Börsen-Zeitung: Asmussens Chance, Kommentar zum EZB-Direktorium von
Claus Döring
Frankfurt (ots) - Was auf den ersten Blick wie ein fauler
Kompromiss aussieht, entpuppt sich auf den zweiten Blick als kluge
Entscheidung. Die Aufgabenverteilung im EZB-Direktorium hätte kaum
besser gewählt werden können - jedenfalls durch die deutsche Brille
betrachtet. Denn was sind die entscheidenden Themen der Europäischen
Zentralbank (EZB) in den nächsten Jahren? Die Frage, ob der Leitzins
25 Basispunkte höher oder niedriger gewählt wird, ob die
Zinsveränderung einige Monate früher oder später erfolgt, gehört
gewiss nicht dazu. Die Zinsentscheidungen argumentativ vorzubereiten
ist der Hauptjob des sogenannten Chefvolkswirts der Zentralbank -
eine Funktion, die es offiziell gar nicht gibt. Sie wurde bisher von
EZB-Direktoriumsmitgliedern deutscher Nationalität ausgeübt, nämlich
Otmar Issing und anschließend Jürgen Stark, als Zinspolitik und
Geldmengensteuerung noch im Zentrum der EZB-Entscheidungen standen.
Bei Peter Praet ist diese Aufgabe in guten Händen.
Heute kommt es jedoch darauf an, welche Rolle die EZB im
Krisenmanagement Eurolands einnimmt und wie sie sich dabei
positioniert. Hierfür sind nach der Geschäftsverteilung des
Direktoriums künftig das Gespann Mario Draghi als Präsident und Jörg
Asmussen als Direktoriumsmitglied für internationale und europäische
Beziehungen zuständig. Diese Verantwortung spiegelt nicht nur die
Erfahrungen und Fähigkeiten Asmussens als Staatssekretär im
Bundesfinanzministerium und als Finanzkrisenmanager erst der
schwarz-roten und dann der schwarz-gelben Bundesregierung. Die
italienisch-deutsche Notenbank-Achse wird vor allem die politische
Achse Berlin-Paris beziehungsweise Merkel-Sarkozy ergänzen und damit
jene drei Länder berücksichtigen, von denen die Zukunft der
Währungsunion abhängt.
Kaum weniger bedeutsam ist die Zuständigkeit Asmussens für das
Rechtsressort. Denn die umstrittenen Anleihekaufprogramme der EZB
werfen hinsichtlich Volumen und Dauer die Frage auf, inwieweit sie
durch die Verträge noch gedeckt sind. Diese Frage beispielsweise
juristisch zumindest einmal prüfen zu lassen wäre künftig Asmussens
Zuständigkeit. Der ausgeschiedene und bisher für Recht
verantwortliche Bini Smaghi dürfte aus Prinzip gar nicht auf die Idee
gekommen sein, dass die EZB mit ihren 'unkonventionellen Maßnahmen'
gegen Recht verstoßen könnte. Fazit: Asmussens Möglichkeiten sind
größer als die seines deutschen Vorgängers im Direktorium, Jürgen
Stark. Hoffentlich nutzt er sie.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Claus Döring
Frankfurt (ots) - Was auf den ersten Blick wie ein fauler
Kompromiss aussieht, entpuppt sich auf den zweiten Blick als kluge
Entscheidung. Die Aufgabenverteilung im EZB-Direktorium hätte kaum
besser gewählt werden können - jedenfalls durch die deutsche Brille
betrachtet. Denn was sind die entscheidenden Themen der Europäischen
Zentralbank (EZB) in den nächsten Jahren? Die Frage, ob der Leitzins
25 Basispunkte höher oder niedriger gewählt wird, ob die
Zinsveränderung einige Monate früher oder später erfolgt, gehört
gewiss nicht dazu. Die Zinsentscheidungen argumentativ vorzubereiten
ist der Hauptjob des sogenannten Chefvolkswirts der Zentralbank -
eine Funktion, die es offiziell gar nicht gibt. Sie wurde bisher von
EZB-Direktoriumsmitgliedern deutscher Nationalität ausgeübt, nämlich
Otmar Issing und anschließend Jürgen Stark, als Zinspolitik und
Geldmengensteuerung noch im Zentrum der EZB-Entscheidungen standen.
Bei Peter Praet ist diese Aufgabe in guten Händen.
Heute kommt es jedoch darauf an, welche Rolle die EZB im
Krisenmanagement Eurolands einnimmt und wie sie sich dabei
positioniert. Hierfür sind nach der Geschäftsverteilung des
Direktoriums künftig das Gespann Mario Draghi als Präsident und Jörg
Asmussen als Direktoriumsmitglied für internationale und europäische
Beziehungen zuständig. Diese Verantwortung spiegelt nicht nur die
Erfahrungen und Fähigkeiten Asmussens als Staatssekretär im
Bundesfinanzministerium und als Finanzkrisenmanager erst der
schwarz-roten und dann der schwarz-gelben Bundesregierung. Die
italienisch-deutsche Notenbank-Achse wird vor allem die politische
Achse Berlin-Paris beziehungsweise Merkel-Sarkozy ergänzen und damit
jene drei Länder berücksichtigen, von denen die Zukunft der
Währungsunion abhängt.
Kaum weniger bedeutsam ist die Zuständigkeit Asmussens für das
Rechtsressort. Denn die umstrittenen Anleihekaufprogramme der EZB
werfen hinsichtlich Volumen und Dauer die Frage auf, inwieweit sie
durch die Verträge noch gedeckt sind. Diese Frage beispielsweise
juristisch zumindest einmal prüfen zu lassen wäre künftig Asmussens
Zuständigkeit. Der ausgeschiedene und bisher für Recht
verantwortliche Bini Smaghi dürfte aus Prinzip gar nicht auf die Idee
gekommen sein, dass die EZB mit ihren 'unkonventionellen Maßnahmen'
gegen Recht verstoßen könnte. Fazit: Asmussens Möglichkeiten sind
größer als die seines deutschen Vorgängers im Direktorium, Jürgen
Stark. Hoffentlich nutzt er sie.
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