Unternehmensgewinne auf 3-Jahreshoch

Veröffentlicht am 15.01.2025, 11:46

Mangelnden Optimismus kann man der Wall Street nicht vorwerfen. Die Bullen haben sich im 4. Quartal richtig ausgetobt und der Börse zu einem phantastischen Finish verholfen. Durchaus begründet, denn in den USA wächst die Wirtschaft unverändert stark. Die Prognosen für die Unternehmensgewinne liegen auf einem 3-Jahreshoch.

Die Erwartungen der Börse an die Unternehmenszahlen aus den USA könnten zum Start der Berichtssaison kaum höher sein. Die Analysten haben in ihren offiziellen Prognosen eine Konsens-Gewinnwachstumserwartung von 11,7 % für das 4. Quartal eingepreist. Bewahrheitet sich diese Prognose, dann hätte das Dezember-Quartal das höchste Gewinnwachstum seit dem 4. Quartal 2021 erzielt. Vor drei Jahren wuchs der Gewinn im Jahresvergleich um 31,4 %, allerdings hakt der Vergleich etwas, denn die starke Gewinnentwicklung ergab sich zu einem wesentlichen Teil aus dem schwachen Vorjahresquartal, was den Vergleich erleichterte bzw. die Wachstumsrate überzeichnete.

Ein Gewinnwachstum von 11,7 % ist mit hoher Wahrscheinlichkeit jedoch nur die Untergrenze dessen, womit wir rechnen dürfen. Häufig wird die Konsens-Gewinnerwartung übertroffen, und das sogar sehr deutlich, da die Analysten im Verlauf des Quartals dazu neigen, ihre Prognosen nach unten zu korrigieren. Dieses Herdenverhalten führt dazu, dass es in den vergangenen 40 Quartalen beim S&P 500 Index nur drei (!) Quartale gab, wo die Konsens-Gewinnerwartungen verfehlt wurden. Das waren in dieser Betrachtung das 1. Quartal 2020 sowie das 3. und 4. Quartal 2022.

Die Überraschungen treiben im Januar die Kurse

Realistisch ist ein Gewinnwachstum von rund 14 % im Jahresvergleich. Wohlgemerkt als Durchschnitt über alle 500 Mitglieder des S&P 500 Index betrachtet. Selbstverständlich wird es viele Ausreißer geben und vor allem auch ganze Sektoren und Industrien, die deutlich stärker und häufiger erheblich weniger stark wachsen.

Entscheidend für die Börsenkurse ist jedoch der Überraschungseffekt. Die Anleger hatten im Verlauf des 4. Quartals ausreichend Zeit, um ihre eigenen Vorstellungen und die Modifizierungen der Analystenprognosen in die Kurse einzupreisen. Das ist also kein Geheimnis mehr und eine reine Bestätigung der Prognosen wird die Kurse im Zweifel nur marginal bewegen. So beispielsweise wie in den ersten drei Quartalen, die alle über den offiziellen Gewinnerwartungen lagen, aber nur marginal. Richtig Bewegung kommt hingegen in die Börse, wenn es rückblickend erhebliche Überraschungen gibt und / oder der Ausblick sich deutlich von den Prognosen unterscheidet.

Nvidia belastet die Big Techs

Nvidia (NASDAQ:NVDA) ist so ein Fall. Das Schwergewicht – Marktkapitalisierung 3,22 Billionen US-Dollar – wurde im Vorfeld der Berichtssaison abverkauft. Dabei liegen noch gar keine Zahlen für das Dezember-Quartal vor und das Unternehmen wird auch vergleichsweise spät am 26. Februar berichten. Nicht einmal das starke Abschneiden von TSMC (NYSE:TSM) konnte den Verkaufsdruck in den vergangenen Tagen stoppen. Warum?

Weil Nvidia auf der CES den lange angekündigten „Blackwell“ Server AI-Chip nicht vorstellte und nicht einmal einen Termin für den offiziellen Verkaufsstart bekannt gab. Da der Chip als Nachfolger des Bestsellers Hopper essenziell wichtig für die Umsatz- und Gewinnentwicklung im laufenden Jahr ist und Nvidia seit Monaten erst mit Problemen in der Produktion und seitdem mit thermischen Problemen kämpft, preist die Börse nun eine negative Überraschung ein. Ob das gerechtfertigt ist, werden wir spätestens am 26. Februar erfahren, aber bis dahin werden die Kursverluste des Schwergewichts die Indizes – Dow, S&P 500 und Nasdaq – belasten.

Erträge der Banken steigen stark

Sehr optimistisch werden hingegen die Banken der Wall Street gesehen. Der Fokus der Optimisten liegt vor allem auf dem Netto-Zinsertrag, also Ertrag aus dem Kreditgeschäft mit privaten Haushalten und Unternehmen. Denn: Das Marktzinsniveau war im US-Dollar ausgesprochen hoch. Der Anleihemarkt hatte die Wahl von Donald Trump zum nächsten Präsidenten zum Anlass genommen, um die Inflationserwartungen für die kommenden Jahre deutlich zu erhöhen, was die gesamte Zinsstrukturkurve empfindlich anhob. Schlecht für die Anleihegläubiger, aber gut für die Banken, denn die Nachfrage nach Kredit ist aufgrund der starken Wirtschaft anhaltend hoch. Die Banken profitierten also von vielen neuen Krediten zu vergleichsweisen hohen Zinssätzen.

JPMorgan Chase

Konkret wird für die Banken mit einem Gewinnwachstum von 187 % im Jahresvergleich gerechnet. Wir reden also über ein Goldilocks-Szenario. Das im Übrigen nur für die Banken so gesehen wird, nicht für die Versicherungen, sonstigen Finanzdienstleister usw. Um es konkret auszudrücken: Das Gewinnwachstum des gesamten US-Finanzsektors wird im 4. Quartal bei 39,5 % gesehen. Rechnet man die Banken hier heraus, schrumpft das erwartete Gewinnwachstum auf nur noch 11 % zusammen.

BlackRock

Die Berichtssaison beginnt heute! Abgesehen von der Bank of America (NYSE:BAC), die am Donnerstag berichten wird, stehen vor allem die Berichte von JPMorgan (NYSE:JPM) Chase, BlackRock (NYSE:BLK), der Citigroup und Wells Fargo (NYSE:WFC) im Mittelpunkt. Die Zahlen sind deshalb so wichtig, weil das Abschneiden der Banken und deren neuer Ausblick für das 1. Quartal das Vorzeichen für die gesamte Berichtssaison setzen wird. Wer an einer Einordnung der wichtigsten Unternehmensberichte interessiert ist, der liest bitte den Zürcher Finanzbrief.

Ein Artikel von
Mikey Fritz
Chefredakteur Zürcher Finanzbrief

Aktuelle Kommentare

Bitte warten, der nächste Artikel wird geladen ...
Installieren Sie unsere App
Risikohinweis: Beim Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen bestehen erhebliche Risiken, die zum vollständigen oder teilweisen Verlust Ihres investierten Kapitals führen können. Die Kurse von Kryptowährungen unterliegen extremen Schwankungen und können durch externe Einflüsse wie finanzielle, regulatorische oder politische Ereignisse beeinflusst werden. Durch den Einsatz von Margin-Trading wird das finanzielle Risiko erhöht.
Vor Beginn des Handels mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen ist es wichtig, die damit verbundenen Risiken vollständig zu verstehen. Es wird empfohlen, sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten zu lassen.
Fusion Media weist darauf hin, dass die auf dieser Website bereitgestellten Kurse und Daten möglicherweise nicht in Echtzeit oder vollständig genau sind. Diese Informationen werden nicht unbedingt von Börsen, sondern von Market Makern zur Verfügung gestellt, was bedeutet, dass sie indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sein können. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für Handelsverluste, die durch die Verwendung dieser Daten entstehen können.
Die Nutzung, Speicherung, Vervielfältigung, Anzeige, Änderung, Übertragung oder Verbreitung der auf dieser Website enthaltenen Daten ohne vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenproviders ist untersagt. Alle Rechte am geistigen Eigentum liegen bei den Anbietern und/oder der Börse, die die Daten auf dieser Website bereitstellen.
Fusion Media kann von Werbetreibenden auf der Website aufgrund Ihrer Interaktion mit Anzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.
Im Falle von Auslegungsunterschieden zwischen der englischen und der deutschen Version dieser Vereinbarung ist die englische Version maßgeblich.
© 2007-2025 - Fusion Media Limited. Alle Rechte vorbehalten.