KOBLENZ (dpa-AFX) - "Rhein-Zeitung" zum Tod von Richard von Weizsäcker
Weizsäckers Worte vom 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung waren deshalb so wahrhaftig, weil er den Kampf mit den Schatten der braunen Vergangenheit in seiner eigenen Familie, mit sich und seinem Vater schon früh ausgefochten hatte. Er sprach über sich, wenn er von den zerstörten Träumen vieler Deutscher, von dem Leid, aber auch von der Schuld und der Verantwortung redete - und er sprach über viele Deutsche, Täter und Mitläufer. Und er redete über die Kriegskinder und -enkel, die ihre Eltern und Großeltern oft verurteilt hatten, ohne ihnen vielleicht jemals richtig zugehört zu haben. Indem Richard von Weizsäcker, der einstige Hitlerjunge, frühere Wehrmachtshauptmann, der spätere Bürgerpräsident das Kriegsende einen Tag der Befreiung nannte, reichte er anderen Völkern, aber auch nachfolgenden Generationen in Deutschland, besonders den 68ern die Hand zur Versöhnung. Einer Versöhnung, die einen gemeinsamen Neuanfang wagte, ohne die Vergangenheit zu vergessen.