MADRID (dpa-AFX) - Genau um Mitternacht wurde es plötzlich ganz still auf dem Madrider Platz der Puerta del Sol. Die Demonstranten von der spanischen Protestbewegung der 'Empörten' schwenkten schweigend weiße Tücher. Als Zeichen des Protests gegen Sparpolitik und Arbeitslosigkeit inszenierten sie einen 'stummen Schrei', wie sie ihre Schweigeminute nannten.
Die Sperrstunde, die die Regierung für die Kundgebung verhängt hatte, war längst verstrichen. Eigentlich hätten die Demonstranten den Platz, an dem die Bewegung vor einem Jahr entstanden war, um 22.00 Uhr verlassen müssen. Die Polizei schritt zunächst nicht ein, ließ den Platz aber am Sonntag kurz vor Morgengrauen doch räumen.
Vor einem Jahr hatte die Bewegung '15-M', wie sie in Spanien wegen ihres Beginns am 15. Mai genannt wird, weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Die 'spanische Revolution' wurde zu einer der größten Protestbewegungen in der jüngeren Geschichte des Landes. Wenige Wochen später verschwand sie weitgehend von der Bildfläche. Aber an diesem Wochenende bewiesen die 'Empörten', dass ihre Bewegung keineswegs tot ist.
In Madrid, Barcelona, Valencia und vielen anderen spanischen Metropolen versammelten sich Zehntausende und erinnerten an die Entstehung der '15-M' vor einem Jahr. An den Parolen von damals hat sich wenig geändert. 'Nein, sie vertreten uns nicht', lautet ihr Vorwurf gegen die Politiker der etablierten Parteien. Nach Ansicht der Demonstranten leiden die westlichen Demokratien unter der Schwäche, dass in Wirklichkeit nicht die gewählten Volksvertreter regieren, sondern die Märkte. 'Und wer hat die Märkte gewählt?', war eine Frage, die auf den Kundgebungen immer wieder gestellt wurde.
Bei der Entstehung der Bewegung im Mai 2011 waren Massenkundgebungen und Zeltlager die sichtbaren Zeichen des Protests. Die Protestcamps sind längst aus den spanischen Städten verschwunden, die 'Empörten' haben ihre Strategie geändert. Sie zogen sich aus den Zentren zurück und bauten stattdessen in den einzelnen Stadtteilen ein Netz von Arbeitsgruppen und basisdemokratischen Versammlungen auf. Dort organisieren sie den Widerstand gegen die Zwangsräumungen von Wohnungen, deren Besitzer die Hypotheken nicht abzahlen konnten, organisieren Tauschmärkte oder gründen Kooperativen von Handwerkern.
Eine Gruppe aus dem Madrider Arbeiterviertel Carabanchel sammelt auf dem Großmarkt der Hauptstadt bei den Händlern Obst und Gemüse ein, das nicht mehr in den Verkauf gelangt und normalerweise weggeworfen worden wäre. Diese Lebensmittel werden dann an Bedürftige verteilt. Eine andere Gruppe engagiert sich dafür, dass Arbeitslose sich zusammenschließen und auf eigene Faust ihren Lebensunterhalt verdienen. Im Stadtteil San Blas wird gar erwogen, eine eigene Währung zu schaffen.
'Es entsteht der Kern einer alternativen Wirtschaft im Untergrund', schreibt die Zeitung 'El País'. Der Soziologe Miguel Martínez meint: 'Wir erleben eine neue Phase der demokratischen Entwicklung. Die Gesellschaft ist stärker politisiert als bisher, aber dieser Prozess wird nicht von den politischen Parteien kontrolliert.'
Zum Erfolg der Bewegung trägt auch bei, dass Spaniens Wirtschaftslage sich drastisch verschlechtert hat. Die Regierung spart bei der Bildung und im Gesundheitswesen, aber die Schuldenkrise flaut nicht ab. Die Arbeitslosenquote stieg auf über 24 Prozent.
Die 'Empörten' können sich rühmen, ähnliche Bewegungen wie 'Occupy' in Großbritannien und den USA inspiriert zu haben. 'Unsere Proteste hatten spontan begonnen, nun ist die Bewegung auf fünf Kontinenten präsent', sagte Carlos Paredes von der Initiative 'Echte Demokratie jetzt' der Nachrichtenagentur dpa./hk/DP/he
Die Sperrstunde, die die Regierung für die Kundgebung verhängt hatte, war längst verstrichen. Eigentlich hätten die Demonstranten den Platz, an dem die Bewegung vor einem Jahr entstanden war, um 22.00 Uhr verlassen müssen. Die Polizei schritt zunächst nicht ein, ließ den Platz aber am Sonntag kurz vor Morgengrauen doch räumen.
Vor einem Jahr hatte die Bewegung '15-M', wie sie in Spanien wegen ihres Beginns am 15. Mai genannt wird, weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Die 'spanische Revolution' wurde zu einer der größten Protestbewegungen in der jüngeren Geschichte des Landes. Wenige Wochen später verschwand sie weitgehend von der Bildfläche. Aber an diesem Wochenende bewiesen die 'Empörten', dass ihre Bewegung keineswegs tot ist.
In Madrid, Barcelona, Valencia und vielen anderen spanischen Metropolen versammelten sich Zehntausende und erinnerten an die Entstehung der '15-M' vor einem Jahr. An den Parolen von damals hat sich wenig geändert. 'Nein, sie vertreten uns nicht', lautet ihr Vorwurf gegen die Politiker der etablierten Parteien. Nach Ansicht der Demonstranten leiden die westlichen Demokratien unter der Schwäche, dass in Wirklichkeit nicht die gewählten Volksvertreter regieren, sondern die Märkte. 'Und wer hat die Märkte gewählt?', war eine Frage, die auf den Kundgebungen immer wieder gestellt wurde.
Bei der Entstehung der Bewegung im Mai 2011 waren Massenkundgebungen und Zeltlager die sichtbaren Zeichen des Protests. Die Protestcamps sind längst aus den spanischen Städten verschwunden, die 'Empörten' haben ihre Strategie geändert. Sie zogen sich aus den Zentren zurück und bauten stattdessen in den einzelnen Stadtteilen ein Netz von Arbeitsgruppen und basisdemokratischen Versammlungen auf. Dort organisieren sie den Widerstand gegen die Zwangsräumungen von Wohnungen, deren Besitzer die Hypotheken nicht abzahlen konnten, organisieren Tauschmärkte oder gründen Kooperativen von Handwerkern.
Eine Gruppe aus dem Madrider Arbeiterviertel Carabanchel sammelt auf dem Großmarkt der Hauptstadt bei den Händlern Obst und Gemüse ein, das nicht mehr in den Verkauf gelangt und normalerweise weggeworfen worden wäre. Diese Lebensmittel werden dann an Bedürftige verteilt. Eine andere Gruppe engagiert sich dafür, dass Arbeitslose sich zusammenschließen und auf eigene Faust ihren Lebensunterhalt verdienen. Im Stadtteil San Blas wird gar erwogen, eine eigene Währung zu schaffen.
'Es entsteht der Kern einer alternativen Wirtschaft im Untergrund', schreibt die Zeitung 'El País'. Der Soziologe Miguel Martínez meint: 'Wir erleben eine neue Phase der demokratischen Entwicklung. Die Gesellschaft ist stärker politisiert als bisher, aber dieser Prozess wird nicht von den politischen Parteien kontrolliert.'
Zum Erfolg der Bewegung trägt auch bei, dass Spaniens Wirtschaftslage sich drastisch verschlechtert hat. Die Regierung spart bei der Bildung und im Gesundheitswesen, aber die Schuldenkrise flaut nicht ab. Die Arbeitslosenquote stieg auf über 24 Prozent.
Die 'Empörten' können sich rühmen, ähnliche Bewegungen wie 'Occupy' in Großbritannien und den USA inspiriert zu haben. 'Unsere Proteste hatten spontan begonnen, nun ist die Bewegung auf fünf Kontinenten präsent', sagte Carlos Paredes von der Initiative 'Echte Demokratie jetzt' der Nachrichtenagentur dpa./hk/DP/he