FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 9. März 2012. Ausreichend private Griechenland-Gläubiger haben sich bereit erklärt, auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten, die ungeordnete Insolvenz ist somit abgewendet. Zuvor hatte der Bund-Future abermals ein neues Rekordhoch markiert.
Zwischen Hoffen und Bangen: So lässt sich die Stimmung der vergangenen Tage beschreiben. 'Die ganze Woche zitterten die Marktteilnehmer der Deadline Donnerstag 21 Uhr entgegen', berichtet Arthur Brunner von ICF Kursmakler. Bis dahin mussten sich private Gläubiger für oder gegen das griechische Umschuldungsangebot entscheiden.
Schon am Nachmittag deutete sich an, dass es mit der Zustimmung klappen wird, am Abend kam dann die erlösende Nachricht: Die freiwillige Zustimmungsquote liegt bei 85,8 Prozent, unter Anwendung der Collective Action Clause, einer Zwangsklausel, steigt die Quote auf 95,7 Prozent. 'Die restlichen 4,3 Prozent sind Anleihen, die britischem, nicht griechischem Recht unterliegen', erklärt Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft.
Verschnupft wegen Zwangsklausel
Aufgrund der Zwangsklausel fällt die Begeisterung am Markt allerdings etwas dünn aus, zudem bleibt wegen der Kreditausfallversicherungen, die nun ausgelöst werden sollten, noch ein Rest Unsicherheit. Sorgen um Griechenland hatten zuvor abermals zu einer Flucht in Bundesanleihen geführt, der richtungsweisende Euro-Bund-Future kletterte diese Woche auf einen neuen Rekordstand von 140,52 Prozent. Heute notiert er bei 138,38 Prozent, die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen liegt bei 1,80 Prozent.
24 neue Griechenlandanleihen
Der Handel mit griechischen Anleihen (WKN A0T6US, 830275, A0LN5U) ist bereits seit Anfang der Woche ausgesetzt. Gregor Daniel rechnet damit, dass der Austausch alter Papiere in neue am kommenden Montag stattfindet und der Handel am Dienstag startet. 'Außerbörslich wird bereits gehandelt.' Anleger erhielten 24 unterschiedliche Anleihen mit verschiedenen Laufzeiten und Nennwerten. 'Da die neuen griechischen Anleihen im grauen Markt vorab zurzeit bei etwa 20 Prozent gehandelt werden, können die Anleger den Wert ihrer alten Anleihen bei 21 Prozent berechnen', erklärt Brunner.
Keine Leitzinssenkungen oder -erhöhungen
Wegen des Zitterns um Griechenland ging die EZB-Ratssitzung am gestrigen Donnerstag fast unter. Laut Helaba wurde aber deutlich, dass die Währungshüter derzeit nicht über weitere geldpolitische Stimulierungsmaßnahmen in Europa nachdenken. 'Vielmehr sprechen der unerwartete Anstieg der europäischen Teuerungsrate auf zuletzt 2,7 Prozent und die nach oben revidierten Inflationsprojektionen der Zentralbank gegen weitere Lockerungen', meinen die Analysten. Hinweise auf eine wieder restriktivere Politik fehlten im Umfeld der europäischen Schuldenkrise und der hohen Risiken ebenfalls. 'So ist zu erwarten, dass die EZB in den kommenden Monaten wohl in ihrer abwartenden Haltung verharrt. Leitzinserhöhungen wird es auf lange Sicht nicht geben.'
HeidelbergCement finanziert sich günstig
Unterdessen brummt im Bereich Unternehmensanleihen das Geschäft mit Neuemissionen weiter, die Konditionen für Anleger werden allerdings unattraktiver: Etwa musste HeidelbergCement für eine neue, bis 2016 laufende Anleihe (WKN A1G119) nur 4 Prozent bieten. 'Die Altemissionen waren in den letzten Wochen sehr gefragt. Dadurch konnte sich das Unternehmen im aktuellen Marktumfeld günstiger refinanzieren', erklärt Stopp.
Insgesamt sei die Anleihe gut aufgenommen worden - trotz des niedrigen Kupons, meldet Rainer Petz von Close Brothers Seydler. 'Zwischenzeitlich rutschte sie unter den Reoffer-Preis, mittlerweile wird sie wieder über 100 gehandelt.' Im Oktober habe HeidelbergCement allerdings noch eine Anleihe mit einem Zins von 9,5 Prozent begeben, die auch nur zwei Jahre länger laufe (WKN A1GV10).
Minizinsen von MAN
Zudem gibt es eine neue Anleihe von MAN (WKN A1ML0A), die erste nach drei Jahren. Das Unternehmen zahlt lediglich 2,125 Prozent, die Rückzahlung erfolgt 2017. Wie Stopp berichtet, konnte auch der finnisch-schwedische Papier- und Verpackungshersteller Stora Enso (WKN A1G1XB) die positive Stimmung nutzen, um 500 Millionen Euro frisches Kapital einzusammeln. Der Kupon liegt bei 5,5 Prozent, die Anleihe läuft bis 2019. 'Das Unternehmen ist mit der Note Ba2 ausgestattet', berichtet der Händler. 'Auch Ramsch lässt sich noch platzieren.'
Praktiker-Anleihe auf Tauchkurs
Nicht mehr viel wissen wollen Anleger hingegen von Praktiker-Anleihen (WKN A1H3JZ). Der Grund: Anleihegläubiger sollen sich an der Sanierung der angeschlagenen Baumarktkette beteiligen und auf den Löwenanteil der Zinsen verzichten. Statt 5,975 sollen sie nur noch 1 Prozent Zinsen auf die bis 2016 laufende Anleihe erhalten. 'Der Kurs rutschte innerhalb gut einer Woche von 57 auf 33 Prozent', berichtet Petz.
Solarworld unter 50 Prozent
Gleichzeitig bleiben Solaranleihen unter Druck. 'Gestern rutschte Solarworld unter 50 Prozent, ohne neue Nachrichten', meldet ein Händler der Hellwig Wertpapierhandelsgesellschaft mit Blick auf die bis 2016 beziehungsweise 2017 laufenden Anleihen (WKN A1H3W6, A1CR73). Vergangenen Sommer gingen diese noch zu rund 100 Prozent über den Tisch.
Gesucht waren Daniel zufolge hingegen die bis 2014 laufende Air Berlin-Anleihe (WKN AB100C) sowie Papiere von GFW Capital (WKN A0JCC9) und EDP Finance (WKN A0T6WS). Auch Fremdwährungsanleihen blieben gefragt. 'Wir sehen verstärkt Aktivitäten in australischen Dollar und türkischen Lira.'
Laut Brunner konzentrierten sich Anleger angesichts der Unsicherheiten um Griechenland hauptsächlich auf kurz laufende Unternehmensanleihen wie die der TUI (WKN TUAG01), die Ende des Jahres fällig ist. 'Am heutigen Freitag ist wieder mehr Risiko gefragt', ergänzt der Händler. Ein typisches Beispiel sei die Nachranganleihe der IKB (WKN 273032), die deutlich zugelegt habe.
Mittelstandsanleihe von Singulus
Am kommenden Montag startet übrigens die Zeichnung für eine Singulus-Anleihe (WKN A1MASJ) über die Börse Frankfurt, die im Entry Standard gehandelt werden soll. Diese wird zu 7,75 Prozent verzinst und läuft bis 2017, die Stückelung liegt bei 1.000 Euro. Listing Partner und Spezialist ist Close Brothers Seydler. Singulus baut unter anderem Produktionsanlagen für Datenträger wie CD und DVD, seit einigen Jahren auch Anlagen für die Solarbranche. Die Singulus-Aktie ist Mitglied im TecDAX.
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© 9. März 2012 / Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Zwischen Hoffen und Bangen: So lässt sich die Stimmung der vergangenen Tage beschreiben. 'Die ganze Woche zitterten die Marktteilnehmer der Deadline Donnerstag 21 Uhr entgegen', berichtet Arthur Brunner von ICF Kursmakler. Bis dahin mussten sich private Gläubiger für oder gegen das griechische Umschuldungsangebot entscheiden.
Schon am Nachmittag deutete sich an, dass es mit der Zustimmung klappen wird, am Abend kam dann die erlösende Nachricht: Die freiwillige Zustimmungsquote liegt bei 85,8 Prozent, unter Anwendung der Collective Action Clause, einer Zwangsklausel, steigt die Quote auf 95,7 Prozent. 'Die restlichen 4,3 Prozent sind Anleihen, die britischem, nicht griechischem Recht unterliegen', erklärt Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft.
Verschnupft wegen Zwangsklausel
Aufgrund der Zwangsklausel fällt die Begeisterung am Markt allerdings etwas dünn aus, zudem bleibt wegen der Kreditausfallversicherungen, die nun ausgelöst werden sollten, noch ein Rest Unsicherheit. Sorgen um Griechenland hatten zuvor abermals zu einer Flucht in Bundesanleihen geführt, der richtungsweisende Euro-Bund-Future kletterte diese Woche auf einen neuen Rekordstand von 140,52 Prozent. Heute notiert er bei 138,38 Prozent, die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen liegt bei 1,80 Prozent.
24 neue Griechenlandanleihen
Der Handel mit griechischen Anleihen (WKN A0T6US, 830275, A0LN5U) ist bereits seit Anfang der Woche ausgesetzt. Gregor Daniel rechnet damit, dass der Austausch alter Papiere in neue am kommenden Montag stattfindet und der Handel am Dienstag startet. 'Außerbörslich wird bereits gehandelt.' Anleger erhielten 24 unterschiedliche Anleihen mit verschiedenen Laufzeiten und Nennwerten. 'Da die neuen griechischen Anleihen im grauen Markt vorab zurzeit bei etwa 20 Prozent gehandelt werden, können die Anleger den Wert ihrer alten Anleihen bei 21 Prozent berechnen', erklärt Brunner.
Keine Leitzinssenkungen oder -erhöhungen
Wegen des Zitterns um Griechenland ging die EZB-Ratssitzung am gestrigen Donnerstag fast unter. Laut Helaba wurde aber deutlich, dass die Währungshüter derzeit nicht über weitere geldpolitische Stimulierungsmaßnahmen in Europa nachdenken. 'Vielmehr sprechen der unerwartete Anstieg der europäischen Teuerungsrate auf zuletzt 2,7 Prozent und die nach oben revidierten Inflationsprojektionen der Zentralbank gegen weitere Lockerungen', meinen die Analysten. Hinweise auf eine wieder restriktivere Politik fehlten im Umfeld der europäischen Schuldenkrise und der hohen Risiken ebenfalls. 'So ist zu erwarten, dass die EZB in den kommenden Monaten wohl in ihrer abwartenden Haltung verharrt. Leitzinserhöhungen wird es auf lange Sicht nicht geben.'
HeidelbergCement finanziert sich günstig
Unterdessen brummt im Bereich Unternehmensanleihen das Geschäft mit Neuemissionen weiter, die Konditionen für Anleger werden allerdings unattraktiver: Etwa musste HeidelbergCement für eine neue, bis 2016 laufende Anleihe (WKN A1G119) nur 4 Prozent bieten. 'Die Altemissionen waren in den letzten Wochen sehr gefragt. Dadurch konnte sich das Unternehmen im aktuellen Marktumfeld günstiger refinanzieren', erklärt Stopp.
Insgesamt sei die Anleihe gut aufgenommen worden - trotz des niedrigen Kupons, meldet Rainer Petz von Close Brothers Seydler. 'Zwischenzeitlich rutschte sie unter den Reoffer-Preis, mittlerweile wird sie wieder über 100 gehandelt.' Im Oktober habe HeidelbergCement allerdings noch eine Anleihe mit einem Zins von 9,5 Prozent begeben, die auch nur zwei Jahre länger laufe (WKN A1GV10).
Minizinsen von MAN
Zudem gibt es eine neue Anleihe von MAN (WKN A1ML0A), die erste nach drei Jahren. Das Unternehmen zahlt lediglich 2,125 Prozent, die Rückzahlung erfolgt 2017. Wie Stopp berichtet, konnte auch der finnisch-schwedische Papier- und Verpackungshersteller Stora Enso (WKN A1G1XB) die positive Stimmung nutzen, um 500 Millionen Euro frisches Kapital einzusammeln. Der Kupon liegt bei 5,5 Prozent, die Anleihe läuft bis 2019. 'Das Unternehmen ist mit der Note Ba2 ausgestattet', berichtet der Händler. 'Auch Ramsch lässt sich noch platzieren.'
Praktiker-Anleihe auf Tauchkurs
Nicht mehr viel wissen wollen Anleger hingegen von Praktiker-Anleihen (WKN A1H3JZ). Der Grund: Anleihegläubiger sollen sich an der Sanierung der angeschlagenen Baumarktkette beteiligen und auf den Löwenanteil der Zinsen verzichten. Statt 5,975 sollen sie nur noch 1 Prozent Zinsen auf die bis 2016 laufende Anleihe erhalten. 'Der Kurs rutschte innerhalb gut einer Woche von 57 auf 33 Prozent', berichtet Petz.
Solarworld unter 50 Prozent
Gleichzeitig bleiben Solaranleihen unter Druck. 'Gestern rutschte Solarworld unter 50 Prozent, ohne neue Nachrichten', meldet ein Händler der Hellwig Wertpapierhandelsgesellschaft mit Blick auf die bis 2016 beziehungsweise 2017 laufenden Anleihen (WKN A1H3W6, A1CR73). Vergangenen Sommer gingen diese noch zu rund 100 Prozent über den Tisch.
Gesucht waren Daniel zufolge hingegen die bis 2014 laufende Air Berlin-Anleihe (WKN AB100C) sowie Papiere von GFW Capital (WKN A0JCC9) und EDP Finance (WKN A0T6WS). Auch Fremdwährungsanleihen blieben gefragt. 'Wir sehen verstärkt Aktivitäten in australischen Dollar und türkischen Lira.'
Laut Brunner konzentrierten sich Anleger angesichts der Unsicherheiten um Griechenland hauptsächlich auf kurz laufende Unternehmensanleihen wie die der TUI (WKN TUAG01), die Ende des Jahres fällig ist. 'Am heutigen Freitag ist wieder mehr Risiko gefragt', ergänzt der Händler. Ein typisches Beispiel sei die Nachranganleihe der IKB (WKN 273032), die deutlich zugelegt habe.
Mittelstandsanleihe von Singulus
Am kommenden Montag startet übrigens die Zeichnung für eine Singulus-Anleihe (WKN A1MASJ) über die Börse Frankfurt, die im Entry Standard gehandelt werden soll. Diese wird zu 7,75 Prozent verzinst und läuft bis 2017, die Stückelung liegt bei 1.000 Euro. Listing Partner und Spezialist ist Close Brothers Seydler. Singulus baut unter anderem Produktionsanlagen für Datenträger wie CD und DVD, seit einigen Jahren auch Anlagen für die Solarbranche. Die Singulus-Aktie ist Mitglied im TecDAX.
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© 9. März 2012 / Anna-Maria Borse
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