FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 16. Oktober 2014. Trotz überwiegend starker US-Unternehmenszahlen bleiben die Aktienmärkte angeschlagen. Anleger hoffen auf einen kurzen Schwächeanfall mit baldiger Genesung.
Der Einbruch an den Aktienbörsen trifft nun auch die bislang als robust geltenden US-Indizes. Sowohl S&P 500 als auch der Dow Jones Industrial sind unter die wichtige 200-Tage-Linie gefallen. Auch mit den bedeutendsten MSCI-Länderindizes aus Nord- und Lateinamerika, Europa sowie Asien-Pazifik ging es bergab. "Weniger als die Hälfte dieser Indizes notieren in diesem Jahr noch im Plus", bemerkt Markus Reinwand von der Helaba.
"Auf diesen hohen Kursniveaus war eine Korrektur überfällig", urteilt Walter Vorhauser von der Close Brothers Seydler Bank. "Viele Aktien haben sich in den vergangenen Jahren verdoppelt." Angesichts fallender Rohölpreise und dem absehbaren Ende der ultralockeren Geldpolitik in den USA hätten Fonds-Gesellschaften erst einmal Kasse gemacht und warteten vermutlich ab, wie es weitergeht. "Die niedrige Ölnachfrage ist ein Indikator für eine schwache Wirtschaftstätigkeit." Auch trügen Themen wie Ebola und der Kampf gegen die Terrororganisation Islamistischer Staat zur Unsicherheit der Investoren bei.
Vorhauser geht davon aus, dass die Dauer der Schwächephase überschaubar sein wird. "Im kommenden Jahr kann es durchaus wieder nach oben gehen." Der Händler beschreibt die derzeitige technische Situation als "Korrektur im Aufwärtstrend". Übergeordnet befinde sich der Markt weiterhin im Bullenmodus. Eine Wende gebe es erst bei deutlich höheren Abschlägen. "Allerdings müssen Anleger in den kommenden zwölf Monaten mit größerer Volatilität rechnen." Nach einer ausgedehnten Periode in nur eine Richtung, sei dies eine normale Entwicklung.
Unternehmenserfolge zählen
"Lange Zeit wurden rückläufige Frühindikatoren, negative Gewinnrevisionen und eine zu hohe Bewertung von den Marktteilnehmern mehr oder weniger ausgeblendet", meint Reinwand. Im Fokus hätte vielmehr die hohe Liquidität und der damit verbundene Anlagenotstand gestanden. Diese Einstellung habe sich scheinbar gewandelt. Investoren bezweifelten, ob die große Geldmenge und niedrige Zinsen weitere Kurszuwächse rechtfertigten. Somit rückten die Gewinnaussichten der Unternehmen zur Beurteilung der angemessenen Bewertung wieder stärker in den Vordergrund.
Finanzindustrie überzeugt
Diese könnten sich größtenteils sehen lassen. "Über die Hälfte der in der laufenden Berichtssaison veröffentlichen US-Quartalszahlen waren besser als erwartet", registriert Roland Stadler von der Baader Bank. Bei JP Morgan Chase (WKN 850628) laufe es beispielsweise trotz knapp verfehlter Erwartungen gut. In den vergangenen drei Monaten habe die nach Bilanzsumme größte US-Bank 5,57 Milliarden US-Dollar oder 1,36 US-Dollar pro Aktie verdient. Den Rückgang der Aktie auf rund 38,50 US-Dollar sieht Stadler eher in der Gesamtmarktbewegung begründet.
Amerikaner bleiben in Shopping-Laune
Auch die Aktie von American Express (WKN 850226) notiert leicht im Minus bei derzeit 62,70 Euro und hat damit seit Veröffentlichung der Ergebnisse rund 2,8 Prozent verloren. Dennoch seien die Verbraucher nach wie kauffreudig. Das Kreditkartenunternehmen verbuche mit 1,2 Milliarden Euro einen 8 Prozent höheren Gewinn als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. "Allerdings wurden auch hier die Analysten-Erwartungen nicht ganz getroffen."
Geldsegen für BlackRock
Gegen den Strom schwimmt BlackRock (WKN 928193). Nach Bekanntgabe der Zahlen am gestrigen Mittwoch stieg die Aktie des größten Vermögensverwalters der Welt von 231,0 Euro auf aktuell 245,0 Euro. "BlackRock profitiert von den Mittelabflüssen im Bereich festverzinsliche Produkte bei der Fondsgesellschaft Pimco", bemerkt Stadler. Von den zusätzlichen Kundengeldern in Höhe von 28,7 Milliarden US-Dollar seien gut 11 Milliarden in Bonds geflossen. Insgesamt verwaltet Blackrock mit 4,52 Billionen US-Dollar 10 Prozent mehr Vermögen als vor einem Jahr.
Fokussierung der City Group kommt an
Gut verdient hat auch die Citigroup (WKN A1H92V). "Die Zahlen lagen leicht über den Erwartungen", weiß Vorhauser. Die Bank wolle sich künftig auf margen- und wachstumsstarke Märkte konzentrieren und in diesem Zug das globale Retail-Banking ausdünnen. "Citigroup zieht sich aus elf Ländern, dazu gehören Japan und Südkorea, ganz zurück." Anleger haben zunächst positiv reagiert und der Aktie einen Schub auf 40,50 Euro gegeben. "Allerdings konnte sich der Wert dem allgemeinen Sog nicht entziehen." Aktuell notiert das Unternehmen bei 37,80 Euro.
PC-Geschäft füllt Intels Kassen
Überzeugende Ergebnisse legte der Halbleiterkonzern Intel (WKN 855681) für das abgelaufene Quartal vor. Die Aktie den Unternehmens zog daraufhin in der Spitze über 26,0 Euro an, bevor sie sich den Marktbedingungen beugen musste. "Erstmals hat der Konzern mehr als 100 Millionen Prozessoren für PCs und Tablets innerhalb von drei Monaten ausgeliefert", bemerkt Vorhauser. Der totgesagte PC-Markt sei wiederbelebt worden, viele Konzerne hätten aufgerüstet und die Computer an die heutigen Anforderungen hinsichtlich Geschwindigkeit und Speicherkapazität angepasst. Nur der Bereich Mobile Communications fahre Verluste ein.
von Iris Merker, Deutsche Börse AG
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© 16. Oktober 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)