Börsen-Zeitung: Schulden ohne Haftung, Kommentar zur Diskussion um die
Einführung von Deutschland-Anleihen, von Angela Wefers.
Frankfurt (ots) - Als 'intelligentes Schuldenmanagement' verkaufen
Bund und Länder die alte Idee, Gemeinschaftsanleihen aufzulegen. Noch
jüngst hatte die Bundesregierung den Vorschlag so genannter
Deutschland-Bonds mit Abscheu und Empörung sowie unter Hinweis auf
das verfassungsrechtliche Verbot der gemeinsamen Verschuldung
zurückgewiesen. Nun hat die nötige Zustimmung einer
Zweidrittelmehrheit der Länder zum Europäischen Fiskalpakt und dem
Rettungsschirm ESM alles flugs geändert. Bund und Länder wollen die
technischen Einzelheiten einer gemeinsamen Emission prüfen und 2013
den ersten Deutschland-Bond emittieren.
Die Bundesregierung, die sich in Europa vehement gegen die
Euroland-Bonds stemmt, vollzieht nun im Kleinen, was sie im Großen
strikt ablehnt. Falsch! - erwidert das Bundesfinanzministerium. Denn
es gehe gerade nicht um gesamtschuldnerische Haftung, bei der jeder
Schuldner für das Ganze geradestehen muss. Vielmehr soll jeder
Teilemittent für seinen individuellen Anteil haften. Dies ist zwar in
der Tat ein anderes Konstrukt als es die Befürworter von
Euroland-Bonds anstreben, allerdings auch etwas für Feinschmecker.
Man stelle sich nur die Vertreter der Finanzagentur vor, wie sie
Investoren in Asien in die Feinheiten des föderalen deutschen
Finanzausgleichs einweihen, um sie von der Qualität des neuen
Finanzmarktprodukts zu überzeugen. Ähnliches steht Kanzlerin Angela
Merkel bevor, nur mit umgekehrten Vorzeichen, wenn sie ihren
Amtskollegen aus Frankreich, Italien oder Spanien erneut erklären
muss, warum sie keine Euroland-Bonds will, obwohl sie
Deutschland-Bonds billigt. Während die Finanzagentur dafür werben
muss, dass Bund-Länder-Jumbos quasi ebenso sicher sind wie
Bundesanleihen, muss Merkel politisch mit dem strengen Grundsatz der
finanziellen Unabhängigkeit von Bund und Ländern argumentieren, die
keine Gemeinschaftshaftung zulässt. Viel Spaß, kann man da nur
wünschen.
Der Deutschland-Bond wird genau das sein, was seine Kritiker
befürchten: nicht intelligent, sondern das Einfallstor für den
Euroland-Bond. Denn wie sieht der Ernstfall aus? Auf dem Papier
könnte zwar auch ein deutsches Bundesland insolvent werden. Faktisch
hängen aber die Haushaltsnotlagen-Länder am Tropf. Berlin, Bremen,
Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein erhalten bis 2020
finanzielle Unterstützung von Bund und der Ländergemeinschaft, um die
Schuldenbremse einzuhalten. Daran wird sich auch nach 2020 kaum etwas
ändern.
(Börsen-Zeitung, 26.6.2012)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Frankfurt (ots) - Als 'intelligentes Schuldenmanagement' verkaufen
Bund und Länder die alte Idee, Gemeinschaftsanleihen aufzulegen. Noch
jüngst hatte die Bundesregierung den Vorschlag so genannter
Deutschland-Bonds mit Abscheu und Empörung sowie unter Hinweis auf
das verfassungsrechtliche Verbot der gemeinsamen Verschuldung
zurückgewiesen. Nun hat die nötige Zustimmung einer
Zweidrittelmehrheit der Länder zum Europäischen Fiskalpakt und dem
Rettungsschirm ESM alles flugs geändert. Bund und Länder wollen die
technischen Einzelheiten einer gemeinsamen Emission prüfen und 2013
den ersten Deutschland-Bond emittieren.
Die Bundesregierung, die sich in Europa vehement gegen die
Euroland-Bonds stemmt, vollzieht nun im Kleinen, was sie im Großen
strikt ablehnt. Falsch! - erwidert das Bundesfinanzministerium. Denn
es gehe gerade nicht um gesamtschuldnerische Haftung, bei der jeder
Schuldner für das Ganze geradestehen muss. Vielmehr soll jeder
Teilemittent für seinen individuellen Anteil haften. Dies ist zwar in
der Tat ein anderes Konstrukt als es die Befürworter von
Euroland-Bonds anstreben, allerdings auch etwas für Feinschmecker.
Man stelle sich nur die Vertreter der Finanzagentur vor, wie sie
Investoren in Asien in die Feinheiten des föderalen deutschen
Finanzausgleichs einweihen, um sie von der Qualität des neuen
Finanzmarktprodukts zu überzeugen. Ähnliches steht Kanzlerin Angela
Merkel bevor, nur mit umgekehrten Vorzeichen, wenn sie ihren
Amtskollegen aus Frankreich, Italien oder Spanien erneut erklären
muss, warum sie keine Euroland-Bonds will, obwohl sie
Deutschland-Bonds billigt. Während die Finanzagentur dafür werben
muss, dass Bund-Länder-Jumbos quasi ebenso sicher sind wie
Bundesanleihen, muss Merkel politisch mit dem strengen Grundsatz der
finanziellen Unabhängigkeit von Bund und Ländern argumentieren, die
keine Gemeinschaftshaftung zulässt. Viel Spaß, kann man da nur
wünschen.
Der Deutschland-Bond wird genau das sein, was seine Kritiker
befürchten: nicht intelligent, sondern das Einfallstor für den
Euroland-Bond. Denn wie sieht der Ernstfall aus? Auf dem Papier
könnte zwar auch ein deutsches Bundesland insolvent werden. Faktisch
hängen aber die Haushaltsnotlagen-Länder am Tropf. Berlin, Bremen,
Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein erhalten bis 2020
finanzielle Unterstützung von Bund und der Ländergemeinschaft, um die
Schuldenbremse einzuhalten. Daran wird sich auch nach 2020 kaum etwas
ändern.
(Börsen-Zeitung, 26.6.2012)
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