- von Sabine Siebold und Philip Blenkinsop
Washington/Berlin (Reuters) - US-Präsident Donald Trump hat die EU im Stahlstreit scharf attackiert und mit höheren Steuern auch auf die Einfuhr europäischer Autos gedroht.
"Die Europäische Union - wundervolle Länder, die mit den USA im Handel sehr schlecht umgehen - beschwert sich über die Zölle auf Stahl und Aluminium", twitterte Trump in der Nacht zum Sonntag. "Wenn sie ihre grässlichen Handelsschranken und Zölle auf US-Produkte abschaffen, tun wir das auch ... Wenn nicht, besteuern wir Autos etc." EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager kündigte entschlossene Gegenwehr an und beharrte darauf, dass die EU von den Zöllen auf Stahl und Aluminium ausgenommen werden müsse. Erste Verhandlungen von Handelskommissarin Cecilia Malmström mit den USA in Brüssel brachten am Samstag aber keine Annäherung. Kommende Woche sollen die Gespräche fortgesetzt werden.
"Europa wird nicht tatenlos zusehen, sollte jemand den freien Welthandel einseitig aufs Spiel setzen", warnte Vestager in der "Bild am Sonntag". Zwar sei zunächst ein Dialog mit den USA nötig. "Aber sollten die neuen Zölle wirklich Europa treffen, werden wir Gegenmaßnahmen ergreifen. Wir haben über Jahrzehnte hinweg ein globales Handelssystem aufgebaut. Der europäische Wohlstand und Millionen von Arbeitsplätzen hängen davon ab."
Handelskommissarin Malmström bezeichnete die ersten Gespräche mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer als offenen Austausch. In der Diplomatensprache ist dies gewöhnlich die Umschreibung für einen Streit. Das Treffen mit Lighthizer habe keine Klarheit darüber gebracht, wie genau die USA sich die Mechanismen vorstellten, nach denen bestimmte Länder von den Zöllen ausgeklammert werden könnten, sagte Malmström. Die EU als enger Partner der USA in Sicherheit und Handel müsse aber ausgenommen werden.
Japans Handelsminister Hiroshige Seko, der sich in Brüssel ebenfalls mit Lighthizer traf, rief zur Besonnenheit auf. Der US-Beauftragte selbst äußerte sich nach den Gesprächen nicht. Trump hatte am Donnerstag Zölle von 25 Prozent auf Stahlimporte und zehn Prozent auf Aluminiumeinfuhren verhängt und damit die Furcht vor einem Handelskrieg geschürt. Ausgenommen sind bisher Kanada und Mexiko, möglicherweise auch Australien und weitere Staaten. Die EU prüft nun Importabgaben auf US-Waren wie Whiskey und Erdnussbutter. Auch China und andere Länder drohen mit Gegenmaßnahmen.
CHINA - IN EINEM HANDELSKRIEG GIBT ES KEINE GEWINNER
China warnte vor gefährlichen Folgen für die Weltkonjunktur. "In einem Handelskrieg gibt es keine Gewinner", sagte Handelsminister Zhong Shan in Peking. "Er wird China und die USA und die Welt nur in die Katastrophe stürzen." China wolle einen solchen Konflikt nicht und sei bereit, seine Interessen resolut zu verteidigen. Nötig sei aber ein Dialog.
Die USA sind der weltgrößte Stahl-Importeur. 2017 kauften sie 35 Millionen Tonnen des Rohmaterials. Aus China stammte davon nur ein kleiner Teil. Der Wirtschaftsboom in China hat jedoch zu einem Überangebot an Stahl beigetragen, das die Preise in den Keller getrieben hat. Trump will mit den Zöllen Jobs in den USA sichern. Auch die Auto- und Ölindustrie in den USA ist jedoch auf Stahl- und Aluminium-Einfuhren angewiesen. Viele Ökonomen warnen daher, dass die Preissteigerungen in diesen Branchen mehr Stellen vernichten werden als an anderer Stelle erhalten werden.
ZYPRIES RUFT EUROPÄER ZUR GESCHLOSSENHEIT AUF
Bundeswirtschaftsministerin Zypries warf Trump vor, mit seiner Politik die freie Weltwirtschaft zu gefährden. "Er will deren Architektur nicht verstehen, die auf einem regelbasierten System offener Märkte beruht", sagte die scheidende Ministerin der Nachrichtenagentur Reuters. Wer dies in Frage stelle, setze Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung aufs Spiel. "Es ist wichtig, dass Europa gemeinschaftlich zeigt, dass es auch Gegenmaßnahmen geben kann und dass die Allianz (DE:ALVG) der Freihändler nicht bröckeln wird", betonte Zypries.
Für die deutsche Wirtschaft sind vor allem Trumps Drohungen mit Zöllen auf europäische Autos heikel. "Zölle auf Autos hätten für Deutschland ganz andere Auswirkungen als Zölle auf Stahl", sagte der Außenhandelsexperte des ifo-Instituts, Gabriel Felbermayr, der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die Branche sei für die deutsche Volkswirtschaft "systemisch relevant" und die USA ein wichtiger Markt.
Finanzstaatsekretär Jens Spahn warb für eine Verhandlungslösung. "Wir Europäer müssen geschlossen und entschlossen auftreten und unsere amerikanischen Partner zu überzeugen versuchen", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der "Funke-Mediengruppe" (Montagausgabe). Ein Handelskrieg nutze niemandem. Auch Kanzlerin Angela Merkel gibt Gesprächen den Vorzug. Eigentlich strebe die EU mit den USA ein Handelsabkommen an, das Barrieren abbaue und nicht weitere hinzufüge, spielte sie am Freitag auf die Gespräche über das Freihandelsabkommen TTIP an, die seit Anfang 2017 auf Eis liegen.