BRATISLAVA (dpa-AFX) - Hoffen und Bangen in den Euroländern: Die Reform des Euro-Rettungsschirms drohte auf der Zielgeraden vorerst zu scheitern. Vor dem entscheidenden Votum der Slowakei am Dienstagabend hatte Premierministerin Iveta Radicova für die Erweiterung des Rettungsschirms EFSF im Parlament keine Mehrheit. Eine zweite Abstimmung in den kommenden Tagen ist aber möglich. Am späten Dienstagabend zeichnete sich nicht ab, wann es zur Abstimmung kommen könnte. Kurz nach 21.00 Uhr standen noch mindestens zehn Redner auf der Liste, immer mehr Abgeordnete verlangten das Wort.
Unterdessen konnte Griechenland im Kampf gegen den drohenden Staatsbankrott auf dringend benötigte Milliardenkredite von EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) hoffen. Deren Experten-Troika geht davon aus, dass Anfang November frisches Geld für Athen fließt.
VOTUM ÜBER DIE EFSF-ERWEITERUNG MIT DER VERTRAUENSFRAGE VERBUNDEN
Vor der entscheidenden Abstimmung in Bratislava hatte Premierministerin Radicova das Votum über die EFSF-Erweiterung mit der Vertrauensfrage verbunden. Weil sowohl der neoliberale Koalitionspartner SaS als auch die sozialdemokratische Opposition der Regierungschefin die Gefolgschaft versagten, steuert die slowakische Regierung auf ihr Ende zu. Sollte das Parlament dem Rettungsschirm nicht zustimmen und Radicova das Vertrauen entziehen, könnte das slowakische Parlament aber kurzfristig ein zweites Mal abstimmen - möglicherweise würde die Opposition dann der Reform zustimmen.
Eine Abstimmungsniederlage in der Vertrauensfrage würde nach slowakischer Verfassung automatisch den Sturz der gesamten Regierung bedeuten. Aus Sicht von Außenminister Mikulas Dzurinda würde Radicova dann die Verhandlungen zu einer neuen Regierungsbildung führen. Ferner ging Dzurinda davon aus, dass eine zweite Abstimmung über den EFSF noch diese Woche dank der Stimmen der Opposition eine Mehrheit finden könnte.
OPPOSITION VERKNÜPFT EFSF-ZUSTIMMUNG MIT RÜCKTRITT DER REGIERUNG
Im Unterschied zu nationalen Gesetzen darf im slowakischen Parlament über internationale Verträge auch ein zweites Mal abgestimmt werden. Oppositionsführer und Ex-Premier Robert Fico hatte seine Zustimmung zur EFSF-Erweiterung mit einem Rücktritt der Regierung verknüpft. 'Warten wir ab, was passiert.'
In einem eindringlichen Appell hatte Radicova am Morgen noch einmal für ein Ja zur EFSF-Erweiterungen geworben. In der Abstimmung gehe es um die Zukunft der Slowakei in Europa. Mit dem Votum entscheiden die Abgeordneten über eine Nachbesserung des EFSF. Damit der Rettungsfonds tatsächlich Notkredite von 440 Milliarden Euro ausreichen kann, soll der Garantierahmen auf 780 Milliarden Euro erhöht werden. Mit dieser Bürgschaft sichern die Euro-Länder, dass sich der EFSF-Fonds günstig selbst Geld borgen kann.
ZWEITSTÄRKSTE REGIERUNGSPARTEI GEGEN STABILISIERUNGSMECHANISMUS ESM
Schon vor der Boykott-Ankündigung hatte sich die zweitstärkste Regierungspartei SaS von Parlamentspräsident Richard Sulik stets gegen die bedingungslose Erweiterung des Schirms gesperrt. Die SaS fordert, dass die Slowakei sich nicht am Stabilisierungsmechanismus ESM beteiligt, der dem EFSF ab 2013 folgen soll.
Der geplante gestärkte EFSF-Fonds erhält mehr Geld und neue Instrumente, um schneller reagieren zu können. So kann er künftig auch Anleihen kriselnder Staaten kaufen - sowohl von Regierungen als auch von Investoren. Angeschlagene Länder können zudem vorsorglich Kredite erhalten. Auch können Euro-Länder Geld bekommen, um ihre Finanzinstitute in einer Schieflage stützen zu können.
WICHTIGE DETAILS NOCH ZU KLÄREN
Sollte in Bratislava eine Zustimmung erreicht werden, ist die Erweiterung des Rettungsschirms beschlossene Sache. Danach müssen aber noch wichtige Details zur Arbeitsweise und Nutzung des Fonds geklärt werden - etwa bei Finanzspritzen für angeschlagene Banken. Ein Gesamtpaket - wie von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsident Nicolas Sarkozy am Wochenende beraten - soll bis Ende des Monats geschnürt sein.
Die Slowakei ist das einzige Euro-Land, dass der Erweiterung des Rettungsschirms noch nicht zugestimmt. Ohne grünes Licht aus Bratislava können auch die 16 anderen Euro-Länder die Erweiterung des EFSF nicht umsetzen.
TROIKA: GRIECHENLAND ERREICHT DEFIZITZIEL 2011 NICHT
In Brüssel hatten die Finanzkontrolleure der Troika mitgeteilt, dass vor der Zahlung der Milliardenkredite an Griechenland die Euro-Finanzminister und der IWF den aktuellen Überprüfungsbericht noch billigen müssten. Eine klare Aussage, wonach sie die Auszahlung befürwortet, machte die Troika allerdings nicht. Die Expertengruppe hatte zuvor die Bücher in Athen geprüft.
Demnach werde ein Wirtschaftsaufschwung nun erst für das übernächste Jahr erwartet. Es sei nicht mehr damit zu rechnen, dass die Regierung des Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou im laufenden Jahr das gesetzte Defizitziel von 7,6 Prozent der Wirtschaftsleistung erreiche.
TRICHET: 'SYSTEMISCHE DIMENSION'
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet warnte vor dem EU-Parlament derweil, die Krise der Eurozone habe eine 'systemische Dimension' erreicht, wie die Finanznachrichtenagentur Bloomberg berichtete. Schon in der ersten Finanzmarktkrise ab 2008 machte der Begriff der 'systemrelevanten' Banken die Runde. Damit war gemeint, dass bestimmte Institute so wichtig für die Finanzwirtschaft sind, dass ihr Ausfall das gesamte System beschädigen würde.
Ein Schuldenschnitt für Griechenland wird derweil immer offener diskutiert: Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, sagte in der Sendung 'ZIB2' des ORF am Montagabend, man dürfe nicht glauben, dass ein Schuldenschnitt genüge. Er plädierte dafür, eine Staatspleite in der Eurozone 'mit aller Gewalt' zu verhindern. Über einen Umfang des Schuldenschnitts wollte Juncker nicht spekulieren./ct/DP/he
Unterdessen konnte Griechenland im Kampf gegen den drohenden Staatsbankrott auf dringend benötigte Milliardenkredite von EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) hoffen. Deren Experten-Troika geht davon aus, dass Anfang November frisches Geld für Athen fließt.
VOTUM ÜBER DIE EFSF-ERWEITERUNG MIT DER VERTRAUENSFRAGE VERBUNDEN
Vor der entscheidenden Abstimmung in Bratislava hatte Premierministerin Radicova das Votum über die EFSF-Erweiterung mit der Vertrauensfrage verbunden. Weil sowohl der neoliberale Koalitionspartner SaS als auch die sozialdemokratische Opposition der Regierungschefin die Gefolgschaft versagten, steuert die slowakische Regierung auf ihr Ende zu. Sollte das Parlament dem Rettungsschirm nicht zustimmen und Radicova das Vertrauen entziehen, könnte das slowakische Parlament aber kurzfristig ein zweites Mal abstimmen - möglicherweise würde die Opposition dann der Reform zustimmen.
Eine Abstimmungsniederlage in der Vertrauensfrage würde nach slowakischer Verfassung automatisch den Sturz der gesamten Regierung bedeuten. Aus Sicht von Außenminister Mikulas Dzurinda würde Radicova dann die Verhandlungen zu einer neuen Regierungsbildung führen. Ferner ging Dzurinda davon aus, dass eine zweite Abstimmung über den EFSF noch diese Woche dank der Stimmen der Opposition eine Mehrheit finden könnte.
OPPOSITION VERKNÜPFT EFSF-ZUSTIMMUNG MIT RÜCKTRITT DER REGIERUNG
Im Unterschied zu nationalen Gesetzen darf im slowakischen Parlament über internationale Verträge auch ein zweites Mal abgestimmt werden. Oppositionsführer und Ex-Premier Robert Fico hatte seine Zustimmung zur EFSF-Erweiterung mit einem Rücktritt der Regierung verknüpft. 'Warten wir ab, was passiert.'
In einem eindringlichen Appell hatte Radicova am Morgen noch einmal für ein Ja zur EFSF-Erweiterungen geworben. In der Abstimmung gehe es um die Zukunft der Slowakei in Europa. Mit dem Votum entscheiden die Abgeordneten über eine Nachbesserung des EFSF. Damit der Rettungsfonds tatsächlich Notkredite von 440 Milliarden Euro ausreichen kann, soll der Garantierahmen auf 780 Milliarden Euro erhöht werden. Mit dieser Bürgschaft sichern die Euro-Länder, dass sich der EFSF-Fonds günstig selbst Geld borgen kann.
ZWEITSTÄRKSTE REGIERUNGSPARTEI GEGEN STABILISIERUNGSMECHANISMUS ESM
Schon vor der Boykott-Ankündigung hatte sich die zweitstärkste Regierungspartei SaS von Parlamentspräsident Richard Sulik stets gegen die bedingungslose Erweiterung des Schirms gesperrt. Die SaS fordert, dass die Slowakei sich nicht am Stabilisierungsmechanismus ESM beteiligt, der dem EFSF ab 2013 folgen soll.
Der geplante gestärkte EFSF-Fonds erhält mehr Geld und neue Instrumente, um schneller reagieren zu können. So kann er künftig auch Anleihen kriselnder Staaten kaufen - sowohl von Regierungen als auch von Investoren. Angeschlagene Länder können zudem vorsorglich Kredite erhalten. Auch können Euro-Länder Geld bekommen, um ihre Finanzinstitute in einer Schieflage stützen zu können.
WICHTIGE DETAILS NOCH ZU KLÄREN
Sollte in Bratislava eine Zustimmung erreicht werden, ist die Erweiterung des Rettungsschirms beschlossene Sache. Danach müssen aber noch wichtige Details zur Arbeitsweise und Nutzung des Fonds geklärt werden - etwa bei Finanzspritzen für angeschlagene Banken. Ein Gesamtpaket - wie von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsident Nicolas Sarkozy am Wochenende beraten - soll bis Ende des Monats geschnürt sein.
Die Slowakei ist das einzige Euro-Land, dass der Erweiterung des Rettungsschirms noch nicht zugestimmt. Ohne grünes Licht aus Bratislava können auch die 16 anderen Euro-Länder die Erweiterung des EFSF nicht umsetzen.
TROIKA: GRIECHENLAND ERREICHT DEFIZITZIEL 2011 NICHT
In Brüssel hatten die Finanzkontrolleure der Troika mitgeteilt, dass vor der Zahlung der Milliardenkredite an Griechenland die Euro-Finanzminister und der IWF den aktuellen Überprüfungsbericht noch billigen müssten. Eine klare Aussage, wonach sie die Auszahlung befürwortet, machte die Troika allerdings nicht. Die Expertengruppe hatte zuvor die Bücher in Athen geprüft.
Demnach werde ein Wirtschaftsaufschwung nun erst für das übernächste Jahr erwartet. Es sei nicht mehr damit zu rechnen, dass die Regierung des Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou im laufenden Jahr das gesetzte Defizitziel von 7,6 Prozent der Wirtschaftsleistung erreiche.
TRICHET: 'SYSTEMISCHE DIMENSION'
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet warnte vor dem EU-Parlament derweil, die Krise der Eurozone habe eine 'systemische Dimension' erreicht, wie die Finanznachrichtenagentur Bloomberg berichtete. Schon in der ersten Finanzmarktkrise ab 2008 machte der Begriff der 'systemrelevanten' Banken die Runde. Damit war gemeint, dass bestimmte Institute so wichtig für die Finanzwirtschaft sind, dass ihr Ausfall das gesamte System beschädigen würde.
Ein Schuldenschnitt für Griechenland wird derweil immer offener diskutiert: Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, sagte in der Sendung 'ZIB2' des ORF am Montagabend, man dürfe nicht glauben, dass ein Schuldenschnitt genüge. Er plädierte dafür, eine Staatspleite in der Eurozone 'mit aller Gewalt' zu verhindern. Über einen Umfang des Schuldenschnitts wollte Juncker nicht spekulieren./ct/DP/he