Washington/Berlin, 06. Apr (Reuters) - Die Weltwirtschaft wird sich nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds schneller von der Coronavirus-Krise erholen als noch im Januar gedacht. Der IWF erhöhte am Dienstag zu Beginn seiner Frühjahrestagung die Prognosen für die Weltwirtschaft. Nach dem historischen Einbruch 2020 dürfte sie dieses Jahr um 6,0 Prozent zulegen, 2022 dann noch um 4,4 Prozent. Das sind 0,5 beziehungsweise 0,2 Prozentpunkte mehr als noch im Januar erwartet. Treiber sind die USA und China. Auch die Schätzungen für Deutschland und die Euro-Zone wurden nach oben gesetzt, allerdings nur leicht. Der IWF fürchtet wegen der Pandemie eine noch stärkere Spaltung zwischen reichen und armen Ländern. Entscheidend kommt es nun auf das Tempo der Impfungen an.
Eine rasche Erholung ist in Ländern zu erwarten, die beim Impfen besonders schnell vorankommen. So erhöhte der IWF seine Prognosen für die USA um 1,3 beziehungsweise 1,0 Punkte und rechnet 2021 mit einem Wachstum von 6,4 Prozent sowie 2022 von 3,5 Prozent. Hierzu trägt auch das 1,9 Billionen Dollar schwere Konjunkturpaket der neuen US-Regierung bei, von dem auch wichtige Handelspartner der Vereinigten Staaten wie Deutschland profitieren sollten. Auch für Großbritannien wurde die Wachstumsschätzung für dieses Jahr um 0,8 Punkte auf 5,3 Prozent angehoben.
Das Impfen sei der Weg aus der Krise, sagte IWF-Chefvolkswirtin Gita Gopinath. Eine noch stärkere Erholung sei bei schnelleren Fortschritten denkbar, allerdings auch eine längere Krise, sollten sich Virusvarianten herausbilden, gegen die die Vakzine nicht wirkten. Grundsätzlich hätten ärmere Länder weniger Impfstoffe und könnten auch der Wirtschaft nur begrenzt Hilfen zur Verfügung stellen. Auf internationaler Ebene gehe es deswegen nun vor allem um eine faire Verteilung der Impfstoffe. "Während einige Länder bis zum Sommer große Teile der Bevölkerung geimpft haben werden, werden die meisten, vor allem arme Länder, wahrscheinlich bis Ende 2022 warten müssen."
EXTREME ARMUT NIMMT WIEDER ZU
Auch die wirtschaftliche Spaltung sei deswegen groß. China dürfte 2021 um 8,4 Prozent wachsen und 2022 noch einmal um 5,6 Prozent, erwartet der IWF. Die Volksrepublik habe bereits 2020 das Vorkrisenniveau wieder erreicht, in den USA werde dies im ersten Halbjahr 2021 gelingen, in vielen anderen Staaten aber nicht vor 2023. Gegenüber Schätzungen vor der Krise dürften vergangenes Jahr 95 Millionen Menschen zusätzlich unter die Schwelle für extreme Armut gerutscht sein. Der jahrzehntelange Trend hin zu weniger Armut sei damit wieder gestoppt worden.
Ohne umfangreiche Hilfen von Regierungen und Notenbanken wäre es laut IWF aber noch deutlich schlimmer gewesen. 2020 hätte der Konjunktureinbruch in etwa drei Mal so heftig ausfallen können. Dank der beispiellosen Hilfen in Höhe von etwa 16 Billionen Dollar dürften die Wunden nicht so schlimm sein wie nach der globalen Finanzkrise von 2008. Das gelte allerdings nicht für jedes Land. Die Ungleichheit nehme zu. Besonders negativ seien davon Frauen, Junge und Menschen mit geringer Bildung betroffen.
Mittelfristig rechnet der IWF mit einem moderaten Wachstum der Weltwirtschaft von 3,3 Prozent. Deutschland ist bislang vergleichsweise gut durch die Krise gekommen. Hier rechnet der IWF 2021 mit einem Wachstum von 3,6 Prozent und 2022 dann von 3,4 Prozent. Das sind 0,1 beziehungsweise 0,3 Punkte mehr als noch im Januar vorausgesagt.