Berlin (Reuters) - Gegen die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ist erneut Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht worden.
Der Berliner Anwalt Markus Kerber bestätigte der Nachrichtenagentur Reuters auf Anfrage, er habe eine entsprechende Beschwerde initiiert, verfasst und eingereicht. Details nannte er zunächst aber nicht.
Die "Welt am Sonntag" berichtete indes, einer Gruppe von Professoren und Unternehmern gehe es um die Frage, ob die EZB mit dem umfassenden Aufkauf von Staats- und bald auch Unternehmens-Anleihen ihr Mandat überschreite und damit Grundrechte der Deutschen übergehe. Die Zeitung zitierte Kerber, der auch Professor für öffentliche Finanzwirtschaft ist, mit den Worten, die EZB starte immer neue Programme unter dem Vorwand, das Inflationsziel von mittelfristig rund zwei Prozent zu erreichen. Die neuen Programme hätten aber unkalkulierbare Risiken für die Bilanz der Bundesbank und damit auch für den deutschen Steuerzahler. Die EZB sei ein "souveräner Diktator", der nach Gutdünken vorgehe und dabei die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen aus den Augen verliere. Schließlich sei die aktuelle EZB-Politik weder notwendig noch geeignet, unmittelbar die Konjunktur im Euro-Raum durch eine Steigerung der Inflationsrate auf etwa zwei Prozent zu beleben.
Die Verfassungsrichter in Karlsruhe nehmen bereits die Euro-Rettungspolitik der EZB unter die Lupe. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte der EZB zwar im vergangenen Jahr einen weitgehenden Freifahrtschein für das umstrittene Anleihekaufprogramm gegeben. Nun soll aber geprüft werden, ob diese Entscheidung auch mit den verfassungsrechtlichen Kriterien vereinbar ist. Ein Urteil wird in einigen Monaten erwartet.[nL8N15V4MH]
Mit der neuen Klage solle eine Institution in Schranken gewiesen werden, die sich zwar als "regelbasierte Gewalt" bezeichne, sich faktisch aber nicht an die Regeln halte, berichtete die Zeitung weiter. Initiator Kerber hoffe darauf, dass das Verfassungsgericht zumindest die Bundesbank daran hindere, sich weiter an verschiedenen Kaufprogrammen der EZB zu beteiligen und beim Anleihen-Aufkaufprogramm für Unternehmensanleihen, das im Juni starten solle, gar nicht erst einzusteigen.
Eine Sprecherin der EZB wollte sich zu dem Bericht zunächst nicht äußern. Ein Sprecher des Verfassungsgerichts äußerte sich zunächst ebenfalls nicht.