Von Gina Lee
Investing.com - Der Ölmarkt präsentierte sich am Dienstagmorgen in Europa schwächer und das, obwohl ein plötzlicher Rückgang der libyschen Öllieferungen die Besorgnis über einen angespannten Markt noch verstärkte. Die Ölhändler beobachten auch weiterhin die Angebotssituation in China, während sich die Stadt Schanghai allmählich auf die Wiederaufnahme der Produktion vorbereitet.
Brent-Öl-Futures waren bis 09.09 Uhr um 0,20 % auf 112,84 USD gefallen, während WTI-Futures um 0,13 % auf 107,47 USD nachgaben. Ein stärkerer Dollar, der auf einem Zweijahreshoch notierte, belastete das schwarze Gold.
Der Brent- und der WTI-Benchmarkkontrakt legten in der letzten Sitzung jeweils um mehr als 1 % zu, nachdem sie ihre Höchststände seit dem 28. März erreicht hatten. Hinzu kam eine neue politische Krise in Libyen - das Land erklärte, es könne kein Öl aus seinem größten Ölfeld liefern, und schloss ein weiteres Feld aufgrund politischer Proteste.
„Die Förderausfälle in Libyen verstärkten die Besorgnis über das knappe globale Angebot, die Ukraine-Krise zieht sich hin, das kompensierte die Besorgnis über die nachlassende Nachfrage aus China“, erklärte Ajay Kedia, Direktor von Kedia Commodities, gegenüber Reuters.
Die Situation in Libyen kommt zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Kraftstoffnachfrage in China, dem zweitgrößten Ölimporteur der Welt, erholen dürfte und sich die Stadt Schanghai langsam auf die Wiedereröffnung ihrer Produktionsanlagen vorbereitet. Da jedoch die COVID-19-Lockdowns im Land noch immer gelten, bleiben die Ölpreise anfällig für Nachfrageschocks.
„Damit sich die Ölpreise nachhaltig erholen können, muss die Wiedereröffnung der Städte auf dem Festland einen nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung bewirken, der die Ölnachfrage stützt“, kommentierte Stephen Innes, Geschäftsführer von SPI Asset Management, in einer Mitteilung.
„Der Ausfall in Libyen zeigt, wie bullisch die Ölmärkte auf Versorgungsschocks reagieren“, fügte er hinzu.
Die Märkte sind wegen der Möglichkeit eines Verbots der Europäischen Union für russisches Öl aufgrund des Krieges in der Ukraine weiterhin nervös. In der jüngsten Entwicklung des Kriegsgeschehens hat Russland Berichten zufolge eine neue Offensive in der ostukrainischen Region Donbas gestartet.
„Die Marktstimmung wurde durch die Aussage eines russischen Ministers gestützt, dass Verbote russischer Ölimporte in weiteren Ländern dazu führen würden, dass die Ölpreise historische Höchststände überschreiten würden“, so die Analysten von ANZ Research in einer Mitteilung.
Die Märkte warten nun auf die Zahlen des American Petroleum Institute zur Rohölversorgung in den USA, die heute im Laufe des Tages veröffentlicht werden.