Diese Woche könnte für die Märkte von großer Bedeutung sein, insbesondere wenn Präsident Trump neue Zölle ankündigt - oder die Märkte enttäuscht, indem er genau das nicht tut.
In diesem Beitrag erläutere ich mein Basisszenario und die potenziellen Auswirkungen auf die Märkte.
1. Wirtschaftsdaten spielen Trump in die Karten
Das größte Risiko, das Trump mit der Einführung von Zöllen eingeht, ist eine potenzielle Reaktion am Anleihemarkt. Sollten Anleger den Eindruck gewinnen, dass die Inflation aus dem Ruder läuft, könnten die Zölle als Auslöser für einen sprunghaften Anstieg der Anleiherenditen wirken.
Ein solcher Anstieg würde die finanziellen Bedingungen verschärfen, die Wirtschaft abbremsen und Trumps Ziel, die Kreditkosten für die USA niedrig zu halten, erheblich behindern. Politisch wäre das besonders heikel, denn Inflationsschübe sind äußerst unpopulär – sowohl bei Verbrauchern als auch bei Investoren.
Glücklicherweise spielt der zuletzt veröffentlichte Inflationsbericht Trump in die Hände: Die PCE-Kernrate liegt aktuell bei 2,3 %. Das ist kein Grund zur Sorge – zumindest nicht unmittelbar.
Ein weiterer positiver Faktor ist der jüngste Arbeitsmarktbericht, der eine solide Entwicklung zeigt. Auch die sogenannte Kontrollgruppe für die Einzelhandelsumsätze verzeichnet ein Wachstum von 5,4 % – ein Niveau, das zuletzt 2018 erreicht wurde, als die Wirtschaft noch vor der Pandemie als robust galt.
Diese wirtschaftliche Dynamik, gepaart mit einer PCE-Kerninflationsrate von 2,3 %, könnte Trump den nötigen Spielraum verschaffen, um Zölle in großem Umfang zu verhängen.
2. Trump könnte schwächelnde Volkswirtschaften ins Visier nehmen, um seine Verhandlungsposition zu stärken
Als die Fed die Zinsen anhob, zogen nahezu alle anderen Zentralbanken weltweit nach. Das Problem dabei: Nicht jede Volkswirtschaft war auf einen so plötzlichen Anstieg der Zinssätze vorbereitet.
Nach der globalen Finanzkrise von 2008 hat die US-Wirtschaft ihre Hausaufgaben gemacht und den privaten Sektor entschuldet – die Verschuldung im Verhältnis zum BIP ist gesunken. Hinzu kommt, dass die meisten US-Verbraucher Kredite mit festen Zinssätzen und langen Laufzeiten aufnehmen, insbesondere Hypotheken mit 30 Jahren Laufzeit. Die USA haben außerdem den Vorteil, dass sie Anleihen in der Weltreservewährung emittieren – das verringert das Risiko, dass sich Investoren gegen sie stellen.
Anders sieht es aus, wenn ein Land mit hoher privater Verschuldung konfrontiert ist, bald fällige Refinanzierungen anstehen oder viele variabel verzinste Kredite im Umlauf sind. In solchen Fällen kommen Zinserhöhungen schnell bei Verbrauchern und Unternehmen an – und machen die Wirtschaft anfälliger für anhaltend hohe Zinsen.
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat kürzlich die Schuldendienstquote (DSR) für das zweite Halbjahr 2024 aktualisiert. Diese Daten zeigen, welche Länder durch steigende Zinsen besonders unter Druck geraten könnten.
Ein Blick auf die aktuellen Zahlen offenbart: Kanada und China stehen zunehmend unter Druck.
Für Trump wäre es strategisch klug, solche angeschlagenen Volkswirtschaften ins Visier zu nehmen – mit schwachen Partnern lässt sich schließlich besser verhandeln. Doch es geht nicht nur um wirtschaftliche Daten wie die Schuldendienstquote – auch politische Faktoren spielen eine entscheidende Rolle.
Deutschland zum Beispiel ist zwar vergleichsweise wenig verschuldet. Der deutsche Staat hält traditionell an einer soliden Haushaltspolitik fest, und auch private Haushalte gehen eher konservativ mit Schulden um. Trotzdem ist die deutsche Wirtschaft nicht immun gegen Probleme.
Das deutsche Wirtschaftsmodell, das stark auf günstige Energieimporte und ausgelagerte Produktion setzt, wurde durch die Pandemie auf den Prüfstand gestellt. Gleichzeitig wächst die Konkurrenz aus China, insbesondere im Automobilsektor. Diese Entwicklungen haben die Wirtschaft hart getroffen – und das spüren auch die Menschen. Die Unzufriedenheit ist groß.
Mit den anstehenden Neuwahlen im Februar könnte sich die politische Unsicherheit noch verstärken – ein perfektes Umfeld für harte Verhandlungen.
Aus strategischer Sicht ist es daher gut möglich, dass Trump sich auf China, Kanada und Deutschland konzentrieren wird. Mit einer angeschlagenen Wirtschaft oder politischer Instabilität lässt sich schließlich einfacher Druck ausüben.
3. Eine Zollstrategie, die hohe Einnahmen bei minimalem Risiko verspricht
Auch wenn Trump die wirtschaftlich verwundbarsten Länder ins Visier nehmen möchte, muss er dabei mit Bedacht vorgehen.
Ein Blick auf die wichtigsten Handelspartner der USA und die am häufigsten importierten Güter zeigt, dass die größten Importsektoren des Landes in den Bereichen Automobil, Pharma, Öl sowie Haushalts- und Technologiegüter liegen. In diesen Kategorien sind Mexiko, China, Kanada und Deutschland die vier führenden Exporteure in die USA.
Wenn das Ziel darin besteht, durch Zölle möglichst hohe Einnahmen zu erzielen, ohne dabei übermäßige wirtschaftliche Risiken einzugehen, wäre es naheliegend, alle vier Länder mit gleich hohen Zöllen zu belegen.
Doch es gibt ein entscheidendes Risiko: China könnte sich dazu entschließen, seine Währung zu schützen. Während es unwahrscheinlich ist, dass Kanada und Europa auf Zollmaßnahmen mit einer Abwertung ihrer Währungen reagieren, hat China die Mittel und die Bereitschaft, genau das zu tun.
Sollten die USA sofort Zölle von über 25 % auf chinesische Importe erheben und der chinesische Yuan (CNY) stabil bleiben, würden die höheren Kosten direkt an die US-Verbraucher weitergegeben. Ohne eine entsprechende Anpassung des Wechselkurses USD/CNY müssten die US-Konsumenten die zusätzlichen Kosten tragen – die eigentliche Last der Zölle würde somit nicht China treffen, sondern die amerikanische Wirtschaft.
Unter Berücksichtigung der Spieltheorie wäre es daher strategisch sinnvoller, zunächst Kanada und Europa mit höheren Zöllen zu belegen.
Schlussfolgerungen und Implikationen für den Markt
Annahmen:
1) Eine geringe Inflation und solides Wachstum ermöglichen es Trump, die Zölle aggressiv anzuheben
2) Um seine Verhandlungsmacht zu stärken, könnte sich Trump auf die angreifbarsten Volkswirtschaften konzentrieren
3) China, Kanada und Europa sind drei angreifbare Volkswirtschaften, die alle eine Menge in die USA exportieren.
4) China kann sich durch die Stützung des CNY effektiv wehren = letztlich würden die US-Verbraucher für die Zölle zur Kasse gebeten
5) Kanada und Europa sind nicht in der Lage, sich über ihre Währungen zu verteidigen, und haben mit innenpolitischem Problemen zu kämpfen.
Mein Basisszenario für die Einführung von Zöllen sieht folgendermaßen aus:
- Einführung eines allgemeinen globalen Zollsatzes von 10 %
- Zusätzliche Zölle auf chinesische Importe, mit monatlichen Erhöhungen um 2,5 %, ohne klaren Endpunkt
- Zölle auf Waren aus Europa und Kanada in Höhe von zunächst 25 %, mit weiteren monatlichen Anpassungen nach oben
Ein derartiges Szenario würde den Markt unvorbereitet treffen und könnte kurzfristig erhebliche Turbulenzen auslösen.
Was wäre in den kommenden 2–4 Wochen zu erwarten?
A) Der EUR/USD-Kurs könnte die Parität unterschreiten, während USD/CAD in Richtung 1,50 steigen dürfte.
B) Der Rentenmarkt würde sich zunächst erholen, da Investoren Sicherheit suchen, sich aber anschließend stabilisieren.
C) Die Aktienmärkte könnten reflexartig negativ reagieren, bevor sie sich neu ausrichten.
Sollte dieses Szenario eintreten, wäre mit erhöhten Unsicherheiten und einer deutlichen Neubewertung von Risikoprämien zu rechnen. Anleger sollten die Entwicklungen genau beobachten und sich auf mögliche Marktvolatilität einstellen.
Haftungsausschluss: Dieser Artikel wurde ursprünglich auf The Macro veröffentlicht. Werden Sie Teil der lebendigen Community von Makro-Investoren, Asset Allocators und Hedge-Fonds - finden Sie heraus, welche Abo-Stufe am besten zu Ihnen passt, indem Sie auf diesen Link klicken.