Berlin (Reuters) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Kritik am hohen deutschen Exportüberschuss zurückgewiesen.
Dieser hänge an zwei Faktoren, die die Regierung gar nicht beeinflussen könne, sagte die Kanzlerin am Montag in der Kurt-Tucholsky-Oberschule in Berlin. Zum einen sei der Euro "relativ schwach". Sie fügte hinzu: "Der Euro ist zu schwach wegen der EZB-Politik, und damit sind deutsche Waren verhältnismäßig billig." Zweitens sei der Erdölpreis sehr niedrig. Wenn dieser höher läge, würde die Handelsbilanz des Öl-Importlandes Deutschland sofort anders aussehen. Die EU-Kommission wies in ihren am Montag veröffentlichten länderspezifischen Empfehlungen ebenfalls auf die hohen Leistungsbilanzüberschusse Deutschlands hin, vermied aber eine scharfe Kritik.
"Wir können mehr bei uns investieren", sagte Merkel den Schülern auf die Frage, was sie zu tun gedenke. Allerdings sei der Binnenkonsum in Deutschland bereits der größte Wachstumstreiber. Es müssten aber auch in anderen EU-Staaten gute Waren produziert werden, die die Deutschen kaufen wollten. Dies könne eine Regierung nicht anordnen.
Merkel kritisierte generell eine zu enge Betrachtung des Themas Exportüberschüsse in der EU und international. Es sei fragwürdig, das Thema innerhalb einer Währungsunion zu betrachten. Auch in Deutschland gebe es sehr große Unterschiede: Mecklenburg-Vorpommern würde wesentlich weniger exportieren als Bayern. Die Bundesrepublik habe zwar einen Exportüberschuss mit den USA. Deutsche Firmen investierten aber gleichzeitig sehr viel mehr in den USA als umgekehrt und sorgten so für neue Jobs. So stehe das größte BMW-Werk nicht etwa in Deutschland, sondern in den USA, sagte Merkel.
Die EU-Kommission stellt in ihren Empfehlungen wirtschaftliche Ungleichgewichte, nämlich den Handelsüberschuss fest. Sie verweist darauf, dass ein Anstieg der Investitionen eine positive Wirkung auf die anderen EU-Staaten haben könnten. Angesichts der wirtschaftlichen Größe Deutschlands sei es besonders wichtig, dass diese Probleme angegangen würden. Die Kommission empfiehlt der größten Volkswirtschaft der EU durch finanzpolitische Instrumente die Binnennachfrage zu stärken und mehr zu investieren. Öffentliche Investitionen sollten auf allen Ebenen erhöht werden. Dies gelte besonders für die Bereiche Bildung, Forschung und Innovation. Engpässe bei Planungskapazitäten sollten beseitigt werden.