FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 4. April 2012. Als langfristig gut beurteilen viele Währungsanalysten die Aussichten für den Euro, denn Europa scheine die Krise in den Griff zu bekommen.
Trotz des jüngsten Schwächeanfalls machen sich die meisten Analysten um den Euro keine großen Sorgen. Sie rechnen vielmehr damit, dass die Gemeinschaftswährung an Stärke gewinnen wird. Die vergangenen Monate waren unterdessen eher von einer Seitwärtsbewegung geprägt: Seit Ende Januar verharrt das Währungspaar in einer Bandbreite zwischen 1,30 und 1,35 US-Dollar zum Euro, heute geht der Euro zu 1,3167 US-Dollar über den Tisch.
Die jüngste Talfahrt ist Aussagen der US-Notenbank geschuldet: Wie aus dem am gestrigen Dienstag veröffentlichten Sitzungsprotokoll der Fed hervorgeht, will diese auf weitere geldpolitische Lockerungen verzichten - jedenfalls solange, wie sich die Wirtschaftslage nicht merklich verschlechtere. Spekulationen über ein drittes Anleihekaufprogramm sind damit erst einmal passé.
Europa hat Hausaufgaben gemacht
Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank erwartet zwar, dass sich am Euro/US-Dollar-Kurs vorerst nicht viel ändern wird, über den Tag hinaus könnte die Entwicklung aber eindeutig zugunsten des Euro laufen. 'Europa hat seine Hausaufgaben gemacht', erklärt Hellmeyer mit Verweis auf die 'Brandmauer' von 800 Milliarden Euro für die europäischen Wackelkandidaten, den Fiskalpakt und das Angehen struktureller Haushaltdefizite. 'In den USA steht das alles noch an.' Hellmeyer geht daher davon aus, dass dies früher oder später dem Euro zugute kommen wird. 'Für das vierte Quartal rechnen wir mit mindestens 1,42 US-Dollar je Euro.'
Geldpolitik spricht für Euro
Sintje Boie von der HSH Nordbank ist ähnlich zuversichtlich: 'Die Lage in der Eurozone hat sich durch den Schuldenschnitt für Griechenland und die EZB-Dreijahrestender beruhigt.' Nun sei entscheidend, ob die Haushauskonsolidierungen gelängen. 'Kurzfristig gibt es noch Rückschlagsgefahren, heftiger unter Druck geraten wird der Euro aber wohl nicht mehr. Auf lange Sicht erwarten wir eine weitere Stabilisierung in den Euroländern und eine stärkere Währung.' Dafür spreche auch die Tatsache, dass die US-Notenbank wahrscheinlich länger an ihrer expansiven Geldpolitik festhalten werde als die EZB. Die HSH Nordbank prognostiziert für Mitte 2013 einen Wechselkurs von 1,40 US-Dollar zum Euro.
Auch skeptische Stimmen
Etwas vorsichtiger ist die Commerzbank. Den Analysten zufolge profitierte die Gemeinschaftswährung von der Diskussion und der Umsetzung der Brandmauer. 'Zuversicht schöpft der Markt offenbar aus der Tatsache, dass nach den beiden Langfristtendern der EZB jetzt auch die Politik aktiver bei der Krisenbekämpfung geworden ist.' Wie lange der Vertrauensvorschuss reiche, stehe freilich auf einem anderen Blatt. Der Rettungsschirm sei ja nur ein Vehikel zur Symptombehandlung, das Vertrauen in den Euro hänge langfristig aber davon ab, ob die Ursachen angegangen würden. 'Diese Faktoren lasten in einer längerfristigen Perspektive weiterhin auf dem Euro und begrenzen sein Erholungspotenzial.'
Eurozone macht bessere Figur als Japan
Gegenüber dem japanischen Yen setzte der Euro seinen im Januar begonnenen Höhenflug nicht fort, in den vergangenen zwei Wochen trat er auf der Stelle, aktuell kostet die Währung 109 Yen. Der Kursverlauf des Yen zum US-Dollar präsentiert sich ähnlich. Auch im Euro/Yen-Verhältnis wird sich den Analysten zufolge über kurz oder lang zeigen, dass die Eurozone besser dasteht. 'Wir gehen davon aus, dass der Euro noch in diesem Jahr 1,20 Yen kosten wird', erklärt Hellmeyer.
Problembelastetes Großbritannien
Ohne klare Richtung bewegt sich das Währungspaar Euro/Britisches Pfund in diesem Jahr. Heute kostet ein Euro 0,83 Pfund und damit so viel wie Anfang Januar. Auch hier sind die Prognosen ähnlich: 'Die Konjunktur- und Haushaltsdaten in Großbritannien enttäuschen', meint Hellmeyer. Er sieht das Land vor einem strukturellen Bereinigungsprozess, der noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde. 'Wir erwarten daher noch für dieses Jahr einen Wechselkurs von 0,90 Pfund zum Euro.' Boie teilt die Einschätzung und verweist außerdem nochmals auf die Geldpolitik: 'Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Bank of England das Anleihekaufprogramms weiter aufstockt.'
Kein neuer Mindestkurs für Franken
Anders als erwartet hatte die Schweizer Nationalbank (SNB) bislang keine Probleme, die im vergangenen Jahr beschlossene Untergrenze von 1,20 Franken für den Euro zu verteidigen. Zuletzt rückte die Grenze aber immer näher. 'Offenbar wollen die Marktteilnehmer testen, ob die SNB diese verteidigen wird', erklärt Boie. Dass der Mindestkurs angehoben wird, glaubt sie jetzt nicht mehr. 'Wir hatten im März damit gerechnet, jetzt ist das angesichts der sich aufhellenden Frühindikatoren in der Schweiz nicht mehr so wahrscheinlich.' Über den Tag hinaus werde sich der Euro Boie zufolge aber auch ohne Unterstützung der Nationalbank beweisen. 'Wir gehen von höheren Niveaus des Euro gegenüber dem Schweizer Franken aus.' Aktuell notiert der Euro bei 1,2043 Franken.
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© 4. April/Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Trotz des jüngsten Schwächeanfalls machen sich die meisten Analysten um den Euro keine großen Sorgen. Sie rechnen vielmehr damit, dass die Gemeinschaftswährung an Stärke gewinnen wird. Die vergangenen Monate waren unterdessen eher von einer Seitwärtsbewegung geprägt: Seit Ende Januar verharrt das Währungspaar in einer Bandbreite zwischen 1,30 und 1,35 US-Dollar zum Euro, heute geht der Euro zu 1,3167 US-Dollar über den Tisch.
Die jüngste Talfahrt ist Aussagen der US-Notenbank geschuldet: Wie aus dem am gestrigen Dienstag veröffentlichten Sitzungsprotokoll der Fed hervorgeht, will diese auf weitere geldpolitische Lockerungen verzichten - jedenfalls solange, wie sich die Wirtschaftslage nicht merklich verschlechtere. Spekulationen über ein drittes Anleihekaufprogramm sind damit erst einmal passé.
Europa hat Hausaufgaben gemacht
Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank erwartet zwar, dass sich am Euro/US-Dollar-Kurs vorerst nicht viel ändern wird, über den Tag hinaus könnte die Entwicklung aber eindeutig zugunsten des Euro laufen. 'Europa hat seine Hausaufgaben gemacht', erklärt Hellmeyer mit Verweis auf die 'Brandmauer' von 800 Milliarden Euro für die europäischen Wackelkandidaten, den Fiskalpakt und das Angehen struktureller Haushaltdefizite. 'In den USA steht das alles noch an.' Hellmeyer geht daher davon aus, dass dies früher oder später dem Euro zugute kommen wird. 'Für das vierte Quartal rechnen wir mit mindestens 1,42 US-Dollar je Euro.'
Geldpolitik spricht für Euro
Sintje Boie von der HSH Nordbank ist ähnlich zuversichtlich: 'Die Lage in der Eurozone hat sich durch den Schuldenschnitt für Griechenland und die EZB-Dreijahrestender beruhigt.' Nun sei entscheidend, ob die Haushauskonsolidierungen gelängen. 'Kurzfristig gibt es noch Rückschlagsgefahren, heftiger unter Druck geraten wird der Euro aber wohl nicht mehr. Auf lange Sicht erwarten wir eine weitere Stabilisierung in den Euroländern und eine stärkere Währung.' Dafür spreche auch die Tatsache, dass die US-Notenbank wahrscheinlich länger an ihrer expansiven Geldpolitik festhalten werde als die EZB. Die HSH Nordbank prognostiziert für Mitte 2013 einen Wechselkurs von 1,40 US-Dollar zum Euro.
Auch skeptische Stimmen
Etwas vorsichtiger ist die Commerzbank. Den Analysten zufolge profitierte die Gemeinschaftswährung von der Diskussion und der Umsetzung der Brandmauer. 'Zuversicht schöpft der Markt offenbar aus der Tatsache, dass nach den beiden Langfristtendern der EZB jetzt auch die Politik aktiver bei der Krisenbekämpfung geworden ist.' Wie lange der Vertrauensvorschuss reiche, stehe freilich auf einem anderen Blatt. Der Rettungsschirm sei ja nur ein Vehikel zur Symptombehandlung, das Vertrauen in den Euro hänge langfristig aber davon ab, ob die Ursachen angegangen würden. 'Diese Faktoren lasten in einer längerfristigen Perspektive weiterhin auf dem Euro und begrenzen sein Erholungspotenzial.'
Eurozone macht bessere Figur als Japan
Gegenüber dem japanischen Yen setzte der Euro seinen im Januar begonnenen Höhenflug nicht fort, in den vergangenen zwei Wochen trat er auf der Stelle, aktuell kostet die Währung 109 Yen. Der Kursverlauf des Yen zum US-Dollar präsentiert sich ähnlich. Auch im Euro/Yen-Verhältnis wird sich den Analysten zufolge über kurz oder lang zeigen, dass die Eurozone besser dasteht. 'Wir gehen davon aus, dass der Euro noch in diesem Jahr 1,20 Yen kosten wird', erklärt Hellmeyer.
Problembelastetes Großbritannien
Ohne klare Richtung bewegt sich das Währungspaar Euro/Britisches Pfund in diesem Jahr. Heute kostet ein Euro 0,83 Pfund und damit so viel wie Anfang Januar. Auch hier sind die Prognosen ähnlich: 'Die Konjunktur- und Haushaltsdaten in Großbritannien enttäuschen', meint Hellmeyer. Er sieht das Land vor einem strukturellen Bereinigungsprozess, der noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde. 'Wir erwarten daher noch für dieses Jahr einen Wechselkurs von 0,90 Pfund zum Euro.' Boie teilt die Einschätzung und verweist außerdem nochmals auf die Geldpolitik: 'Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Bank of England das Anleihekaufprogramms weiter aufstockt.'
Kein neuer Mindestkurs für Franken
Anders als erwartet hatte die Schweizer Nationalbank (SNB) bislang keine Probleme, die im vergangenen Jahr beschlossene Untergrenze von 1,20 Franken für den Euro zu verteidigen. Zuletzt rückte die Grenze aber immer näher. 'Offenbar wollen die Marktteilnehmer testen, ob die SNB diese verteidigen wird', erklärt Boie. Dass der Mindestkurs angehoben wird, glaubt sie jetzt nicht mehr. 'Wir hatten im März damit gerechnet, jetzt ist das angesichts der sich aufhellenden Frühindikatoren in der Schweiz nicht mehr so wahrscheinlich.' Über den Tag hinaus werde sich der Euro Boie zufolge aber auch ohne Unterstützung der Nationalbank beweisen. 'Wir gehen von höheren Niveaus des Euro gegenüber dem Schweizer Franken aus.' Aktuell notiert der Euro bei 1,2043 Franken.
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© 4. April/Anna-Maria Borse
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