FRANKFURT (dpa-AFX) - Die europäischen Aktienmärkte dürften laut der Privatbank Berenberg gegenüber anderen Regionen attraktiver werden. "Europas Stärken setzen sich durch", zeigte sich Matthias Born, Leiter des Bereichs Investments, am Dienstag bei einem Pressegespräch in Frankfurt überzeugt. Im Vergleich zum Höhepunkt der Finanzkrise im Jahr 2008 seien nun mit den stark gelaufenen Sektoren Konsum, Gesundheit, Industrie und Technologie solche Branchen stärker in den einschlägigen Indizes gewichtet, die ein besseres Wachstumsprofil als der europäische Gesamtmarkt aufwiesen.
Seit der Finanzkrise hinkt der europäische Markt den US-Börsen (ETR:SXR4) und auch dem weltweiten Aktienmarkt hinterher. Ein Grund dafür ist Born zufolge die Schwäche der Finanzwerte. Die Branche habe aber mittlerweile in der Gewichtung der Sektoren an Bedeutung eingebüßt. Ein weiterer Grund sei das nur verhaltene Gewinnwachstum der europäischen Unternehmen, das bis heute anhalte. Insbesondere gegenüber den stark wachsenden Technologie-Konzernen aus den USA können die Unternehmen diesseits des Atlantiks seit langem nicht mithalten.
Dennoch lassen sich laut Born auch in Europa attraktive Renditen erzielen, wenn man selektiv vorgehe. "Wir empfehlen einen Ansatz, der auf Europas Stärken setzt", sagte der Berenberg-Experte. So könne sich langfristig ein Engagement im Bereich der Halbleiter- beziehungsweise Halbleiter-Ausrüstungsbranche lohnen. Unternehmen aus diesem Sektor verfügten oft über herausragende Wettbewerbspositionen und dürfen so von den aller Voraussicht nach stark wachsenden Investitionen in "Künstliche Intelligenz" profitieren.
Interessant sind Born zufolge auch die Hersteller von Luxusgütern. In diesem Sektor kämen die erfolgreichsten Marken aus Europa. Zudem verfügten viele Branchenunternehmen über eine starke Preissetzungsmacht und besäßen hohe Marktanteile.
Kurzfristig allerdings könnten die genannten Sektoren unter Druck geraten, weil sie stark zyklisch geprägt seien. Wirtschaftliche Sorgen im Zuge steigender Zinsen oder politische Risiken wie etwa eine Verschärfung des Handelskonflikts mit China würden die Kurse deutlich belasten, sagte Born.
Das gesamtwirtschaftliche Bild ist derweil Berenberg zufolge recht günstig. Zwar dürften in den kommenden Monaten die deutlichen Zinsanhebungen der Notenbanken im Kampf gegen die hohe Inflation weiter auf die Wirtschaft durchschlagen, doch eine scharfe Rezession sei nicht zu erwarten. Angesichts des immer noch robusten Arbeitsmarktes sollte die Konjunktur in Europa im kommenden Jahr wieder an Schwung gewinnen.