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Steht der Goldpreis vor einer weiteren jahrzehntelangen Rallye?

Veröffentlicht am 27.09.2019, 13:08
© Reuters.
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Investing.com - Wer im Spätherbst 2018 bis Anfang September 2019 in Gold investiert war, der hat einen satten Gewinn eingefahren. Schließlich hat das gelbe Metall seitdem um knapp 28 Prozent aufgewertet. Bleibt die Frage offen, ob der Goldpreis vor einer neuen goldenen Ära steht, oder ob diese Rallye schon bald vorbei ist.

Die Rohstoffanalysten von J.P. Morgan haben sich genau mit dieser Frage beschäftigt. Vier Haupttreiber trugen zu der Versiebenfachung des Goldpreises in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts bei, heißt es in ihrem vierteljährlichen Metallbericht, der am 23. September erschienen ist: a) Die Einführung von börsengehandelten Produkten auf Gold als neues Anlagevehikel am Markt, b) sinkende Realzinsen in den USA und c) der daraus resultierende Rückgang des handelsgewichteten Dollars um 27 Prozent sowie d) die wachsende Konsumnachfrage der Schwellenländer, insbesondere aus Indien und China, getrieben durch strukturelle Veränderungen im Goldeigentum in diesen Ländern. Die Zentralbanken hingegen trugen Anfang der 2000er Jahre nicht physisch zum spektakulären Anstieg beim Gold bei, da die Manager von Währungsreserven während des größten Teils dieser Zeit, insbesondere in Europa, Nettoherausgeber oder Verkäufer ihres Goldes waren.

"Unsere Analyse gelangt zu dem Ergebnis, dass von den vier Antriebsfaktoren die Einführung der börsengehandelten Produkte auf Gold und der Einbruch der Realrenditen wahrscheinlich am stärksten zum Anstieg der Goldpreise um 618 Prozent beigetragen haben", erklärte J.P. Morgan.

Der Goldpreis kostete im Februar 2001 nur 255 Dollar je Feinunze. Bis August 2011 verteuerte sich das gelbe Metall, das auch häufig als sichererer Anlagehafen in unsicheren Zeiten und als Inflationsschutz gilt, auf in der Spitze 1.888 Dollar je Feinunze.

Können die ähnliche oder gleiche Bedingungen zu einer weiteren jahrzehntelangen Gold-Rallye beitragen?

Die Rückkehr der börsengehandelten Gold-ETFs (NYSE:GLD) auf ehemalige Hochs könne den Goldpreis möglicherweise um rund 100 Dollar je Feinunze nach oben treiben, so die Experten von J.P. Morgan. "In den sechzehn Jahren seit der Einführung des ersten börsengehandelten Produkts auf Gold, haben Gold-ETFs den Goldanlagemarkt verändert."

Gold-ETFs hätten nicht nur die Folgekosten reduziert, sondern auch die Effizienz gesteuert und zusätzliche Liquidität geschaffen. Aber auch der Marktzugang wurde erleichtert. "Es handelt sich um ein etabliertes Anlagevehikel mit derzeit 110 verfügbaren Gold-ETFs. Zusammen hielten sie zum 30. August 2019 rund 2.730 Tonnen Gold im Wert von 134 Milliarden Dollar", heißt es in dem Research-Bericht.

Durch die enorme Höhe des verwalteten Vermögens konkurrieren die gesamten Gold-ETFs nun mit einigen großen Zentralbanken bezüglich der Bestände. Kumuliert lägen die in ETF eingelagerten Gold-Bestände nur noch knapp hinter den aus den USA, Deutschland und dem Internationalen Währungsfonds, also dem IWF. Italien und Frankreich haben Gold-ETFs bereits hinter sich gelassen. Regional sei das verwaltete Vermögen gut diversifiziert, schreibt J.P. Morgan. Der Löwenanteil liege zwar in den USA und in Europa, aber auch in Asien seien die ETFs gewachsen.

Aber wie gesättigt ist der Markt denn jetzt, fragt sich die US-Großbank. Schließlich müssten die Bestände weiter wachsen, wenn der Goldpreis langfristig weiter steigen soll.

"Derzeit liegen die globalen Gold-Bestände der börsengehandelten Fonds nur gut 60 Tonnen unter ihrem Rekordhoch vom Dezember 2012. Bezogen auf den Höchststand ging ein Großteil der Volumina durch nordamerikanische börsennotierte Fonds verloren, die fast 360 Tonnen abgebaut haben, deren Hochs aber in der Theorie wiedererlangt werden könnten", behauptet J.P. Morgan.

Weiter heißt es, und das ist meiner Meinung nach recht spannend und kann für die Zukunft als Anhaltspunkt dienen, dass "eine einzige variable Regression zwischen den monatlichen Veränderungen der globalen ETF-Bestände und des Goldpreises in den letzten 5 Jahren darauf hindeutet, dass sich die Goldpreise voraussichtlich um gut 42 Dollar je Feinunze verteuern, wenn die ETF-Bestände auf der ganzen Welt um 100 Tonnen steigen."

Wenn jetzt also die seit der europäischen Schuldenkrise verloren gegangenen 60 Tonnen der börsengehandelten Fonds "zurückerobert" werden, dann könnte der gerade einmal um weitere 25 Dollar je Feinunze zulegen. Klingt etwas mager, wenn Sie mich fragen. Da gibt es bessere Trades, die ein höheres RR aufweisen. Und J.P. Morgan selbst dämpft die Hoffnung auf einen zusätzlichen Preisanstieg von 25 Dollar. "Aufgrund des hohen Basiseffekts glauben wir nicht, dass die globalen ETF-Bestände in der Lage sind, künftig so schnell beim Volumen zu wachsen, wie das in den ersten 8 Jahren nach deren Auflegung der Fall gewesen war. Damit werden im Wesentlichen sowohl das Volumen als auch die damit verbundene Preissteigerung (beim Goldpreis) begrenzt."

Den größten Support für zukünftige Preissteigerungen sehen die Rohstoffspezialisten weiterhin in den sinkenden Realzinsen. Das macht auch Sinn. Denn das gelbe Metall gewinnt Attraktivität, wenn die Zinsen fallen. Wenn sie den Realzins für 10-jährige US-Staatsanleihen errechnen wollen, dann nehmen sie einfach die nominalen Sätze abzüglich der Inflationsrate.

"Die US-Realrenditen brachen Ende 2011 über die gesamte Kurve hinweg zusammen. Die Realrendite für 10-jährige US-TIPS (inflationsgeschützte Anleihe) ist von 343 Basispunkte im Februar 2001 auf 11 Basispunkte im August 2011 gesunken. In Anbetracht des relativ hohen Beta von -3,2 zwischen dem Goldpreis und der 10-jährigen Realrendite dürften sich die Goldpreise in diesem Zeitraum unter gleichen Voraussetzungen versechsfacht haben, was den Anstieg des Goldpreises um über 600% weitgehend erklärt", erklärt J.P. Morgan.

Seit dem Tief vor etwas mehr als einem Jahr (1.176 Dollar) sind die Goldpreise um knapp 28 Prozent gestiegen. Die zehnjährigen US-Realrenditen (TIPS) seien von einem Siebenjahreshoch von 116 Basispunkte am 8. November auf aktuell rund 12 Basispunkte zusammengebrochen. "Gemäß der historischen Beziehung (jede 25-Basispunkte-Bewegung der Realrendite (TIPS) sollte den Goldpreis um 80 Dollar je Feinunze in die entgegengesetzte Richtung bewegen), hätte dieser reale Renditerückgäng um 104 Basispunkte theoretisch ausreichen müssen, um die Preise für das gelbe Metall um mehr als 330 Dollar je Feinunze in die Höhe zu treiben.“ Bedeutet also, J.P. Morgan schätzt den Goldpreis bei einer Realrendite von 12 Basispunkten auf 1.506 Dollar als fair bewertet ein.

Die vielfach von Gold-Fans ins Feld geführte Gold-Aktivität der Zentralbanken, soll laut der US-Großbank nur eine geringe Korrelation zum Goldpreis aufweisen. "Eine einfache Regressionsanalyse bestätigt eine sehr schwache Korrelation zwischen dem Goldpreis und den Gold-Aktivitäten der Zentralbanken", heißt es da in dem Bericht. "Während sich die Nachfrage nach Barren und Münzen zwischen 2003 und 2011 verfünffacht hat, zeigt eine neuere Datenanalyse, dass diese Nachfrage inzwischen solide preissensitiv ist und in Zeiten sinkender Goldpreise steigt und umgekehrt."

Fazit:

Im Grunde genommen war der Artikel nur etwas ausführlicher als der vorherige. Interessant an dem Bericht ist, die genaue Korrelation zwischen Realzinsen und dem Goldpreis zu verstehen sowie den Gold-ETFs.

Anhand dieser zwei Punkte - Realzinsen und Gold-ETFs - sieht man, dass der Goldpreis aktuell nur noch wenig Luft nach oben besitzt. Das bedeutet aber nicht, dass kein zukünftiges Aufwärtspotenzial vorhanden ist. Schließlich sind die Zentralbanken weltweit gesehen im Lockerungsmodus, was bedeutet, dass die Zinsen, sowohl global als auch in den USA, da die Fed mit anderen Schritt halten muss, durchaus noch Spielraum auf der Unterseite besitzen.

Im Hinterkopf sollte man auch die US-Zölle behalten, die sich ab Mitte Dezember insbesondere auf US-Konsumenten auswirken dürften. Das könnte die Inflation ankurbeln und damit die TIPS nach unten drücken, vorausgesetzt die US-Konjunkturdaten trüben sich deutlicher ein.

Klingt für mich irgendwie nach Stagflation!

Wie dem auch sei: J.P. Morgan sieht den Goldpreis bis Jahresende bei 1.575 Dollar und bis Ende 2020 bei 1.780 Dollar.

Bezüglich der Rezessionsrisiken achten Sie bitte darauf, wenn die dreimonatige und zehnjährige Rendite wieder in den Normalmodus zurückkehren, also über 0 steigen (der Spread), dann kam es in der Vergangenheit zum Rezessionsausbruch. Das Signal ist bereits da, aber Notenbanker spielen es wegen der massiven Lockerungsprogramme herunter. Das taten sie aber auch 2005, also vor dem Ausbruch der großen Finanzkrise.

von Robert Zach

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