Investing.com – Der Krieg in der Ukraine führte an den internationalen Finanzmärkten hauptsächlich im Bereich der Rohstoffe zu erheblichen Verwerfungen. Dabei ging es nicht nur um steigende Öl- und Gaspreise, deren Auswirkungen wir bereits zu spüren bekamen.
Agrarerzeugnisse wie Weizen waren genauso betroffen. Der an der CBOT gehandelte Terminkontrakt für US-Weizen erreichte beispielsweise ungeahnte Höhen, doch wer glaubt, dass die Bauern davon profitieren und nun gezielt auf Weizen umstellen, der irrt sich gewaltig.
Die Ukraine gilt als eine der weltweit wichtigsten Kornkammern, was dazu führte, dass die Weizenpreise mit dem Ausbruch des Kriegs um 30 Prozent auf fast zwölf Dollar pro Scheffel gestiegen waren. Für die Bauern sollte dies eigentlich ein Grund zum Feiern sein, aber sie können ihre bevorstehende Ernte für Sommerweizen nicht für diese Preise verkaufen, so gern sie das auch täten.
Die stark gestiegenen Preise veranlassten die Einkäufer dazu, sich auf die vorhandenen Lagerbestände zu verlassen und kein weiteres Getreide anzukaufen. Zu groß ist die Angst, dass die hohen Einkaufspreise vom Markt später nicht mehr bezahlt werden.
Das Hedging ist es, welches der Landwirtschaft aktuell das Leben schwer macht. Die Käufer von Weizen sichern sich gegen fallende Kurse mit Short-Positionen am Futures-Markt ab. Fällt der Getreidepreis, steigt der Wert der Short-Positionen und umgedreht.
In der jetzigen Situation, wo keiner mehr Weizen kauft, wird es jedoch schwierig. Die Verluste der Shorts nehmen zu und die Positionen können nicht geschlossen werden, weil die Einnahmen aus den Verkäufen fehlen. In vielen Fällen verlangen die Futures-Broker von ihren Kunden der vereinbarten Nachschusspflicht nachzukommen, wie Reuters berichtete.
"Das ist ein gewaltiges Problem, das sich zu einem Desaster entwickeln könnte, wenn sie ihre Finanzen schon nicht im Griff haben", sagt Chad Hart, Agrarökonom an der Iowa State University.
Weizen-Ernte ist bedroht
Für Landwirte ist es in mehrerlei Hinsicht ein großes Problem, dass sie keine Möglichkeit haben etwas zu verkaufen. Sie benötigen jetzt Geld, um ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen sowie Saatgut und Dünger für die kommende Saison einzukaufen.
Können sie dies nicht, dann droht eine Zuspitzung der Versorgung mit Weizen, wenn die nächste Aussaat nicht rechtzeitig und vollumfänglich in den Boden gelangt.
Hinzu kommt der Umstand der gestiegenen Düngerpreise. Das kann dazu führen, dass beim Einsatz von Dünger zwangsläufig gespart werden muss, was sich wiederum negativ auf die Ernte auswirkt.
US-Landwirt Vance Emke ist sich sicher, dass „es eine ganze Reihe von Faktoren gibt, die dafür sprechen, dass der Weizenpreis noch wesentlich höher sein könnte als es aktuell der Fall ist“.