FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Trotz unübersichtlicher Gemengelage und bevorstehender Ereignisrisiken haben viele Investoren eine klare Meinung.
3. Juli 2024. Ein Handelsband von rund 2,4 Prozent seit unserer vergangenen Sentiment-Erhebung sieht nicht gerade nach hoher Volatilität aus. Dennoch haben die Börsianer auf den ersten Wahlgang zur französischen Nationalversammlung am vergangenen Sonntag reagiert und sich entschieden, in einer ersten Reaktion auf steigende Kurse zu setzen. Wie sich später herausstellte, handelte es sich allerdings nur um ein Strohfeuer. Zumal auf den ersten Wahlgang am kommenden Wochenende noch ein zweiter folgen wird. Und zum Zeitpunkt der heutigen Stimmungserhebung steht mit der Veröffentlichung des Protokolls der vergangenen Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank von vor drei Wochen zwar nur ein kleines Highlight vor dem US-Feiertag an, bevor am Freitag der Arbeitsmarktbericht folgt. Aber alles, was das Thema Inflationsentwicklung angeht, scheint derzeit den größten Einfluss auf die Handelsentscheidungen der Akteure an den Finanzmärkten zu haben.
Was den hiesigen DAX angeht, kann man die laufende Woche daher durchaus als Findungsphase einordnen. Denn während der vergangenen Handelstage hat das Börsenbarometer auch an der Unterseite nicht viel Durchschlagendes produziert, sodass am Ende nur ein kleiner Wochenverlust von einem halben Prozent zu Buche schlägt.
Mit hoher Polarisierung
Nun ist unser Börse Frankfurt Sentiment-Index bei den institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont gegenüber der Vorwoche gerade einmal um einen Punkt auf einen neuen Stand von +3 gestiegen. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass diese geringe Veränderung einer Phase der Unentschlossenheit geschuldet ist. Bei genauerem Hinsehen erweist sich diese Annahme allerdings als Trugschluss. Denn die in der Vorwoche noch auf Rekordhoch befindliche Gruppe der neutral eingestellten Investoren hat sich drastisch um 17 Prozentpunkte reduziert und sich fast zu gleichen Teilen auf die Lager der Bären und Bullen verteilt, wobei die Optimisten einen Prozentpunkt Vorsprung haben. Mit anderen Worten: In einer Woche unübersichtlicher Ereignisrisiken haben sich die Investoren bereits festgelegt - mit erstaunlich hoher Polarisierung.
Unterdessen ist der Börse Frankfurt Sentiment-Index bei den Privatanlegern gegenüber der Vorwoche unverändert geblieben und verharrt auf einem Stand von +6. Dabei ist die Polarisierung zwischen Bullen und Bären geringfügig zurückgegangen, sodass die Gruppe der neutral Gestimmten um zwei Prozentpunkte gestiegen ist. Allerdings besteht wie bereits in der Vorwoche eine deutliche Kluft zwischen den Anlegenden, die wir über Social Media befragen, und den übrigen Privatanlegern. Erstere sind deutlich bullisher eingestellt.
Unter dem Strich besteht zwischen Privatanlegern und institutionellen Investoren aktuell nur eine ganz geringe Stimmungskluft. Vielmehr zeichnen sich beide Panels durch eine deutliche Meinungsbildung aus, trotz der bevorstehenden Ereignisrisiken. Und diese Meinungen sind durchaus gegensätzlich, bei den Privatanlegern eine Spur positiver.
Heimische Investoren im Gleichgewicht, aber ?
Mit Blick auf die institutionellen Investoren und deren starkem Rückgang bei den auf einen unveränderten DAX setzenden Akteuren könnte man durchaus schließen, dass die neuen Engagements an den Rändern des jüngsten Handelsbandes eingegangen wurden; die Käufe vermutlich überwiegend im unteren, die Verkäufe wahrscheinlich im oberen Bereich dieser Range. Es ist gut möglich, dass weder Bullen noch Bären auf einen größeren Trend setzen, sondern im Falle von halbwegs akzeptablen Kursgewinnen ihre Engagements zumindest zum Teil wieder glattstellen werden. Im Falle eines DAX- Anstiegs wahrscheinlich im Bereich 18.550/600 und bei erneuten Rücksetzern zwischen 17.850 und 17.900 Zählern. Dieses Gleichgewicht würde aus heutiger Sicht durch die heimischen Investoren alleine wahrscheinlich nicht wesentlich gestört. Sollte es allerdings zu größeren langfristigen Kapitalbewegungen (insbesondere von internationalen Investoren) kommen, gilt die Unterseite des DAX als die weichere.
Von Joachim Goldberg
3. Juli, 2024, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse (ETR:DB1Gn) AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.