(neu: Schlusskurs)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Aktionäre des Pharma- und Agrarchemiekonzerns Bayer (4:BAYGN) brauchen derzeit starke Nerven: Kaum hatte sich der Kurs nach dem Glyphosat-Schock Mitte August ein Stück weit stabilisiert, lieferte der neue Jahresausblick den Pessimisten frische Argumente. Die Anteile des Dax-Schwergewichts knickten am Mittwoch im frühen Handel bis auf 76,92 Euro ein. Zwar verringerte sich das Minus bis Handelsschluss auf 1,69 Prozent, mit 78,48 Euro notierten die Papiere aber immer noch nahe ihres Mehrjahrestiefs von 75,50 Euro von Mitte August.
Grund des Kurseinbruchs im August war das Schadensersatzurteil in dreistelliger Millionenhöhe gegen die neue Bayer-Tochter Monsanto (NYSE:MON) in einem ersten Prozess wegen angeblich verschleierter Krebsrisiken ihres Unkrautvernichters Roundup mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat gewesen. Tausende weiterer Klagen sind anhängig. Bayer geht gegen das Urteil vor. Zudem hatten sich einige Analysten zuletzt zuversichtlich gezeigt und vor übertriebenen Ängsten vor Rechtsrisiken gewarnt.
An diesem Mittwoch legte Bayer nun den neuen Jahresausblick vor, der erstmals auch den US-Saatgutkonzern berücksichtigt. Dank des Monsanto-Beitrags peilen die Leverkusener 2018 nun einen Umsatz von mehr als 39 Milliarden Euro sowie einen Anstieg des um Sondereinflüsse bereinigte Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im unteren bis mittleren einstelligen Prozentbereich an, nach knapp 9,3 Milliarden Euro vor einem Jahr.
Die durchschnittliche Gewinnerwartung des Marktes dürfte nun fallen, sagte Analyst Richard Vosser von der Bank JPMorgan (NYSE:JPM). Er hatte schon vor der Vorlage der Zahlen für das zweite Quartal vor zu hohen Erwartungen gewarnt und dabei auf die starken saisonalen Schwankungen im Geschäft von Monsanto hingewiesen.
Bayer hatte die Akquisition erst Anfang Juni abgeschlossen und damit deutlich später als ursprünglich angepeilt, weil die Wettbewerbshüter nicht so einfach überzeugt werden konnten wie gedacht. Dadurch flossen nur gut drei Wochen der Monsanto-Geschäftsentwicklung in die Quartalszahlen ein. Das wirkt sich aufs Geschäftsjahr stark aus, schließlich erziele Monsanto "Umsatz und vor allem Ergebnis größtenteils im ersten Halbjahr", erklärte Bayer-Chef Werner Baumann.
Analyst Vosser sieht derweil keine größeren Risiken für die Markterwartungen für 2019. Schließlich fließe Monsanto dann das gesamte Jahr in die Resultate ein. Allerdings müssen sich Investoren beim Unternehmensausblick für 2019 bis zur Vorlage der Jahreszahlen für 2018 gedulden. Mittelfristige Ziele wird Bayer bereits im Zuge eines Kapitalmarkttages Anfang Dezember vorstellen.
Mit Blick auf das abgelaufene Quartal monierte Analyst Keyur Parekh von der Investmentbank Goldman Sachs (NYSE:GS) die Profitabilität im Pharmageschäft sowie in der Sparte für rezeptfreie Medikamente. Hier schlugen sich Lieferschwierigkeiten etwa bei Aspirin, der starke Euro und höhere Forschungskosten nieder.
Es gab aber auch Positives: Analyst Ulrich Huwald von Warburg Research lobte, dass Bayer für 2018 eine Dividende mindestens auf dem Vorjahresniveau von 2,80 Euro je Anteilsschein zahlen will. Ein Lichtblick sei auch die Nettoverschuldung gewesen, schrieb Experte Alistair Campbell von der Privatbank Berenberg. Dank hoher freier Mittelzuflüsse peile Bayer per Jahresende mit rund 37 Milliarden Euro eine um rund 2 Milliarden geringere Verschuldung an als gemeinhin erwartet.