FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Wahlsieg Donald Trumps hat an den Finanzmärkten zu Schockreaktionen geführt. Volkswirte fühlen sich an den für viele überraschenden Ausgang des Brexit-Votums erinnert. Die Folgen für die globale Wirtschaft könnten jedoch dieses Mal schlimmer sein. Unklar sei unterdessen, wie viele seiner im Wahlkampf geäußerten Pläne Trump als Präsident tatsächlich umsetzen kann.
Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank: "Das ist ein politisches Erbeben. (...) Mit einem Protektionisten Trump im Weißen Haus drohen schwere Handelskonflikte. Außerdem wird der Erfolg Trumps den Anti-Establishment-Parteien in Europa Aufwind geben. Die Selbstzerfleischung des Westens geht weiter. Für die Märkte ist Trumps Sieg ein weit größeres Problem als der Brexit."
Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der DZ Bank: "Wenn Donald Trump seine Wahlversprechen tatsächlich umsetzt und er ein spürbares Konjunkturprogramm für die US Wirtschaft initiiert, sollte die US-Konjunktur zunächst profitieren und damit auch die wichtigsten Handelspartner. Mittelfristig dürfte der Politikentwurf von Donald Trump jedoch zu einer spürbar geringeren Wachstumsdynamik binnenwirtschaftlich wie global führen. Somit wird die zunächst negative Entwicklung an den Kapitalmärkten wohl kurzfristig überzeichnet sein, mittelfristig aber als berechtigt erscheinen."
Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank: "Während einige seiner regulatorischen und steuerrechtlichen Pläne die US-Wirtschaft angebotsseitig etwas stützen könnten, könnte Trumps stark protektionistische Neigung dem Wachstum in den USA und bei Handelspartnern im Trend deutlichen Schaden zufügen. Es könnte außerdem ein schlechtes Beispiel für andere Länder sein."
Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank: "Es erinnert vieles an den Brexit. Ein als unwahrscheinlich geltendes Ereignis wurde Wahrheit. Donald Trump gewinnt die US-Präsidentschaftswahl und stößt damit die Welt vor den Kopf. Die Verunsicherung ist an den Finanzmärkten entsprechend hoch. Bleibt Trump bei seiner harten außenwirtschaftlichen Linie, verspricht dies nichts Gutes. Wahrscheinlich muss sich Donald Trump aber den Fakten stellen und zurückrudern."
Neil Shearing, Ökonom beim Londoner Analysehaus Capital Economics: "Trump hat versprochen, das Handelsabkommen Nafta neu zu verhandeln, aber selbst mit einem republikanischen Repräsentantenhaus und Senat ist es schwer, sich das im Detail vorzustellen. Es ist aber festzuhalten, dass der Präsident die Macht hat, einseitig aus Nafta auszusteigen, was die Handelsbeziehungen wieder auf die Zeiten vor dem Vertrag zurückwerfen würde.