Frankfurt (Reuters) - Den Banken der Euro-Zone winken Erleichterungen bei der jährlichen Überprüfung durch die EZB-Aufsicht.
Die Kontrolleure erwägen, dass etwa eine Bewertung von Stress-Szenarien in der Jahresprüfung künftig nur zu Empfehlungen und nicht mehr zu Kapitalanforderungen führen kann, wie EZB-Generaldirektor Korbinian Ibel am Mittwoch in Frankfurt sagte. Für die Geldhäuser wäre eine solche Änderung bei der Bewertung der Kapitalsituation zentral: Denn Kapitalanforderungen würden sich auf den Betrag auswirken, den Banken als Dividende an ihre Aktionäre und als Bonuszahlungen an Beschäftigte maximal ausschütten dürfen. Anders wäre dies bei Empfehlungen.
"Der bisherige Automatismus, der eine verbindliche Ausschüttungssperre für Institute vorsieht, würde bei Verletzungen von Kapitalempfehlungen nicht greifen", sagte Ibel, der in der Management-Ebene unterhalb der Führungsetage um die oberste EZB-Aufseherin Daniele Nouy die Fäden zieht.
Mit dieser Vorgehensweise nehmen die EZB-Bankenwächter auch Vorgaben der EU-Kommission auf, wie aus Unterlagen der EU-Behörde hervorgeht, die Reuters in diesem Jahr einsah. Danach darf eine Bank nur dann von Dividenden- oder Bonuszahlungen abgehalten werden, wenn es die aufsichtlichen Kapitalanforderungen nicht erfüllt. Empfehlungen der Kontrolleure können dies nicht auslösen.
"Würde eine Bank die verbindlichen Kapitalanforderungen einhalten, die Empfehlung aber nicht, dann sollte dies nicht automatisch zu einer formellen aufsichtlichen Maßnahme führen", erläuterte EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger auf derselben Konferenz in Frankfurt. Ihrer Einschätzung nach wird sich mit den geplanten Änderungen aber das Kapitalniveau in der Gesamtheit nicht verändern.
Die Europäische Zentralbank (EZB) kontrolliert 129 Großbanken der Euro-Zone direkt. Bei kleineren Häusern haben immer noch die nationalen Aufseher der Euro-Länder den Hut auf.
Die EZB-Bankenaufsicht analysiert im sogenannten jährlichen SREP-Prozess ("Supervisory Review and Evaluation Process") jedes Jahr das Geschäftsmodell, die Risiken für Eigenkapital und Liquidität der Institute. Auf dieser Grundlage legen die Bankenwächter dann für jedes Geldhaus den Eigenkapital- und Liquiditätsbedarf fest.