Frankfurt (Reuters) - EZB-Präsident Mario Draghi erwartet trotz der jüngsten Konjunkturdelle noch kein Ende des Wachstums.
"Es gibt sicher keinen Grund, warum die Expansion im Euro-Raum abrupt enden sollte," sagte Draghi am Freitag auf einem Bankenkongress in Frankfurt. Allerdings hätten die Unsicherheiten mit Bezug auf die Wachstums- und Inflationsaussichten zuletzt zugenommen. Draghi bekräftigte, sollte die Wirtschaft mitspielen, werde die Notenbank ihre bilionenschweren Anleihenkäufe Ende Dezember einstellen. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann mahnte an, solche unkonventionellen Instrumente sollten künftig in der Geldpolitik nicht die Regel werden.
Die Wirtschaft wachse bereits seit fünf Jahren, sagte Draghi. "Und wir erwarten, dass die Expansion in den kommenden Jahren anhält." Da die Erholung schon lange währe, sei eine graduelle Abkühlung jedoch normal. Die 19-Länder-Gemeinschaft war im Sommer so langsam gewachsen wie seit mehr als vier Jahren nicht mehr. Das Bruttoinlandsprodukt legte zwischen Juli und September nur noch um 0,2 Prozent zum Vorquartal zu. Experten machten dafür vor allem Probleme deutscher Autobauer mit einem neuen Abgasmessverfahren verantwortlich und rechnen damit, dass es im Schlussquartal wieder bergauf gehen sollte.
Der positive Kreislauf zwischen Beschäftigung, Arbeitseinkommen und Konsum sei Motor der Konjunktur, sagte Draghi. Dieser sei durch die geringere Wachstumsdynamik nicht unterbrochen worden.
Der EZB-Chef setze weiterhin darauf, dass die heimische Nachfrage, der starke Arbeitsmarkt und Investitionen die Erholung der Euro-Zone in den kommenden Monaten unterstützen wird", sagte Carsten Brzeski, Chefvolkswirt von ING Deutschland. Der Zungenschlag sei aber etwas vorsichtiger gewesen.
Sollten Firmen hinsichtlich der Konjunktur- und Inflationsaussichten unsicherer werden, könnte dies dazu führen, dass sich Preisdruck langsamer aufbaue, sagte Draghi. Das würde die Inflationserwartungen der EZB für die nächsten Quartale beeinflussen. Die Risiken für die Konjunkturaussichten seien weitgehend ausgeglichen. Im Dezember, wenn der EZB neue hauseigene Konjunktur-Prognosen vorliegen, ließen sich Risiken für Wachstum und Inflation besser abschätzen.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann erklärte, die Währungshüter sollten nach Jahren des Krisenmanagements wieder zu einer klassischen Geldpolitik zurückkehren. Sie sollten nicht routinemäßig auf Veränderungen der Umstände mit Eingriffen in einer wachsenden Zahl von Marktsegmenten reagieren. Weidmann stand unter anderen den Anleihenkäufen stets skeptisch gegenüber. Diese drohen aus seiner Sicht die Grenzen zwischen Geldpolitik und Fiskalpolitik zu verwischen.