FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 22. Mai 2013. Die starken Abflüsse aus Goldverbriefungen setzen sich fort. Doch auch von anderen Rohstoffen wollen Anleger nicht mehr viel wissen.
Rohstoffinvestoren können sich im Moment wohl kaum des Eindrucks erwehren, aufs falsche Pferd gesetzt zu haben. Im Gegensatz zu Aktien kennen die meisten Rohstoffe in diesem Jahr nämlich nur eine Richtung: nach unten. Gold, lange Zeit Fluchtwährung der von Inflationsängsten geplagten Anleger, hat sich auch im Mai weiter verbilligt. Dazu trug zuletzt auch der stärkere US-Dollar bei, der Rohstoffinvestitionen für Nichtamerikaner verteuert. Gleichzeitig ist die Volatilität im Markt nach Ansicht von Daniel Briesemann von der Commerzbank gestiegen: 'Es sind viele kurzfristig orientierte Marktteilnehmer unterwegs, die auf den schnellen Gewinn aus sind.'
Der Preis für eine Feinunze Gold ist jedenfalls wieder unter die Marke von 1.400 US-Dollar gerutscht - den tiefsten Stand seit über zwei Jahren. Am heutigen Mittwoch liegt der Preis bei 1.383 US-Dollar, Anfang Oktober vergangenen Jahres waren es noch fast 1.800 US-Dollar für die Feinunze. In Euro gerechnet kostet das Edelmetall aktuell 1.072 nach 1.390 Euro im Herbst.
Gold wieder teurer?
'Die Staatsschuldenkrise hat an Brisanz verloren, außerdem ist die Inflation deutlich zurückgegangen', erläutert Bastian Hepperle von der DekaBank. Zwar hätten Privatanleger auch nach dem Goldpreiseinbruch im April noch massiv Münzen und Barren gekauft, das könne an dem großen Trend heraus aus dem Edelmetall aber nicht viel ändern. Auch für die Zukunft erwartet die Bank keinen Preisanstieg. 'Ein Wiederaufbrechen der starken Unsicherheit aufgrund der Eurokrise wird es eher nicht geben. Gold hat an Glanz verloren.'
Die Commerzbank sieht das allerdings anders: 'Wir gehen für die zweite Jahreshälfte von wieder anziehenden Edelmetallpreisen aus', bemerkt Briesemann. Die ultralockere Geldpolitik in den USA, Europa und Japan, extrem niedrige Realzinsen, die hohe Nachfrage nach Barren und Münzen von Seiten der Privatanleger, die hohe Schmucknachfrage und Käufe seitens der Zentralbanken sprächen für steigende Notierungen. 'Wir prognostizieren 1.700 US-Dollar zum Jahresende.'
Ausverkauf bei Edelmetall-ETCs
Gold-ETCs stehen jedenfalls wieder einmal auf den Verkaufslisten, wie Händler einhellig berichten. Laut Bernhard Wenger von ETF Securities war vor allem der ETFS Physical Gold (WKN A0N62G) vom Ausverkauf betroffen, doch auch der Gold Bullion Securities (WKN A0LP78) und der ETFS Physical Swiss Gold (WKN A1DCTL) seien abgestoßen worden. Frank Mohr von der Commerzbank und Sidi Kleefeld haben ebenfalls einen klaren Trend heraus aus Gold festgestellt.
Auch Silber-ETCs (WKN A0N62F, A0KRJ5) flogen aus den Portfolios, wie Jörg Sengfelder von Flow Traders meldet. 'Der Silberpreis ist seit Jahresanfang um ein Viertel eingebrochen', bemerkt Hepperle. Silber, das auch in der Industrie eingesetzt werde, leide zusätzlich noch unter den schwachen Konjunkturdaten in Europa, den USA und China. Aktuell geht die Feinunze zu 22,62 US-Dollar über den Tisch, zu Jahresanfang waren es noch 30 US-Dollar.
Nachfrage nach Palladium
Dagegen zieht Palladium laut Wenger sogar das Interesse langfristiger Investoren auf sich. Der englische Edelmetall- und Chemiekonzern Johnson Matthey habe gerade auch für 2013 ein zu geringes Palladiumangebot prognostiziert. 'Unsere ETCs auf Palladium (WKN A0N62E) verzeichneten daher Mittelzuflüsse von mehr als 9 Millionen US-Dollar in der vergangenen Woche.' Auch Hepperle rechnet mit anziehenden Palladiumpreisen: 'Die jüngsten Zahlen zur Autoindustrie in den USA und Asien waren erfreulich, das dürfte die industrielle Nachfrage beleben.'
Industriemetalle ohne Schub
Zwar liegen die Notierungen für reine Industriemetalle immer noch deutlich unter dem Niveau vom Jahresanfang, der Kupferpreis ist im Mai aber etwas gestiegen: Während Anfang des Monats nur 6.873 US-Dollar je Tonne gezahlt wurden, sind es jetzt 7.468 US-Dollar. 'Es gibt Probleme auf der Angebotsseite', erklärt Briesemann und verweist auf den Produktionsstillstand in der größten US-Mine und die Schließung einer großen Mine in Indonesien. ETC-Anleger bleiben aber skeptisch und trennen sich von Rohstoffverbriefungen auf Kupfer (WKN A0KRJU). Dagegen wurden Wenger zufolge Positionen in Short-ETCs auf Kupfer (WKN A0V9XV) ausgebaut. 'Der ETFS Daily Short Copper hat dieses Jahr bislang Mittelzuflüsse von mehr als 80 Millionen US-Dollar erzielt.'
Ölpreis tritt auf der Stelle
Wenig Bewegung gab es im Mai beim Öl. Der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent liegt aktuell bei 103,46 US-Dollar und hat sich damit in den vergangenen Wochen kaum verändert. Im April war der Preis noch innerhalb kurzer Zeit von 111 auf unter 98 US-Dollar gefallen. Öl-ETCs wie der db Brent Crude Oil Booster Euro Hedged (WKN A1AQGX) werden verkauft, wie Sengfelder festgestellt hat.
Einen kräftigeren Preisanstieg bei Öl erwartet Hepperle im Übrigen nicht. 'Dazu sind die Wachstumsperspektiven weltweit zu moderat.' Allerdings könnten Krisen, etwa im Nahen Osten, den Preis durchaus nach oben treiben. Briesemann liegt mit seiner Einschätzung ähnlich: 'Große Sprünge nach oben wird es aber nicht geben.'
© 22. Mai 2013/Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Rohstoffinvestoren können sich im Moment wohl kaum des Eindrucks erwehren, aufs falsche Pferd gesetzt zu haben. Im Gegensatz zu Aktien kennen die meisten Rohstoffe in diesem Jahr nämlich nur eine Richtung: nach unten. Gold, lange Zeit Fluchtwährung der von Inflationsängsten geplagten Anleger, hat sich auch im Mai weiter verbilligt. Dazu trug zuletzt auch der stärkere US-Dollar bei, der Rohstoffinvestitionen für Nichtamerikaner verteuert. Gleichzeitig ist die Volatilität im Markt nach Ansicht von Daniel Briesemann von der Commerzbank gestiegen: 'Es sind viele kurzfristig orientierte Marktteilnehmer unterwegs, die auf den schnellen Gewinn aus sind.'
Der Preis für eine Feinunze Gold ist jedenfalls wieder unter die Marke von 1.400 US-Dollar gerutscht - den tiefsten Stand seit über zwei Jahren. Am heutigen Mittwoch liegt der Preis bei 1.383 US-Dollar, Anfang Oktober vergangenen Jahres waren es noch fast 1.800 US-Dollar für die Feinunze. In Euro gerechnet kostet das Edelmetall aktuell 1.072 nach 1.390 Euro im Herbst.
Gold wieder teurer?
'Die Staatsschuldenkrise hat an Brisanz verloren, außerdem ist die Inflation deutlich zurückgegangen', erläutert Bastian Hepperle von der DekaBank. Zwar hätten Privatanleger auch nach dem Goldpreiseinbruch im April noch massiv Münzen und Barren gekauft, das könne an dem großen Trend heraus aus dem Edelmetall aber nicht viel ändern. Auch für die Zukunft erwartet die Bank keinen Preisanstieg. 'Ein Wiederaufbrechen der starken Unsicherheit aufgrund der Eurokrise wird es eher nicht geben. Gold hat an Glanz verloren.'
Die Commerzbank sieht das allerdings anders: 'Wir gehen für die zweite Jahreshälfte von wieder anziehenden Edelmetallpreisen aus', bemerkt Briesemann. Die ultralockere Geldpolitik in den USA, Europa und Japan, extrem niedrige Realzinsen, die hohe Nachfrage nach Barren und Münzen von Seiten der Privatanleger, die hohe Schmucknachfrage und Käufe seitens der Zentralbanken sprächen für steigende Notierungen. 'Wir prognostizieren 1.700 US-Dollar zum Jahresende.'
Ausverkauf bei Edelmetall-ETCs
Gold-ETCs stehen jedenfalls wieder einmal auf den Verkaufslisten, wie Händler einhellig berichten. Laut Bernhard Wenger von ETF Securities war vor allem der ETFS Physical Gold (WKN A0N62G) vom Ausverkauf betroffen, doch auch der Gold Bullion Securities (WKN A0LP78) und der ETFS Physical Swiss Gold (WKN A1DCTL) seien abgestoßen worden. Frank Mohr von der Commerzbank und Sidi Kleefeld haben ebenfalls einen klaren Trend heraus aus Gold festgestellt.
Auch Silber-ETCs (WKN A0N62F, A0KRJ5) flogen aus den Portfolios, wie Jörg Sengfelder von Flow Traders meldet. 'Der Silberpreis ist seit Jahresanfang um ein Viertel eingebrochen', bemerkt Hepperle. Silber, das auch in der Industrie eingesetzt werde, leide zusätzlich noch unter den schwachen Konjunkturdaten in Europa, den USA und China. Aktuell geht die Feinunze zu 22,62 US-Dollar über den Tisch, zu Jahresanfang waren es noch 30 US-Dollar.
Nachfrage nach Palladium
Dagegen zieht Palladium laut Wenger sogar das Interesse langfristiger Investoren auf sich. Der englische Edelmetall- und Chemiekonzern Johnson Matthey habe gerade auch für 2013 ein zu geringes Palladiumangebot prognostiziert. 'Unsere ETCs auf Palladium (WKN A0N62E) verzeichneten daher Mittelzuflüsse von mehr als 9 Millionen US-Dollar in der vergangenen Woche.' Auch Hepperle rechnet mit anziehenden Palladiumpreisen: 'Die jüngsten Zahlen zur Autoindustrie in den USA und Asien waren erfreulich, das dürfte die industrielle Nachfrage beleben.'
Industriemetalle ohne Schub
Zwar liegen die Notierungen für reine Industriemetalle immer noch deutlich unter dem Niveau vom Jahresanfang, der Kupferpreis ist im Mai aber etwas gestiegen: Während Anfang des Monats nur 6.873 US-Dollar je Tonne gezahlt wurden, sind es jetzt 7.468 US-Dollar. 'Es gibt Probleme auf der Angebotsseite', erklärt Briesemann und verweist auf den Produktionsstillstand in der größten US-Mine und die Schließung einer großen Mine in Indonesien. ETC-Anleger bleiben aber skeptisch und trennen sich von Rohstoffverbriefungen auf Kupfer (WKN A0KRJU). Dagegen wurden Wenger zufolge Positionen in Short-ETCs auf Kupfer (WKN A0V9XV) ausgebaut. 'Der ETFS Daily Short Copper hat dieses Jahr bislang Mittelzuflüsse von mehr als 80 Millionen US-Dollar erzielt.'
Ölpreis tritt auf der Stelle
Wenig Bewegung gab es im Mai beim Öl. Der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent liegt aktuell bei 103,46 US-Dollar und hat sich damit in den vergangenen Wochen kaum verändert. Im April war der Preis noch innerhalb kurzer Zeit von 111 auf unter 98 US-Dollar gefallen. Öl-ETCs wie der db Brent Crude Oil Booster Euro Hedged (WKN A1AQGX) werden verkauft, wie Sengfelder festgestellt hat.
Einen kräftigeren Preisanstieg bei Öl erwartet Hepperle im Übrigen nicht. 'Dazu sind die Wachstumsperspektiven weltweit zu moderat.' Allerdings könnten Krisen, etwa im Nahen Osten, den Preis durchaus nach oben treiben. Briesemann liegt mit seiner Einschätzung ähnlich: 'Große Sprünge nach oben wird es aber nicht geben.'
© 22. Mai 2013/Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)