Brüssel/Frankfurt (Reuters) - Der europäische Banken-Stresstest im vergangenen Jahr ist laut einem Gutachten des Europäischen Rechnungshofs zu lasch gewesen.
Die negativen Szenarios hätten systemische Risiken für das Finanzsystem in der EU nicht angemessen widergespiegelt, teilte der Rechnungshof am Mittwoch in einem Gutachten mit. Die Messlatte sei zu niedrig angesetzt worden. "Die europäischen Banken hätten beim Stresstest schwereren finanziellen Schocks ausgesetzt werden müssen," erklärte Neven Mates, der beim Rechnungshof für den Bericht verantwortlich war. Die simulierten Schocks seien verglichen mit denen aus der Finanzkrise 2008 milder gewesen.
Im Einzelnen kritisierte das Gutachten, Ländern mit schwächerer Wirtschaft und anfälligeren Finanzsystemen seien laschere Schock-Szenarien auferlegt worden. Die geringen Auswirkungen auf manche Banken würden daher womöglich nicht dafür sprechen, dass diese besser aufgestellt seien. Dies könne auch eine Folge der laschen Belastungsprobe sein. Die Gutachter kritisierten zudem, dass nicht alle anfälligen Banken der Belastungsprobe unterzogen wurden. Beim ersten Stresstest 2011 seien noch 90 Banken in 21 Ländern geprüft worden, 2018 lediglich 48 Banken in 15 Ländern. Zudem habe sich die EU-Bankenbehörde EBA bei Ausgestaltung und Ausführung des Fitness-Checks stark auf die nationalen Aufseher verlassen. Wegen mangelnder Ressourcen seien diese aber nicht wirksam beaufsichtigt worden.
Der europaweite Fitness-Check war im November 2018 zu dem Ergebnis gekommen, dass viele europäische Großbanken inzwischen stabiler aufgestellt seien im Vergleich zu früheren Jahren. Schwachstellen machte die EU-Bankenaufsichtsbehörde EBA aber in Großbritannien, Italien und Deutschland aus. Sie verteidigte in Reaktion auf die Kritik des Rechnungshofs zwar ihre Methoden zur Risikoeinschätzung. Die Aufseher kündigten aber an, ihre geografische Abdeckung noch einmal zu überprüfen.