Frankfurt, 06. Okt (Reuters) - Die Finanzkrise hat den
deutschen Aktienmarkt zu Wochenbeginn noch fester in den Griff
genommen. "Es brennt an allen Ecken und Enden", brachte es ein
Börsianer am Montag auf den Punkt. Auf der Stimmung lastete
insbesondere, dass der Bund und die deutsche Finanzbranche am
Wochenende ein neues Rettungspaket für den Immobilienfinanzierer
Hypo Real Estate auflegen mussten. Der Dax<.GDAXI>
stürzte bis zum Mittag um 5,7 Prozent ab auf 5466 Zähler und
erreichte damit den niedrigsten Stand seit Juli 2006. Neben den
Finanzwerten warfen Anleger aus Angst vor einem
Konjunkturabschwung vor allem Aktien von Industriekonzernen aus
ihren Depots.
Die HRE benötigt noch mehr Unterstützung, als erst eine
Woche zuvor vereinbart worden war. "Niemand weiß, wie groß das
Loch bei der Hypo Real Estate ist, und niemand will in dieses
Loch hinein investieren", sagte ein Börsianer. "Das Management
hat das Vertrauen endgültig verspielt. Man kann bei der Hypo
Real Estate nichts mehr berechnen", sagte Analystin Susanne
Knips von der Dresdner Bank. Wie Reuters aus Finanzkreisen
erfuhr, wird HRE-Chef Georg Funke in den nächsten Tagen
zurücktreten. Die Aktien des Münchener Konzerns stürzten um 36
Prozent auf 4,82 Euro ab.
Das HRE-Paket belastete auch andere Finanzwerte im Dax. "Die
privaten Banken sind verschnupft, weil sie nun höhere Kredite
geben müssen", sagte ein Händler. Papiere der
Commerzbank verloren 14 Prozent, die der Deutschen
Bank knapp zehn Prozent und die der Postbank
8,6 Prozent. Die im MDax<.MDAXI> notierten Aktien der Aareal
Bank rutschten knapp 20 Prozent ab. Auch europaweit
gerieten Bankaktien unter Druck, der Branchenindex<.SX7P> gab 7,7
Prozent nach. Die Finanzkrise sei endgültig in Europa
angekommen, erklärten Börsianer. Für Enttäuschung sorge auch,
dass sich die EU auf kein gemeinsames Rettungspaket für den
Finanzsektor geeinigt habe.
REZESSIONSSORGEN DRÜCKEN INDUSTRIEWERTE
Unter der Krise in der Finanzbranche leiden Börsianern
zufolge zunehmend auch die Aktien von Industriekonzernen. "Wenn
die Banken die Kredite einschränken müssen, dann leidet darunter
die Industrie", sagte ein Händler. Auf den Verkaufslisten
standen unter anderem die Papiere von ThyssenKrupp und
Siemens mit Abschlägen von jeweils knapp zehn Prozent.
Händlern zufolge wogen die Konjunktursorgen schwerer als die
Tatsache, dass beide Konzerne am Wochenende ihre Jahresprognose
bestätigt hatten. Die Titel des Düngemittel- und Salzkonzerns
K+S verloren 10,7 Prozent. "Die Party im Rohstoffsektor
ist vorbei", sagte ein Händler. Die Analysten der WestLB hatten
die Titel auf "reduzieren" heruntergestuft und ihr Kursziel auf
41 von 100 Euro gesenkt. "Die Ausgaben der Landwirtschaft für
Dünger werden sich in den nächsten Quartalen angesichts
anhaltend schwacher Märkte für Getreide und Ölsaaten abkühlen",
erklären die Experten.
Gegen den Trend stemmten sich VW-Aktien, die knapp
drei Prozent zulegten. "VW führen ein Eigenleben, seit es um die
Übernahme durch Porsche geht. Die Aktien sind häufig in einem
schwachen Markt stabil und umgekehrt", sagte ein Händler.
Bei den Nebenwerten im MDax stürzten die Aktien des
Bezahlsenders Premiere um 17 Prozent ab. Die Titel
waren bereits am Freitag um mehr als 50 Prozent in die Tiefe
gerauscht, nachdem das Unternehmen für das Gesamtjahr einen
operativen Verlust angekündigt, die Abonnentenzahlen deutlich
gesenkt und erklärt hatte, mit den Banken über eine
Restrukturierung von Kreditvereinbarungen zu sprechen.
(Reporter: Stefan Schaaf; redigiert von Kathrin Schich)