Brüssel (Reuters) - Italien stößt mit seinen umstrittenen Haushaltsplänen auch beim EU-Gipfel auf Kritik.
"Jede Überschuldung halte ich für gefährlich", sagte Österreichs Kanzler Sebastian Kurz am Donnerstag in Brüssel mit Blick auf den Budgetentwurf der populistischen Regierung in Rom. Auch andere EU-Regierungschefs mahnten, dass der Stabilitätspakt eingehalten werden müsse. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte sagte, er erwarte wegen des Etatvorschlags Kritik von der EU-Kommission, aber ebenso eine konstruktive Diskussion. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici will einem Insider zufolge noch am Donnerstag einen Brief mit den Bedenken der Brüsseler Behörde an die italienische Regierung überreichen. Er könnte ein erster Schritt dahin sein, dass die Kommission den Haushalt ablehnt.
Bei den Gipfelberatungen über die Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion stand Italiens Etat offiziell nicht auf der Agenda. Es wurde aber erwartet, dass Conte den EU-Partnern die Haushaltspläne erläutert. Zur Finanzierung kostspieliger sozialpolitischer Wahlversprechen plant die Regierung aus rechter Lega und populistischer Fünf-Sterne-Bewegung 2019 eine deutlich höhere Neuverschuldung als von der Vorgängerregierung in Aussicht gestellt. Das Haushaltsdefizit in dem hoch verschuldeten Land soll 2,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) betragen - dreimal so viel wie ursprünglich vorgesehen. Aus der EU-Kommission kam bereits Kritik. Sie mahnte, in guten Zeiten vorzusorgen, um die Schulden unter Kontrolle zu halten. Bevor die Brüsseler Behörde aber eine Ablehnung des Budgets einleite, erwarte sie eine Antwort aus Rom und möglicherweise Änderungen, verlautete aus EU-Kreisen.
"ES GIBT KEINE SPALTUNG"
"Ich weiß, dass dies nicht der Haushalt ist, den die Kommission erwartet hat", räumte Conte ein. "Ich erwarte eine kritische Betrachtung. Wir werden das diskutieren und wir werden auf Bemerkungen entgegnen." Conte betonte, die Koalition in Rom sei sich in der Etat-Frage einig: "Es gibt keine Spaltung". Eurogruppen-Chef Mario Centeno geht davon aus, dass die Währungsunion die Krise meistern wird. "In den vergangenen zehn Jahren hat der Euro eine große Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen gezeigt", sagte der Vorsitzende der Finanzminister der Euro-Länder. Auch die Etatpläne Italiens seien zu bewältigen.
Die Maastricht-Kriterien müssten für alle gelten, mahnte Kurz. Es sei sehr negativ, dass es in der Vergangenheit Ausnahmen für große Staaten gegeben habe. "Die Maastricht-Kriterien stellen Stabilität sicher und verhindern eine Überschuldung von Staaten, die gefährlich für die Staaten, aber vor allem auch gefährlich für ganz Europa sein kann." Österreich strebe für 2019 erstmals einen ausgeglichenen Haushalt an. "Das ist richtige Weg. Den sollten andere Staaten auch gehen."
Die italienische Regierung bleibt mit der angepeilten Neuverschuldung zwar unter der EU-Obergrenze von drei Prozent. Italien ist nach Griechenland aber das am höchsten verschuldete Euro-Land: Der Schuldenberg entspricht rund 130 Prozent des BIP, während die EU-Verträge eine Obergrenze von 60 Prozent vorsehen.
Das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), Ewald Nowotny, hält Vergleiche zwischen Griechenland und Italien für unangemessen. Die wirtschaftlichen Grundlagen Italiens seien recht gut. Die jüngsten Marktreaktionen seien allerdings ein klares Warnsignal für Italien, sagte der österreichische Notenbankchef in Wien. Das Haushaltsdefizit komme aus den Zinszahlungen. "Ohne Zinszahlungen hätten sie einen Überschuss im Budget", erklärte er. "Aber natürlich heißt das umgekehrt, wenn die Zinsen hinaufgehen, wird dieses Defizit weiter steigen."