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Teure Anschubfinanzierung für die Energiewende

Veröffentlicht am 27.06.2012, 20:18
BERLIN (dpa-AFX) - Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hat hart gearbeitet für seinen ersten Erfolg, selbst vom UN-Umweltgipfel in Rio de Janeiro aus. Doch es könnte ein Phyrrussieg werden, heißt es in der Energiebranche - und selbst in Altmaiers CDU. Gerade der Wirtschaftsflügel warnt vor einer Kostenkatastrophe beim Sonnenstrom. Hinzu kommt, dass das Netz gerade im Süden überfordert werden könnte.

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesländern segnete Mittwochabend seinen Kompromiss zur Kürzung der Solarförderung ab. Verbraucherschützer Holger Krawinkel lässt kein gutes Haar daran. 'Das ist ein verheerender Einstand für den neuen Umweltminister', sagte der Energieexperte der Verbraucherzentrale Bundesverband. Ein Kompromiss zulasten Dritter. Er fürchtet, dass die Abmilderung der Kürzungen zu einem massiven Zubau an Solaranlagen führen wird.

Zwar gibt es nun erstmals mit 52.000 Megawatt eine Obergrenze, bis zu der Fördergelder fließen. Doch gerade der Deckel kann zu hohem Tempo beim Ausbau führen, weil es bereits 2. 000 Megawatt an Leistung gibt. Das würde bedeuten: Mehr Fördergeld, das von den Bürgern zu zahlen ist. Der Solarstrom belastet jetzt schon die Stromrechnungen der Bürger und der Unternehmen mit rund sieben Milliarden Euro pro Jahr. Mehrere Textilunternehmen boykottieren die Ökoabgabe bereits.

Altmaier will, dass jährlich nur rund 3.500 Megawatt zugebaut werden. Doch die Bedingungen sind wegen weiter fallender Modulpreise durch die Konkurrenz aus China so günstig, dass diese Menge schon jetzt für 2012 wohl bereits erreicht ist. Branchenexperten rechnen mit mindestens der doppelten Menge für dieses Jahr und damit mit einem viel zu sprunghaften Anstieg der zu zahlenden Förderkosten.

Für Hausbesitzer gibt es rückwirkend zum 1. April 19,50 Cent je Kilowattstunde statt bisher 24,43 Cent. Solarexperten gehen dennoch von weiterhin guten Renditen aus, zumal die eigene Nutzung des Stroms bei immer weiter steigenden Preisen zunehmend attraktiver wird. Und selbst vor Erreichen der 52 000-Megawatt-Grenze soll nochmal geprüft werden, ob es nicht doch mit der Solarförderung weitergehen soll.

Altmaier müsste sorgen, dass selbst RWE nun noch rasch ein Stück vom Kuchen abhaben will. Der Energiekonzern will im großen Stil den auf den Dächern von Möbelhäusern, Supermärkten oder Speditionen erzeugten Solarstrom vermarkten. Dies ist pikanterweise genau die Anlagenkategorie, die FDP, SPD und Grüne nun mit 18,50 statt zunächst von Schwarz-Gelb geplant mit 16,50 Cent je Kilowattstunde fördern wollen. Garantiert auf 20 Jahre. Jahrelang galt beim zweitgrößten deutschen Energiekonzern öffentlich die Sprachregelung: 'Solarenergie in Deutschland ist so sinnvoll wie Ananaszüchten in Alaska'.

Zwar sind bei Überschreiten der Zubaurate von 3.500 Megawatt automatisch weitere Förderabsenkungen geplant, dennoch dürfte ein 'Schlusskauf' die Strompreise der Bürger belasten. Damit wird vor allem auch die chinesische Solarindustrie mitfinanziert - der von den Bürgern getragene Boom hat den Panel-Preis purzeln lassen. Aber zugleich gibt es bei den Stromeinkaufspreisen stark preisdämpfende Effekte. Und es fallen keine Folgekosten wie bei Kohle und Atom an. Allerdings müssen rasch Stromspeicher her, damit überschüssiger Sonnenstrom auch nachts zur Stromversorgung beitragen kann.

Das Problem der Energiewende ist die hohe Anschubfinanzierung, Nach dem Solarfieber ist ein Offshore-Boom zu erwarten. Zum Ausbau der Stromgewinnung in Windparks auf See gibt es hohe Vergütungen, auch weil die Errichtung meist über eine Milliarde Euro kostet. Für die ersten zwölf Jahre gibt es 15 bis 19 Cent je Kilowattstunde.

Preistreibend hinzukommt, dass der Betreiber Tennet massive Probleme beim Netzanschluss von Nordsee-Parks hat. Windenergie an Land ist weit billiger mit rund 9 Cent je Kilowattstunde Vergütung. Verbraucherschützer Krawinkel sagt, es sei viel sinnvoller, mehr Windparks in Bayern und Baden-Württemberg zu bauen. Dann bräuchte man weniger Stromautobahnen und für die Bürger wäre es viel billiger.

Nicht außer Acht zu lassen ist aber, dass Offshore-Parks am beständigsten Strom im großen Stil liefern können. Und kriselnde Städte wie Bremerhaven bekommen ganz neue Perspektiven durch die Fertigung der Anlagen. Weit draußen auf See verblasst dank Offshore sogar der ohnehin längst überholte Ruf Helgolands als Fuselfelsen. Die rote Nordseeinsel mutiert zu einem Zentrum der Energiewende.

RWE und Eon haben hier ihre Basis eingerichtet. Und Helgolands Vorzeigehotel Atoll ist von 2013 bis 2023 komplett für Arbeiter des Unternehmens WindMW gebucht worden, die die Windparks Meerwind Süd und Meerwind Ost bauen sollen. Die sicheren Bedingungen dank des von den Bürgern über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) finanzierten Windkraft-Ausbaus locken auch Finanzinvestoren an. 80-prozentiger Gesellschafter der WindMW ist der umstrittene US-Investor Blackstone ./ir/DP/ck

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