- von Steve Holland
Washington (Reuters) - Im Streit über neue Schutzzölle gibt sich US-Präsident Donald Trump nach massiver Kritik aus dem In- und Ausland verhandlungsbereit.
Wichtige Handelspartner, die auf die Anliegen der Vereinigten Staaten eingingen, könnten mit Entgegenkommen rechnen, twitterte Trump am Donnerstag. "Wir müssen unsere Stahl- und Aluminiumindustrie stärken und gleichzeitig große Flexibilität und Zusammenarbeit mit denen zeigen, die unseren echten Freunde sind und fair mit uns sowohl im Handel als auch militärisch umgehen." Die EU und Japan hoffen darauf, den Konflikt bei einem Treffen am Wochenende zu entschärfen. Das vom US-Präsidenten in der Vergangenheit besonders heftig attackierte China drohte mit entschlossener Vergeltung, sollten die Amerikaner ihr Vorhaben umsetzen.
Trump kündigte an, seine Zollpläne am Donnerstagabend (21.30 Uhr MEZ) bei einem Treffen im Weißen Haus voranzutreiben. Ob er dabei bereits einen konkreten Erlass unterzeichnet, ließ er offen. Mit seinem Vorstoß vergangene Woche hat er scharfe Reaktionen anderer Wirtschaftsmächte und Protest in seiner republikanischen Partei ausgelöst. Es wird befürchtet, dass die USA eine Spirale protektionistischer Gegenmaßnahmen auslösen, die in einem weltweiten Handelskrieg münden könnte. Dies belastete Börsen rund um den Globus. Hoffnungen auf eine Deeskalation sorgten am Donnerstag aber für eine gewisse Erleichterung.
Zuletzt hatte es im US-Präsidialamt geheißen, es könne Ausnahmen bei den angekündigten Schutzzöllen auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren geben. Genannt wurden in diesem Zusammenhang die Nachbarstaaten Kanada und Mexiko. Für sie soll es Regierungskreisen zufolge eine 30-tägige Schonfrist geben, die abhängig von Fortschritten bei den Neuverhandlungen des nordamerikanischen Nafta-Freihandelsabkommens auch verlängert werden könnte. Zudem verwies Trump-Sprecherin Sarah Sanders auf die Möglichkeit, auch anderen Ländern Ausnahmen einzuräumen. Dies müsse aber jeweils im Einzelfall geklärt werden. In Kraft treten sollen die Zölle rund zwei Wochen nach Unterzeichnung eines entsprechenden Erlasses, wie aus dem US-Präsidialamt verlautete.
EU WILL ESKALATION ABWENDEN
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström will am Samstag mit Vertretern der USA und Japans sprechen. Das seit Wochen geplante Treffen in Brüssel solle genutzt werden, um dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer die Position der Europäischen Union deutlich zu machen, sagte ein Vertreter der EU-Kommission. Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici betonte, die Europäer wollten zwar eine Eskalation vermeiden, aber sie bereiteten sich auf einen Gegenschlag vor, der sofort wirksam würde. Dazu gehören Zölle auf amerikanische Produkte wie Blue Jeans und Erdnussbutter.
Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange, sprach von einer vorsichtigen Reaktion, die hinter einer nach WTO-Regeln erlaubten schärferen Vergeltung deutlich zurückbliebe. "Das ist ganz bewusst gewählt, um hier keine Eskalation herbeizuführen", sagte Lange im Reuters-Interview. Die scheidende Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries forderte Trump in der ARD auf, sein Vorhaben fallenzulassen. Andernfalls sollte vor der Welthandelsorganisation (WTO) dagegen geklagt, zugleich aber auch weiter das Gespräch mit der US-Regierung gesucht werden. Im exportstarken Deutschland herrscht besondere Anspannung, seit Trump auch Schritte gegen die europäische Autobranche ins Spiel gebracht hatte.
ÄRGERNIS CHINA
Das besondere Augenmerk des US-Präsidenten gilt allerdings Billig-Importen aus China, weil sie aus seiner Sicht in den USA die Industrie schädigen und Arbeitsplätze vernichten. Der chinesische Außenminister Wang Yi sagte, sollte es zu den Schutzzöllen kommen, sei sein Land vorbereitet. Die Volksrepublik werde eine gerechtfertigte und notwendige Reaktion darauf zeigen. 2017 war der US-Fehlbetrag im Handel mit China auf den Rekordwert von rund 375 Milliarden Dollar gestiegen.
Auch in den USA versuchen Politiker und Wirtschaftsvertreter Trump zum Umdenken zu bewegen. In einem Schreiben forderten mehr als 100 republikanische Abgeordnete, auf ein pauschales Verhängen der Abgaben zu verzichten und nur gezielt gegen Billig-Importe vorzugehen. "Wir werden die Wirtschaft nicht auf ein Wachstum von über drei Prozent schieben und die Schaffung von Jobs vorantreiben, wenn wir diesen Weg gehen", warnte der Vorsitzende der US-Handelskammer, Tom Donohue. Der Chef der US-Großbank Morgan Stanley (NYSE:MS), James Gorman, nannte die Zollpläne eine "schlechte Idee". Am Dienstag hatte Trumps Chef-Wirtschaftsberater Gary Cohn seinen Rücktritt erklärt. Regierungskreisen zufolge nahm der als Verfechter des Freihandels geltende Cohn auch wegen der Zölle seinen Hut.[L5N1QP2MS]