WIESBADEN/BERLIN (dpa-AFX) - In Deutschland leben weniger Türken, dafür kommen mehr Menschen aus Osteuropa. Auch viele Bürger aus den krisengeschüttelten Mittelmeerstaaten wagten 2011 einen Neuanfang in der Bundesrepublik. Zu wenige aber kämen aus Ländern außerhalb der EU, sagt Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Er fordert trotz des Rekord-Zuzugs eine 'offensive Willkommens-Politik'.
Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden (Destatis) macht jedes Jahr am 31. Dezember einen 'Schnappschuss' vom Ausländerzentralregister. Am Mittwoch wurde das neueste Bild veröffentlicht - Ergebnis: Am Jahresende 2011 lebten 6,93 Millionen Menschen mit ausschließlich ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland. Das waren 2,6 Prozent oder 177 300 Menschen mehr als im Vorjahr. Destatis-Mitarbeiter Gunter Brückner sprach vom 'höchsten Zuwachs seit 15 Jahren'. Zwei Gründe macht Brückner dafür verantwortlich: Die Freizügigkeit innerhalb der EU und die Finanzkrise in den Mittelmeerstaaten.
Migrationsexperte Reiner Klingholz findet es 'gut, dass der europäische Arbeitsmarkt so flexibel ist, dass er das Überangebot, das wir in Krisenländern haben, relativ schnell nach Deutschland bringt, wo es eine starke Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften gibt'. Zuwanderer aus Ländern in Südeuropa wie Griechenland 'landen sicher direkt im Arbeitsmarkt'.
Bei Zuwanderern aus Osteuropa sei das möglicherweise eher der Niedriglohnsektor, aber auch dort gebe es - wie zum Beispiel in der Pflege - viele offene Stellen. Polen bilden nach Italienern inzwischen die größte Gruppe unter den EU-Ausländern. Knapp 50 000 Polen mehr kamen 2011 nach Deutschland als 2010, fast eine halbe Million Polen lebten Ende des Jahres in Deutschland. 'Die Polen sind die mobilsten Arbeitskräfte in Europa', erklärt Klingholz.
Dass die Türken seit Jahren weniger werden, liege nur zum Teil an dem erschwerten Familiennachzug. Viele gingen auch bewusst zurück, sagt Klingholz - nicht nur Rentner, sondern auch junge, gut ausgebildete Türken, 'die sich in der Türkei eine bessere ökonomische Zukunft erhoffen und damit vermutlich nicht falsch liegen.' Die Brandthesen von Thilo Sarrazin seien widerlegt: 'Wir haben in Saldo eine Abwanderung in muslimische Länder.'
Dass so viele Ausländer in Deutschland leben, liege auch daran, dass Deutschland eine der schlechtesten Einbürgerungsquoten von Europa habe, kommentiert Memet Kilic, Sprecher für Migrationspolitik der Grünen im Bundestag. 'Das ist eine Schande für ein Einwanderungsland.'
'Wir brauchen Zuwanderung', argumentiert auch Klingholz, Integrations-Sorgen und Arbeitsplatz-Ängsten in der Bevölkerung zum Trotz. Vor allem brauche Deutschland mehr Zuwanderung von außerhalb der EU. 2011 hat sich die ausländische Bevölkerung aus Nicht-EU-Staaten nur minimal erhöht. Immerhin stieg die Zahl um 0,5 Prozent, im Jahr zuvor war sie noch zurückgegangen. Bis 2050 verliere Deutschland ein Drittel der Menschen im heute erwerbsfähigen Alter, rechnet Klingholz vor. Um die freiwerdenden Stellen neu zu besetzen, brauche Deutschland eine 'gezielte, offensive Willkommens-Politik' und kein 'europäisches Nullsummenspiel'./sat/DP/she
Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden (Destatis) macht jedes Jahr am 31. Dezember einen 'Schnappschuss' vom Ausländerzentralregister. Am Mittwoch wurde das neueste Bild veröffentlicht - Ergebnis: Am Jahresende 2011 lebten 6,93 Millionen Menschen mit ausschließlich ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland. Das waren 2,6 Prozent oder 177 300 Menschen mehr als im Vorjahr. Destatis-Mitarbeiter Gunter Brückner sprach vom 'höchsten Zuwachs seit 15 Jahren'. Zwei Gründe macht Brückner dafür verantwortlich: Die Freizügigkeit innerhalb der EU und die Finanzkrise in den Mittelmeerstaaten.
Migrationsexperte Reiner Klingholz findet es 'gut, dass der europäische Arbeitsmarkt so flexibel ist, dass er das Überangebot, das wir in Krisenländern haben, relativ schnell nach Deutschland bringt, wo es eine starke Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften gibt'. Zuwanderer aus Ländern in Südeuropa wie Griechenland 'landen sicher direkt im Arbeitsmarkt'.
Bei Zuwanderern aus Osteuropa sei das möglicherweise eher der Niedriglohnsektor, aber auch dort gebe es - wie zum Beispiel in der Pflege - viele offene Stellen. Polen bilden nach Italienern inzwischen die größte Gruppe unter den EU-Ausländern. Knapp 50 000 Polen mehr kamen 2011 nach Deutschland als 2010, fast eine halbe Million Polen lebten Ende des Jahres in Deutschland. 'Die Polen sind die mobilsten Arbeitskräfte in Europa', erklärt Klingholz.
Dass die Türken seit Jahren weniger werden, liege nur zum Teil an dem erschwerten Familiennachzug. Viele gingen auch bewusst zurück, sagt Klingholz - nicht nur Rentner, sondern auch junge, gut ausgebildete Türken, 'die sich in der Türkei eine bessere ökonomische Zukunft erhoffen und damit vermutlich nicht falsch liegen.' Die Brandthesen von Thilo Sarrazin seien widerlegt: 'Wir haben in Saldo eine Abwanderung in muslimische Länder.'
Dass so viele Ausländer in Deutschland leben, liege auch daran, dass Deutschland eine der schlechtesten Einbürgerungsquoten von Europa habe, kommentiert Memet Kilic, Sprecher für Migrationspolitik der Grünen im Bundestag. 'Das ist eine Schande für ein Einwanderungsland.'
'Wir brauchen Zuwanderung', argumentiert auch Klingholz, Integrations-Sorgen und Arbeitsplatz-Ängsten in der Bevölkerung zum Trotz. Vor allem brauche Deutschland mehr Zuwanderung von außerhalb der EU. 2011 hat sich die ausländische Bevölkerung aus Nicht-EU-Staaten nur minimal erhöht. Immerhin stieg die Zahl um 0,5 Prozent, im Jahr zuvor war sie noch zurückgegangen. Bis 2050 verliere Deutschland ein Drittel der Menschen im heute erwerbsfähigen Alter, rechnet Klingholz vor. Um die freiwerdenden Stellen neu zu besetzen, brauche Deutschland eine 'gezielte, offensive Willkommens-Politik' und kein 'europäisches Nullsummenspiel'./sat/DP/she