. "Aktuell pendelt der Kurs zwischen den beiden 1.00 Retracements (1.461/1.483 US-Dollar) ohne einen Schlußkurs außerhalb dieser sehr engen Range zu bilden. Die kommenden Tage werden dieser Lethargie indes ein Ende bescheren", erklärte er.
Henrik Becker erwartet in der Folge einen Ausbruch in Richtung 1.417 US-Dollar - einer markanten Unterstützung. "Der gleichzeitig stattfindende Ausbruch aus dem Aufwärtstrendkanal sollte dabei nicht überbewertet werden. Solange sich Gold vom 0.50 Retracement (1.404 US-Dollar) fernhält, besteht für den Aufwärtstrend zunächst keine Gefahr".
Die charttechnischen Aussichten aufhellen würden sich indes erst mit einem Spurt über 1.483 US-Dollar, erklärte er.