- von Frank Siebelt und Reinhard Becker
Frankfurt/Berlin (Reuters) - EZB-Präsident Mario Draghi hat im sich zuspitzenden Handelsstreit mit den USA den dortigen Präsidenten Donald Trump zur Mäßigung aufgerufen.
Es gebe eine gewisse Sorge über den Stand der internationalen Beziehungen, sagte Draghi am Donnerstag in Frankfurt. "Wenn man Zölle gegen Verbündete erhebt, wundert man sich, wer die Feinde sind." Solche Konflikte müssten im Dialog miteinander gelöst werden. "Denn einseitige Entscheidungen sind gefährlich." Draghi nannte einen zunehmenden Protektionismus als eine der Gefahren für das Wirtschaftswachstum im Euro-Raum. Sorgen bereitet der Notenbank zudem die politische Hängepartie nach der Wahl in Italien.
Trump hat angekündigt, Stahl und Aluminium bei der Einfuhr in die USA mit neuen Zöllen belegen zu wollen. Auch die europäische Autobranche hat er im Visier. Der Republikaner hat wiederholt gegen billige Importe gewettert, die nach seiner Darstellung amerikanische Arbeitsplätze zerstörten. Befürchtet wird, dass die USA nun eine Spirale mit Gegenmaßnahmen auslösen, die in einen weltweiten Handelskrieg münden. Die EU und Japan hoffen darauf, den Konflikt bei einem Treffen am Wochenende zu entschärfen.
Ein eskalierender Handelskonflikt käme für die EZB zur Unzeit. Denn sie ist gerade dabei, sich mit vorsichtigen Schritten auf eine Abkehr von ihrer ultra-lockeren Geldpolitik zuzubewegen. Unruhe an den Finanzmärkten, die zuletzt nach den Trump-Drohungen aufkam, kann die Europäische Zentralbank dabei nicht gebrauchen. Aber auch die Regierungsbildung in seinem Heimatland hat Draghi im Blick. Ein politisches Patt in Italien kann seinen Worten zufolge die Konjunktur in der Euro-Zone belasten. "Es ist nicht zu unterschätzen, dass eine lang anhaltende Instabilität das Vertrauen untergraben könnte."
In der Korruptionsaffäre um den lettischen Notenbankchef schaltet die EZB den Europäischen Gerichtshof ein. Die von den Behörden des baltischen Landes ergriffenen Maßnahmen sollen auf EU-Recht hin überprüft werden, wie Draghi zur Affäre um das EZB-Ratsmitglied Ilmars Rimsevics mitteilte. Er steht unter Verdacht, Bestechungsgeld von 100.000 Euro verlangt zu haben. Sein Amt als oberster Währungshüter Lettlands muss Rimsevics für die Dauer der laufenden Ermittlungen ruhen lassen. Er selbst hat die Vorwürfe zurückgewiesen und sieht sich als Opfer einer Schmutzkampagne.
EZB KIPPT OPTION AUF NOCH MEHR ANLEIHENKÄUFE
Auf ihrem Zinstreffen strichen die Währungshüter zudem die Option aus ihrem Ausblick, nötigenfalls die vor allem in Deutschland umstrittenen Anleihenkäufe erneut auszuweiten. Die Entscheidung dazu sei einstimmig gefallen, so Draghi. Viele Volkswirte halten den Schritt aufgrund des starken Konjunkturaufschwungs allerdings für überfällig. Den Leitzins zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld beließ die EZB auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Neue Daten würden bestätigen, dass der Aufschwung im Euro-Raum kräftig und breit angelegt sei. Allerdings sei die Inflation immer noch gering, ergänzte Draghi.
Volkswirten zufolge naht jetzt das Ende der Anleihenkäufe: "Hier deutet sich endlich der lange erwartete Einstieg in das Ende an", so Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Alexander Krüger, Chefvolkswirt vom Bankhaus Lampe, rechnet damit, dass die EZB im Juni ein Enddatum für ihre Transaktionen benennen wird. Zuletzt hat sie schon das monatliche Volumen auf 30 Milliarden Euro halbiert. Die Käufe sollen noch bis mindestens Ende September fortgesetzt werden. Das Programm ist auf 2,55 Billionen Euro angelegt. Chefvolkswirt Uwe Burkert von der Landesbank LBBW rechnet frühestens ab Mitte 2019 mit ersten Zinsanhebungen.