London (Reuters) - Nach dem Wahldebakel der britischen Konservativen steuert Premierministerin Theresa May auf ein Bündnis mit der nordirischen Regionalpartei DUP zu.
Parteichefin Arlene Foster erklärte am Dienstag nach Gesprächen mit der Regierungschefin, die Verhandlungen verliefen gut. "Wir hoffen, dass wir die Arbeit bald erfolgreich abschließen können." May ist auf eine Zusammenarbeit der europaskeptischen DUP angewiesen, weil sie bei der vorgezogenen Wahl überraschend ihre Mehrheit im Unterhaus verlor. Angesichts des Debakels wächst der Druck auf die Premierministerin, bei den Brexit-Verhandlungen einen wirtschaftsfreundlichen Kurs zu fahren statt die Verbindungen zur EU weitgehend zu kappen.
Auch aus Kreisen der Konservativen verlautete am Dienstag, die Gespräche mit der Democratic Unionist Party (DUP) über die Tolerierung einer Minderheitsregierung kämen gut voran. Die Regierungschefin selbst äußerte sich zunächst nicht. Ihr Sprecher lehnte einen Kommentar ab. BBC-Reporterin Laura Kuenssberg twitterte, das Abkommen werde voraussichtlich am Mittwoch unterzeichnet.
Im Parlament rief May die Abgeordneten auf, für die Sicherheit des Landes zusammenzustehen. Es gehe zudem darum, Fairness und Wohlstand für jeden Briten in jedem Teil des Landes zu erreichen. Die Konservative steht auch unter Druck, weil das Land in der Frage des Brexits gespalten ist. So stimmten England und Wales dafür, während Schotten und Nordiren mehrheitlich dagegen waren.
An den Finanzmärkten gewannen Spekulationen an Fahrt, dass May womöglich von ihrer Linie abweichen könnte, einen klaren Schnitt mit der EU zu wagen. Anlass waren Berichte über ein Treffen Mays mit Abgeordneten ihrer Konservativen, bei dem es wegen der Wahlschlappe offenbar viel Kritik hagelte. Der frühere Tory-Chef William Hague forderte May im "Daily Telegraph" auf, ihren Brexit-Kurs zu ändern. Sie sollte sich in den Verhandlungen mit der EU auf das Wirtschaftswachstum konzentrieren und nicht auf eine Begrenzung der Einwanderung.
MACHTBALANCE IN NORDIRLAND KÖNNTE SICH VERSCHIEBEN
Auch die Zusammenarbeit mit der DUP gilt als heikel. Die protestantische Partei ist zwar EU-skeptisch. Allerdings ist sie auch dafür, dass es zwischen Nordirland und der Republik Irland weiter einen reibungslosen Grenzverkehr gibt. Zudem könnte eine Zusammenarbeit mit der Regionalpartei die Machtbalance in der früheren Unruheregion durcheinanderbringen, weil der Einfluss der probritischen Unionisten steigen könnte. Das wiederum könnte katholische Nationalisten aufbringen, die eine Vereinigung mit der Republik Irland anstreben. So warnte der frühere Premierminister John Major vor einem Rückkehr der Gewalt.
Den Druck auf May zusätzlich erhöhen dürfte die wirtschaftliche Entwicklung. Die Inflation stieg im Mai so stark wie seit fast vier Jahren nicht mehr.