- von Matt Spetalnick und Gernot Heller
Singapur/Berlin (Reuters) - Nach dem Eklat beim G7-Gipfel in Kanada haben sich im Handelsstreit zwischen den USA mit ihren wichtigsten Partnern die Fronten verhärtet.
US-Präsident Donald Trump warnte am Montag: "Wir können leider nicht mehr zulassen, dass unsere Freunde oder unsere Feinde uns beim Handel ausnutzen." Zudem kritisierte er Deutschland erneut scharf wegen angeblich zu niedriger Verteidigungsausgaben. Deutsche Politiker äußerten die Befürchtung, dass nun kaum noch etwas an US-Importzöllen auch auf Autos vorbeiführen werde. Das würde den Autostandort Deutschland besonders treffen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier etwa machte aber deutlich, nach wie vor die Tür zu einer Verhandlungslösung nicht zuschlagen zu wollen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte am Sonntagabend den kurzfristigen Rückzug Trumps von der G7-Gipfelerklärung, in der vom Kampf gegen den Protektionismus die Rede war, "enttäuschend und deprimierend". Ab Juli treten EU-Gegenmaßnahmen zu den von Trump verfügten Importzöllen bei Stahl und Aluminium inkraft. "Wir lassen uns nicht ein ums andere Mal über den Tisch ziehen. Wir handeln auch", zeigte sich die Kanzlerin in der ARD-Sendung "Anne Will" entschlossen. Bundeswirtschaftsminister Altmaier gestand im Deutschlandfunk ein, dass es beim G7-Gipfel einen Rückschritt in den Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA gegeben habe. Er bekundete aber Gesprächsbereitschaft.
Hoffnungen auf eine Entspannung verbinden sich mit einem Besuch von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nächste Woche in den USA. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer, sagte, er geht davon aus, dass es nun auch zu US-Importzöllen auf Autos kommen werde. Altmaier wollte soweit nicht gehen. Er warnte davor, derartige Beschlüsse herbeizureden, denn noch gebe es solche Zölle nicht. Pfeiffer forderte aber angesichts des heftigen Streits mit den USA von der EU, mit einer "Koalition von Willigen" aus aller Welt Gespräche über Freihandelsabkommen zu forcieren beziehungsweise neu zu beginnen.
Auch von anderen G7-Ländern kamen Mahnungen an die Adresse der USA. Ein Sprecher der britischen Regierungschefin Theresa May äußerte die Hoffnung, dass die USA trotz des aktuellen Streits ihren eingegangenen Verpflichtungen nachkämen. Sein Land jedenfalls fühle sich an die G7-Erklärung, von der Trump abgerückt war, gebunden.
"EINIGUNG NICHT IN SICHT"
Für Trump sind neben dem Handel weiterhin die Ausgaben für das Militär ein Hauptstreitpunkt mit seinen europäischen Partnern. Die EU erwirtschafte einen Überschuss von 151 Milliarden Dollar und solle deutlich mehr für das Militär ausgeben, forderte er. Deutschland bringe nur ein Prozent Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die Nato auf, während es bei den USA vier Prozent eines viel höheren BIP seien. "Glaubt irgendjemand, dass das Sinn ergibt?" Deutschland gibt gegenwärtig 1,2 Prozent des BIP für Verteidigung aus. Merkel hat angekündigt, die Quote bis 2025 auf 1,5 Prozent steigern zu wollen. Nach Angaben der Weltbank gaben die USA 2016 ihrerseits 3,3 Prozent des BIP für Verteidigung aus.
Die Bereitschaftserklärungen deutscher Politik zu Gesprächen mit den USA über die aktuellen Probleme blieben zunächst unbeantwortet. Altmaier jedenfalls versicherte noch einmal: "Wir sind bereit, über Ungleichgewichte im Handel zu reden." Das könne aber nicht in Form einer Konfrontation geschehen. Wichtig sei, dass die Europäer geschlossen agierten. "Im Augenblick sieht es aber so aus, dass eine Einigung jedenfalls kurzfristig noch nicht in Sicht ist", bekannte er.
Deutsche Ökonomen wie Ifo-Chef Clemens Fuest warnten vor einem Handelskrieg. Der Gipfel habe die Welt einen Schritt weiter in diese Richtung gebracht, sagte er der "Augsburger Allgemeinen". Sein Kollege vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut HWWA, Henning Vöpel, warnte vor den verheerenden Folgen eines solchen Konflikts.