- von Tom Käckenhoff
Düsseldorf (Reuters) - Im Streit über die Fusion der Stahlsparte von Thyssenkrupp (DE:TKAG) mit Tata Steel soll Personalvorstand Oliver Burkhard für Konzernchef Heinrich Hiesinger die Kohlen aus dem Feuer holen.
Der frühere Chef der IG Metall in NRW solle mit dem stellvertretenden Aufsichtsratschef und IG Metall-Sekretär Markus Grolms eine Arbeitsgruppe leiten, teilte Thyssenkrupp am Samstag nach einer Sitzung des Aufsichtsrats mit. Diese solle über die Fusionspläne beraten. Am Freitag hatten mehrere Tausend Stahlkocher in Bochum gegen die Pläne Hiesingers demonstriert. Dieser will die Stahlgeschäfte der beiden Unternehmen zum zweitgrößten Stahlkonzern Europas nach ArcelorMittal verschmelzen.
"Der Vorstand hat heute den Aufsichtsrat über die Inhalte des Memorandum of Understanding mit Tata zur Gründung eines gemeinsamen Joint Ventures der europäischen Stahlaktivitäten informiert", teilte der Konzern mit. Der Aufsichtsrat habe die Informationen zur Kenntnis genommen und beraten. In der Arbeitsgruppe unter der Führung von Burkhard und Grolms sollen die Vorstände des Konzerns und der Stahlsparte sowie Arbeitnehmervertreter des Unternehmens und der Stahlstandorte vertreten sein.
GEWERKSCHAFT BLEIBT BEI FORDERUNGEN UNNACHGIEBIG
Die IG Metall begrüßte die Ankündigung. "Die Arbeitnehmervertreter haben sowohl gestern auf der Kundgebung als auch heute im Aufsichtsrat ihre Forderung nach Transparenz und Sicherheit deutlich zum Ausdruck gebracht", sagte der nordrhein-westfälische IG Metallchef Knut Giesler. Nun sollten die Informationen endlich auf den Tisch kommen, was gut sei. "Jetzt werden wir prüfen, bewerten und dann entscheiden. Die Bewertung erfolgt anhand unserer Kriterien: Standort- und Beschäftigungssicherung, zukunftsfähiges Konzept für den Stahl und Sicherung der Mitbestimmung auf allen Ebenen."
Gieslers Vorgänger Burkhard kommt nun eine Schlüsselrolle zu, muss er doch zwischen den Arbeitnehmervertretern und Hiesinger vermitteln. Der 45-Jährige war von Ende 2007 bis September 2012 Bezirksleiter der IG Metall in NRW. Seit 2013 ist er Arbeitsdirektor und Personalvorstand bei Thyssenkrupp. Der Hesse gilt als gut verdrahtet. Sein Verhandlungsgeschick hatte er als Gewerkschaftschef in NRW unter Beweis gestellt. 2008 hatte er bei den Tarifverhandlungen eine Lohnerhöhung von 5,2 Prozent durchgesetzt und damit einen der höchsten Abschlüsse seit Jahren erzielt.
IG METALL UND BETRIEBSRÄTE FÜRCHTEN UM JOBS UND STANDORTE
Das Verhandlungsgeschick wird er auch nun brauchen, ist die Stimmung bei dem Mischkonzern mit seinen 27.000 Stahlbeschäftigten wegen der Fusionspläne auf dem Tiefpunkt. Am Freitag hatten mehrere Tausend Stahlarbeiter in Bochum gegen den Zusammenschluss demonstriert. "Ich fühle mich beschissen, betrogen, aber trotzdem kämpferisch", hatte etwa Stahlbetriebsratschef Günter Back gesagt. Bei der Fusion sollen bis zu 4000 Jobs gestrichen werden. IG Metall und Betriebsräte befürchten, dass dies nur der Anfang ist und der über 200 Jahre alte Traditionskonzern zerschlagen werden könnte. Der Aufsichtsrat soll Anfang 2018 über die Pläne abstimmen. Bleibt es bei dem Nein der Arbeitnehmervertreter, müsste Aufsichtsratschef Ulrich Lehner das Vorhaben mit seinem doppelten Stimmrecht durchboxen - ein Tabubruch für das Unternehmen.
Dagegen stoßen die Fusionspläne bei dem schwedischen Großaktionär Cevian auf Zustimmung. "Eine Abspaltung der Stahlsparte bedeutet mehr Fokussierung auf das Industriegeschäft", sagte ein Cevian-Insider der "Bild am Sonntag". Eine klare Fokussierung sei dem Finanzinvestor wichtig. Die Nordeuropäer halten 15 Prozent an Thyssenkrupp und sind damit der zweitgrößte Einzelaktionär nach der Krupp-Stiftung mit 23 Prozent.