Börsen-Zeitung: Risikofaktor Italien, Börsenkommentar 'Marktplatz',
von Thorsten Kramer.
Frankfurt (ots) - Politische Börsen haben kurze Beine. Die in der
Summe recht moderate Reaktion der europäischen Aktienmärkte auf das
Patt nach den Parlamentswahlen in Italien haben diese These einmal
mehr bestätigt. Zur Tagesordnung können Investoren allerdings noch
nicht übergehen. Zerschlägt sich die Hoffnung, dass die Parteien doch
noch einen Ausweg aus dem Dilemma finden, oder verdichten sich gar
Signale, dass der notwendige Reformprozess auf der Kippe steht,
dürfte die Verunsicherung schnell wieder anschwellen - und die
Notierungen dürften aufs Neue unter Druck geraten.
Als das Wahlergebnis am vergangenen Dienstag vor Handelsbeginn
vorlag, hatten viele Anleger vorrangig ein Interesse: verkaufen.
Europaweit gerieten deshalb die Aktienindizes unter Druck, belastet
vor allem von der Schwäche im Finanzsektor. In der Folge setzte aber
bereits ein Stabilisierungseffekt ein, der beispielsweise den
EuroStoxx50 und den Dax in die Nähe der Niveaus führte, die beide
Indizes vor der Italien-Wahl hatten. Lediglich in Italien blieb die
Verunsicherung hoch. Im Wochenverlauf sackte der Mailänder Leitindex
FTSE Mib um 3,4% ab, verglichen mit dem Stand vom Jahreswechsel
notiert er nun 3,7% tiefer.
Die Perspektive ansprechender Renditen, die mancher Aktienstratege
damals insbesondere an den Börsen der Peripherieländer gesehen hatte,
haben sich also (noch) nicht bestätigt; schließlich gilt dafür ein
geradliniger Reformweg als Voraussetzung. An vielen Aktienmärkten
außerhalb des Euroraums war derweil schon eine satte Rendite zu
erzielen: Der britische Leitindex FTSE100 rückte seit Jahresbeginn
schon um 8,2% vor und der Schweizer Leitindex SMI um 11,4%. In der
Vereinigten Staaten zog der Dow Jones - trotz Haushaltsstreits -
bereits um mehr als 7% an, und in Japan kletterte der Nikkei225 in
den ersten neun Wochen des Börsenjahres um 11,7%.
In ersten Einschätzungen nach der Wahl hatten sich viele
Marktteilnehmer sehr pessimistisch gezeigt. Sie fürchteten, dass die
neue Verunsicherung zu einem erneuten kräftigen Anstieg der Renditen
der italienischen Staatsanleihen führen werde - mit entsprechenden
Effekten auf das Sentiment an den Aktienmärkten. Inzwischen hat sich
jedoch eher die Einschätzung manifestiert, dass die Parlamentswahlen
keinen 'game changer' darstellen. In den Auktionen der Italiener am
Geld- und am Anleihemarkt in der vergangenen Handelswoche, die ohne
Desaster abliefen, finden Analysten dafür bereits eine Bestätigung.
Staatspräsident Giorgio Napolitano bekräftigte vor dem Wochenende in
Berlin seine Überzeugung, dass in den kommenden Wochen eine Regierung
gebildet werden könnte. Investoren nahmen es in diesem Zusammenhang
mit besonderem Interesse auf, dass der Spitzenkandidat des
Mitte-Links-Bündnisses, Pier Luigi Bersani, eine große Koalition mit
dem ehemaligen Premier Silvio Berlusconi ablehnte, dessen Comeback
viele Marktteilnehmer sehr kritisch sähen.
Sollte die Regierungsbildung zur Hängepartie werden oder sogar
scheitern, birgt dies aber kurzfristig die Gefahr einer
Kurskorrektur. Mittel- bis langfristig überwiegt an den Aktienmärkten
indes weiterhin die Zuversicht, zumal für den Fall der Fälle die
Europäische Zentralbank bereitstünde, um Staatsanleihen aufzukaufen.
In nachlassenden Notierungen sehen viele deshalb nach wie vor die
Chance, sich auf einem günstigeren Niveau für den erwarteten Anstieg
der Kurse zu positionieren. Als maßgebliche Argumente für diese
Einschätzung führen die Optimisten das im Vergleich nach wie vor
niedrige Bewertungsniveau vieler europäischer Aktienwerte an, die
komfortable Liquiditätslage, die immer noch vorsichtige
Positionierung vieler Anleger sowie die sich abzeichnende Erholung
der globalen Konjunktur.
Die Ansichten, welcher Aktienmarkt innerhalb der Eurozone in einem
positiven Szenario die besten Renditechancen aufweist, sind
kontrovers. Der jüngste, wenn auch noch überschaubare Anstieg der
Staatsanleiherenditen in den Peripherieländern spricht wohl
zusätzlich für die These, dass der deutsche Aktienmarkt wie schon im
Jahr 2012 die Nase vorn haben dürfte. Mit ihrer Fokussierung auf das
Exportgeschäft und der guten Positionierung auf den wichtigen
Weltmärkten bringen deutsche Unternehmen jedenfalls beste
Voraussetzungen mit, um Investoren gute Gewinnperspektiven zu bieten.
Auch in Deutschland wird bekanntlich in diesem Jahr gewählt. Aber wie
der eingangs zitierte Spruch mit den Börsen und der Politik schon
signalisiert: Dies dürfte einen Kursanstieg nur kurzzeitig stoppen -
wenn überhaupt.
(Börsen-Zeitung, 2.3.2013)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Frankfurt (ots) - Politische Börsen haben kurze Beine. Die in der
Summe recht moderate Reaktion der europäischen Aktienmärkte auf das
Patt nach den Parlamentswahlen in Italien haben diese These einmal
mehr bestätigt. Zur Tagesordnung können Investoren allerdings noch
nicht übergehen. Zerschlägt sich die Hoffnung, dass die Parteien doch
noch einen Ausweg aus dem Dilemma finden, oder verdichten sich gar
Signale, dass der notwendige Reformprozess auf der Kippe steht,
dürfte die Verunsicherung schnell wieder anschwellen - und die
Notierungen dürften aufs Neue unter Druck geraten.
Als das Wahlergebnis am vergangenen Dienstag vor Handelsbeginn
vorlag, hatten viele Anleger vorrangig ein Interesse: verkaufen.
Europaweit gerieten deshalb die Aktienindizes unter Druck, belastet
vor allem von der Schwäche im Finanzsektor. In der Folge setzte aber
bereits ein Stabilisierungseffekt ein, der beispielsweise den
EuroStoxx50 und den Dax in die Nähe der Niveaus führte, die beide
Indizes vor der Italien-Wahl hatten. Lediglich in Italien blieb die
Verunsicherung hoch. Im Wochenverlauf sackte der Mailänder Leitindex
FTSE Mib um 3,4% ab, verglichen mit dem Stand vom Jahreswechsel
notiert er nun 3,7% tiefer.
Die Perspektive ansprechender Renditen, die mancher Aktienstratege
damals insbesondere an den Börsen der Peripherieländer gesehen hatte,
haben sich also (noch) nicht bestätigt; schließlich gilt dafür ein
geradliniger Reformweg als Voraussetzung. An vielen Aktienmärkten
außerhalb des Euroraums war derweil schon eine satte Rendite zu
erzielen: Der britische Leitindex FTSE100 rückte seit Jahresbeginn
schon um 8,2% vor und der Schweizer Leitindex SMI um 11,4%. In der
Vereinigten Staaten zog der Dow Jones - trotz Haushaltsstreits -
bereits um mehr als 7% an, und in Japan kletterte der Nikkei225 in
den ersten neun Wochen des Börsenjahres um 11,7%.
In ersten Einschätzungen nach der Wahl hatten sich viele
Marktteilnehmer sehr pessimistisch gezeigt. Sie fürchteten, dass die
neue Verunsicherung zu einem erneuten kräftigen Anstieg der Renditen
der italienischen Staatsanleihen führen werde - mit entsprechenden
Effekten auf das Sentiment an den Aktienmärkten. Inzwischen hat sich
jedoch eher die Einschätzung manifestiert, dass die Parlamentswahlen
keinen 'game changer' darstellen. In den Auktionen der Italiener am
Geld- und am Anleihemarkt in der vergangenen Handelswoche, die ohne
Desaster abliefen, finden Analysten dafür bereits eine Bestätigung.
Staatspräsident Giorgio Napolitano bekräftigte vor dem Wochenende in
Berlin seine Überzeugung, dass in den kommenden Wochen eine Regierung
gebildet werden könnte. Investoren nahmen es in diesem Zusammenhang
mit besonderem Interesse auf, dass der Spitzenkandidat des
Mitte-Links-Bündnisses, Pier Luigi Bersani, eine große Koalition mit
dem ehemaligen Premier Silvio Berlusconi ablehnte, dessen Comeback
viele Marktteilnehmer sehr kritisch sähen.
Sollte die Regierungsbildung zur Hängepartie werden oder sogar
scheitern, birgt dies aber kurzfristig die Gefahr einer
Kurskorrektur. Mittel- bis langfristig überwiegt an den Aktienmärkten
indes weiterhin die Zuversicht, zumal für den Fall der Fälle die
Europäische Zentralbank bereitstünde, um Staatsanleihen aufzukaufen.
In nachlassenden Notierungen sehen viele deshalb nach wie vor die
Chance, sich auf einem günstigeren Niveau für den erwarteten Anstieg
der Kurse zu positionieren. Als maßgebliche Argumente für diese
Einschätzung führen die Optimisten das im Vergleich nach wie vor
niedrige Bewertungsniveau vieler europäischer Aktienwerte an, die
komfortable Liquiditätslage, die immer noch vorsichtige
Positionierung vieler Anleger sowie die sich abzeichnende Erholung
der globalen Konjunktur.
Die Ansichten, welcher Aktienmarkt innerhalb der Eurozone in einem
positiven Szenario die besten Renditechancen aufweist, sind
kontrovers. Der jüngste, wenn auch noch überschaubare Anstieg der
Staatsanleiherenditen in den Peripherieländern spricht wohl
zusätzlich für die These, dass der deutsche Aktienmarkt wie schon im
Jahr 2012 die Nase vorn haben dürfte. Mit ihrer Fokussierung auf das
Exportgeschäft und der guten Positionierung auf den wichtigen
Weltmärkten bringen deutsche Unternehmen jedenfalls beste
Voraussetzungen mit, um Investoren gute Gewinnperspektiven zu bieten.
Auch in Deutschland wird bekanntlich in diesem Jahr gewählt. Aber wie
der eingangs zitierte Spruch mit den Börsen und der Politik schon
signalisiert: Dies dürfte einen Kursanstieg nur kurzzeitig stoppen -
wenn überhaupt.
(Börsen-Zeitung, 2.3.2013)
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