PARIS/LONDON (dpa-AFX) - US-Notenbankchefin Janet Yellen hat mit ihren Aussagen zu möglichen Zinserhöhungen an den wichtigsten europäischen Aktienmärkten am Donnerstag für Verluste gesorgt. Die Fed habe nach ihrer Zinssitzung einen härteren Ton angeschlagen, sagten Börsianer. Laut Yellen könnte es schon 'etwa sechs Monate' nach dem Ende der milliardenschweren Anleihenkäufe zur ersten Zinserhöhung kommen, was viele Anleger nicht erwartet hatten. Der EuroStoxx 50 (DJX:SX5E) verlor am Vormittag 0,84 Prozent auf 3050,63 Punkte. Der Pariser Cac 40 (PSE:PCAC) fiel um 0,70 Prozent auf 4277,72 Punkte. In London sank der FTSE 100 (ISE:UKX) um 0,93 Prozent auf 6511,80 Punkte.
Die US-Notenbank steuert zusehends auf eine Normalisierung ihrer ultralockeren Geldpolitik zu. Das Anleihekaufprogramm reduzierten die US-Währungshüter auf ihrer Sitzung am Vortag wie erwartet um weitere 10 Milliarden Dollar im Monat. Zusätzlich stehen aber mit den Kommentaren von Yellen nun die ersten Leitzinserhöhungen früher an als von vielen Marktteilnehmern erwartet. Steigende Zinsen erhöhen die Attraktivität von Anleihen im Vergleich mit Aktien. Die Marktreaktion sei überraschend deutlich ausgefallen, sagte Händler Markus Huber vom Broker Peregrine & Black. Viele Händler hätten nach den politischen Turbulenzen der jüngsten Zeit und dem negativen Effekt auf die Aktienmärkte eher auf stützende Kommentare Yellens gesetzt.
Europaweit lagen die Titel von Versicherern (DJX:SXIP) gut im Rennen. Der entsprechende Branchenindex des Stoxx Europe 600 (DJX:SXXP) zog um 0,33 Prozent an. Händler sprachen davon, dass die Aussicht auf steigenden Anleiherenditen die Aussichten der mit dem Zinstief kämpfenden Branche verbessere. Titel des französischen Versicherers Axa (PSE:PCS) (ETR:AXA) stiegen an der EuroStoxx-Spitze um fast drei Prozent. Papiere des Finanzkonzerns ING (ASX:INGA) (FSE:INN) gewannen mehr als ein halbes Prozent. Die Niederländer waren in den USA ein Aktienpaket an ihrem US-Versicherer für 1,2 Milliarden Dollar (rund 850 Mio Euro) losgeworden.
Schwächste Branche waren Immobilienkonzerne (DJX:F1GF) mit fast anderthalb Prozent Abschlag. Aktien des britischen Immobilienkonzerns Intu Properties fielen um fast fünf Prozent, weil das Unternehmen zum Kauf von Objekten neue Aktien ausgeben und damit 500 Millionen Pfund erlösen will. Auch andere britische Unternehmen aus dem Sektor gaben deutlich nach. Die sensible Reise- und Freizeitindustrie tat sich ebenfalls schwer (DJX:Q1G) mit einem Prozent minus, Tui Travel (FSE:T7L)
Credit Agricole (PSE:PACA) (FSE:XCA) gaben gut ein viertel Prozent nach und damit im Pariser Leitindex Cac 40 vergleichsweise wenig. Die Bank peilt dank der Wirtschaftserholung in ihren Hauptmärkten und des Konzernumbaus in den kommenden Jahren einen Gewinnsprung an. Bis 2016 soll der jährliche Gewinn auf mindestens vier Milliarden Euro steigen.
Next (ISE:NXT) (FSE:NXT) gewannen als einer der FTSE-100-Favoriten über anderthalb Prozent, nachdem der zweitgrößte britische Modehändler zum ersten Mal in seiner 32-jährigen Geschichte mit dem Vorsteuergewinn im Vorjahr an Rivale Marks & Spencer (ISE:MKS) (FSE:MKS) vorbeizog. GlaxoSmithKline (ISE:GSK) (FSE:GS7) rutschten mehr als zwei Prozent ab, nachdem der Pharmakonzern bei einem Wirkstoff in einer klinischen Studie einen Misserfolg erzielt hatte.