FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 5. März 2014. Die Krim-Krise bringt die Anleger kaum aus der Ruhe. Insbesondere die Bären könnten auf deutlich tiefere DAX-Stände aus sein, bevor sie aktiv würden - ein gutes Zeichen für den Markt.
Seit dem vergangenen Wochenende hat der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland sowohl die Finanzmärkte als auch die Medien beherrscht. Dennoch scheinen sich viele Kommentatoren nicht im Klaren darüber zu sein, wie sie die jüngsten Vorgänge auf der Krim einstufen sollen. Denn es lässt sich nur schwerlich beurteilen, ob es sich - was Präsident Putin dementierte - tatsächlich um eine russische Invasion der Halbinsel handelt. Weil tausende uniformierte Soldaten, die in den vergangenen Tagen auf der Krim auftauchten, angeblich gar nicht dem russischen Militär angehören sollen. Aber offenbar haben die Teilnehmer an den Finanzmärkten begriffen, dass es sich bei vielen der Fernsehbilder, die während der vergangenen 48 Stunden im Wirtschafts-TV um die Welt gingen keineswegs um Live-Berichterstattungen aus den Krisengebieten, sondern vielfach um Archivbilder militärischer Manövern mitten in Russland handelte. Mit anderen Worten: Nach dem massiven Abverkauf des DAX zum Wochenbeginn konnten die Aktienkurse einen Großteil ihrer Verluste wieder wettmachen, so dass in der Punktbetrachtung unserer jüngsten Sentiment-Erhebung ein Wochenminus von 1,4 Prozent übrig bleibt.
Interessanterweise hat sich die Stimmung der mittelfristig orientierten Marktteilnehmer, die die Börse Frankfurt allwöchentlich befragt, nicht wesentlich verändert, was angesichts der unübersichtlichen geopolitischen Lage aber auch nicht weiter verwundert. Normalerweise hätten in einem weniger schwierigen und unsicheren politischen Umfeld die von uns in der Vorwoche ausgemachten Pessimisten nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit die gefallenen Kurse zu Eindeckungen im großen Stil genutzt - derartige temporäre Käufe gab es zwar, aber nur in geringem Umfang. Da die Zahl der Optimisten der Vorwoche ebenfalls in fast gleichem Umfang gesunken ist, ergibt sich für unseren Bull/Bear-Index lediglich eine geringe Verschiebung nach unten.
Auch Privatanleger lassen sich nicht verunsichern
Auch bei den Privatanlegern hat der Optimismus kaum gelitten und liegt - gemessen an einem Bull/Bear-Index von 61,6 Punkten - immer noch deutlich über dem der institutionellen Akteure. Das Verhalten der Akteure insgesamt passt auch zu einer Studie von Schroders, wonach 73 Prozent der aktiven deutschen Anleger Dividendentitel für vielversprechend halten. Mehr noch: Damit wurde sogar der entsprechende Wert für die USA (64 Prozent) bei dieser Befragung unter mehr als 15.000 aktiven Anlegern aus 23 Ländern deutlich übertroffen!
Somit erhalten wir mit der jüngsten Sentiment-Erhebung ein Bild des Abwartens, was sich auch am bislang höchsten Stand neutral gestimmter Akteure in diesem Jahr zeigt. Allerdings möchten die Pessimisten im Gegensatz zur Vorwoche nunmehr Abschläge in Richtung 9.200 DAX-Zähler sehen, bevor mit dem Gros ihrer Nachfrage zu rechnen ist. Sollte sich die wahrgenommene politische Situation in der Ukraine unterdessen nicht dramatisch verschlechtern, kämen die Pessimisten bereits vor Erreichen neuer Allzeithochs recht schnell unter Zugzwang und müssten dann den steigenden Kursen hinterherlaufen.
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von Joachim Goldberg, cognitrend für boerse-frankfurt.de
© 5. März 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)