US-Notenbankchefin Janet Yellen zeigt sich von der Kritik Donald Trumps unbeeindruckt. In ihrem ersten öffentlichen Auftritt nach Trumps Wahlsieg stellte sie am Donnerstag in Washington eine Leitzinserhöhung im Dezember in Aussicht. Zudem beteuerte sie, sie werde bis zum Ende ihrer Amtszeit Ende Januar 2018 ihre Arbeit machen. Der künftige US-Präsident hatte im Wahlkampf vor Zinserhöhungen gewarnt und den Kurs Yellens kritisiert.
Der US-Leitzins könnte "relativ bald" erhöht werden, sagte Yellen vor dem Kongress. Als Voraussetzung nannte sie weitere Fortschritte bei den US-Wirtschaftsdaten. Die nächste Sitzung des zuständigen Offenmarktausschusses der Notenbank Federal Reserve ist für den 13. und 14. Dezember angesetzt - Trump tritt sein Amt am 20. Januar an.
Trump hatte im Wahlkampf vor einer Erhöhung des US-Leitzinses gewarnt, weil dies den Dollar stärken und folglich den US-Handel in der Konkurrenz mit China und anderen Ländern schwächen könne. Der Republikaner äußerte sich damals auch generell kritisch über die Demokratin Yellen und stellte in Aussicht, dass er sie wahrscheinlich nach Ablauf ihrer derzeitigen Amtsperiode ablösen werde.
Die 70-jährige Yellen versicherte nun am Donnerstag vor einem Kongressausschuss: "Es ist meine volle Absicht, die Amtszeit zu vollenden." Und sie erklärte, Zentralbanken müssten "manchmal Dinge tun, die nicht beliebt sind". In Ländern, in denen die Notenbank "politischem Druck ausgeliefert ist, haben wir schreckliche Dinge gesehen", warnte sie.
Zur Frage, wie sie die Vorschläge Trumps sehe, zur Ankurbelung der Wirtschaft die Ausgaben zu erhöhen und die Steuern zu senken, sagte Yellen, die neue Regierung müsse die Kosten und Nutzen abwägen. Sie sollte sich darauf konzentrieren, die Produktivität zu steigern.
Derzeit mache die Wirtschaft "sehr gute Fortschritte", sagte Yellen weiter. Deshalb habe das Urteil des Offenmarktausschusses vom November Bestand. Die Fed hatte Anfang des Monats erklärt, die Argumente für eine Zinserhöhung seien nochmals stärker geworden.
Laut am Donnerstag veröffentlichten Zahlen zog die US-Inflation im Oktober deutlich an; die Verbraucherpreise stiegen um 1,6 Prozent. Die Fed peilt eine jährliche Rate von zwei Prozent an, in der sie den besten Wert für die Preisstabilität und eine gesunde Arbeitsmarktsituation sieht.
Die Arbeitslosenquote in den USA lag Ende Oktober bei 4,9 Prozent und damit in etwa auf dem gleichen Stand wie seit einem Jahr. Die Bilanz beim Stellenzuwachs ist derzeit solide. Aktuelle Zahlen vom Donnerstag deuten auf eine Fortsetzung des positiven Trends am US-Arbeitsmarkt hin. Nach Angaben des Arbeitsministeriums sank die Zahl der Anträge auf Arbeitslosenhilfe in der Woche vom 6. bis 12. November auf 235.000 - dies ist der niedrigste Stand seit 43 Jahren.