Börsen-Zeitung: Bittere Pillen, Kommentar zur Bilanzpressekonferenz
des Pharmagroßhändlers Celesio, von Gerhard Bläske.
Frankfurt (ots) - Zwei Jahre Zeit hat sich Markus Pinger gegeben.
Dann soll der Stuttgarter Pharmagroßhändler Celesio wieder auf
Wachstumskurs gehen. Zuvor aber sind ein Schrumpfkurs mit trocken
Brot und bittere Pillen angesagt. Acht Monate nach seinem Amtsantritt
reißt der ehemalige Beiersdorf-Manager das Ruder bei Celesio radikal
herum.
Vorbei die Zeit der Diversifizierung und der Expansion mit Doc
Morris. Die Internet-Apotheke, einst der große Hoffnungsträger, der
wegen einer nur begrenzten Marktliberalisierung nicht richtig aus den
Startlöchern kam, soll genauso verkauft werden wie die beiden Töchter
Movianto und Pharmexx, mit denen in das Dienstleistungsgeschäft für
Pharmakonzerne expandiert worden war. Das Joint Venture mit dem
amerikanischen Medco-Konzern, das chronisch Kranke betreuen sollte,
war mangels Kunden schon kurz nach Pingers Amtsantritt im vergangenen
Jahr beendet worden.
Zurück zum Kerngeschäft, dem Pharmahandel, lautet die Devise.
Vorbei die Zeit der schweren Konflikte mit den Apotheken, die wegen
Doc Morris einen Boykott gegen Deutschlands zweitgrößten
Pharmagroßhändler verhängt hatten, was diesen viel Geld kostete. Nun
ist Partnerschaft im Rahmen eines europäischen Apothekennetzwerkes
angesagt. Pinger will den Kunden dabei helfen, gegen das erwartete
Vordringen großer Supermarkt- und Drogerieketten in den Pharmamarkt
zu bestehen. Er setzt auf gemeinsamen Einkauf und Marketing sowie
fachgerechte Beratung statt Kampfpreise. Ob diese Rechnung angesichts
einer weit verbreiteten 'Geiz-ist-geil-Mentalität' im Land aufgehen
wird, muss sich erst zeigen.
Schon vorher gibt es viele Fallstricke. Denn vor der Expansion
gilt es, Celesio kurzfristig zu stabilisieren und den jahrelangen
Ergebnisrückgang zu stoppen, zu dem 2011 noch ein sinkender Umsatz
kam. Das ist nicht leicht, denn das Umfeld ist angesichts des
Reformdrucks, unter dem die Gesundheitssysteme vor allem in Europa
stehen, alles andere als günstig. Pinger muss Kosten senken und
Strukturen straffen. Die Unterstützung der Aktionäre, allen voran des
Großaktionärs Haniel, der die Strategie seines Vorgängers lange
mitgetragen hatte, wird er nur so lange haben, wie sein Konzept
aufgeht.
Dieses Jahr wird ein Übergangsjahr sein. 2013 soll die
Neuausrichtung implementiert werden. Von 2014 an will Pinger mit
Celesio wieder in die Offensive gehen. Das ist dann endgültig die
Stunde der Wahrheit.
(Börsen-Zeitung, 28.3.2012)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
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Frankfurt (ots) - Zwei Jahre Zeit hat sich Markus Pinger gegeben.
Dann soll der Stuttgarter Pharmagroßhändler Celesio wieder auf
Wachstumskurs gehen. Zuvor aber sind ein Schrumpfkurs mit trocken
Brot und bittere Pillen angesagt. Acht Monate nach seinem Amtsantritt
reißt der ehemalige Beiersdorf-Manager das Ruder bei Celesio radikal
herum.
Vorbei die Zeit der Diversifizierung und der Expansion mit Doc
Morris. Die Internet-Apotheke, einst der große Hoffnungsträger, der
wegen einer nur begrenzten Marktliberalisierung nicht richtig aus den
Startlöchern kam, soll genauso verkauft werden wie die beiden Töchter
Movianto und Pharmexx, mit denen in das Dienstleistungsgeschäft für
Pharmakonzerne expandiert worden war. Das Joint Venture mit dem
amerikanischen Medco-Konzern, das chronisch Kranke betreuen sollte,
war mangels Kunden schon kurz nach Pingers Amtsantritt im vergangenen
Jahr beendet worden.
Zurück zum Kerngeschäft, dem Pharmahandel, lautet die Devise.
Vorbei die Zeit der schweren Konflikte mit den Apotheken, die wegen
Doc Morris einen Boykott gegen Deutschlands zweitgrößten
Pharmagroßhändler verhängt hatten, was diesen viel Geld kostete. Nun
ist Partnerschaft im Rahmen eines europäischen Apothekennetzwerkes
angesagt. Pinger will den Kunden dabei helfen, gegen das erwartete
Vordringen großer Supermarkt- und Drogerieketten in den Pharmamarkt
zu bestehen. Er setzt auf gemeinsamen Einkauf und Marketing sowie
fachgerechte Beratung statt Kampfpreise. Ob diese Rechnung angesichts
einer weit verbreiteten 'Geiz-ist-geil-Mentalität' im Land aufgehen
wird, muss sich erst zeigen.
Schon vorher gibt es viele Fallstricke. Denn vor der Expansion
gilt es, Celesio kurzfristig zu stabilisieren und den jahrelangen
Ergebnisrückgang zu stoppen, zu dem 2011 noch ein sinkender Umsatz
kam. Das ist nicht leicht, denn das Umfeld ist angesichts des
Reformdrucks, unter dem die Gesundheitssysteme vor allem in Europa
stehen, alles andere als günstig. Pinger muss Kosten senken und
Strukturen straffen. Die Unterstützung der Aktionäre, allen voran des
Großaktionärs Haniel, der die Strategie seines Vorgängers lange
mitgetragen hatte, wird er nur so lange haben, wie sein Konzept
aufgeht.
Dieses Jahr wird ein Übergangsjahr sein. 2013 soll die
Neuausrichtung implementiert werden. Von 2014 an will Pinger mit
Celesio wieder in die Offensive gehen. Das ist dann endgültig die
Stunde der Wahrheit.
(Börsen-Zeitung, 28.3.2012)
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