Berlin, 19. Jun (Reuters) - Die deutschen Unternehmen setzen zunehmen auf Digitalisierung. 85 Prozent planten die Entwicklung neuer Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle im Zuge der Digitalisierung, heißt es in einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter 1800 Firmen, die Reuters am Freitag vorlag. "Digitalisierung erlebt einen Quantensprung", erklärte das DIHK zu seinem Innovationsreport 2020. "Immer mehr Unternehmen konzentrieren sich auf die Digitalisierung von Produktions- und Arbeitsprozesse sowie auf das Angebot von Smart Services." Bei Großunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern wollen dies sogar 96 Prozent tun, bei kleineren und mittleren Firmen sind es 82 Prozent.
Gebremst werde die Innovationskraft allerdings durch eine mangelnde digitale Infrastruktur. Die Zukunftsfähigkeit deutscher Unternehmen stehe und falle mit einer leistungsfähigen Glasfaser- und Mobilfunkversorgung. Über die Hälfte der Unternehmen sieht sich in ihrer Innovationsaktivität durch mangelnde digitale Versorgung eingeschränkt. "Richtig durchstarten können die Unternehmen dann, wenn es baldmöglichst gelingt, Bürokratie zu reduzieren, für schnelleres Internet zu sorgen und die Innovationsförderung aufzustocken", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. "Die geplante Erhöhung der steuerlichen Forschungsförderung ist bereits ein wichtiger Hebel für mehr Innovation."
Das Innovationshemmnis Nummer eins sind den Unternehmen zufolge bürokratischen Hürden. So leiden laut der Umfrage knapp zwei Drittel unter hohen gesetzlichen Auflagen, die Ressourcen binden würden. Dazu zählten komplexe Zulassungs- und Genehmigungsverfahren ebenso wie das Ausbremsen von Klimaschutz durch kleinteilige Dokumentationspflichten. "Dass es auch anders geht, hat die Corona-Krise gezeigt", sagte Wansleben. "Die Bundesregierung ist den Unternehmen hier entgegengekommen und hat viele Vorschriften und Fristen näher an der betrieblichen Praxis orientiert." Das helfe den Betrieben, ohne dass es den Staat Geld koste.
Die Umfrage wurde vom 10. Februar bis 23. März durchgeführt, als sich die Corona-Epidemie allmählich ausbreitete. Erstmals seit zehn Jahren bekundeten Industriebetriebe und industrienahe Dienstleistern dabei mehr Innovationsbereitschaft. Demnach wollte knapp die Hälfte in den kommenden zwölf Monaten ihre Innovationsaktivität ausweiten. Vieles davon steht allerdings aufgrund des wirtschaftlichen Einbruchs und der Liquiditätsengpässe derzeit auf der Kippe.