FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 20. April 2012. Die Eurokrise hat sich mit Wucht zurückgemeldet. Sorgenkind Nummer eins ist dabei Spanien. Unterdessen muss Deutschland immer weniger Zinsen zahlen, der Bund-Future klettert auf ein neues Rekordhoch.
Die europäische Staatsschuldenkrise hat die Märkte wieder fest im Griff. 'Spanien heißt das neue Griechenland', kommentiert Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft. Prominente wie der bekannte Investor John Paulson schössen sich derzeit auf das Land ein.
Richtungsweisende spanische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren passierten bereits zu Wochenbeginn die kritische Marke von 6 Prozent Rendite, wie Klaus Stopp von der Baader Bank berichtet. Mit besonderer Spannung erwartet wurde daher die gestrige Neuemission zehnjähriger Papiere. 'Die Auktion verlief grundsätzlich gut, der Renditeanstieg auf 5,74 Prozent war mindestens so erwartet worden, die Höhe der Gebote mit einem Bid-to-Cover-Ratio von etwa 2,4 hat eher positiv überrascht', präzisiert Dietmar Blum von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Dennoch: Die Anspannung blieb. Am heutigen Freitag hat sich die Lage am spanischen Anleihenmarkt wieder verschärft.
Nur noch Deutschland überzeugt
Auch französische, niederländische und österreichische Anleihen tendierten zuletzt schwächer. Gerüchte kursierten, dass Frankreich von der Ratingagentur Moody`s heruntergestuft werden könnte. 'Die Nervosität führt offensichtlich dazu, dass der Markt nur noch Deutschland zu Kerneuropa zählt', bemerkt die Commerzbank.
Der Bund-Future klettert auf immer neue Rekordhochs, heute wurden in einem hochnervösen Handel zwischenzeitlich 140,86 Punkte erreicht. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihe liegt aktuell aber wieder über 1,70 Prozent.
Anhaltende Nervosität erwartet
Zum Spekulationsobjekt für Privatanleger wie zuletzt griechische Anleihen sind spanische Staatspapiere bislang allerdings nicht geworden. 'Die Umsätze der Anleihen, die wir im Skontro haben, sind minimal', meint etwa Daniel (WKN A0G4Z4, A1AM7P, A1AX8V). Die Rendite sei mit beispielsweise 3,1 Prozent für das bis zum 30. April 2013 laufende Papier auch nicht attraktiv genug. Die kommenden Wochen könnten nach Einschätzung des Händlers aufgrund der Wahlen in Griechenland und Frankreich allerdings noch weitere schlechte Nachrichten bringen. Der französische Kandidat Hollande fordere nicht nur höhere Steuern für Reiche und große Unternehmen, sondern befürworte auch Eurobonds. 'Das bedeutete dann Sozialisierung der Schulden.'
IVG-Hybridanleihe im Sinkflug
Rasant nach unten ging es im Bereich Corporate Bonds für die Hybridanleihe von IVG Immobilien (WKN A0JQMH). Das Papier, das Anfang der Woche noch zu rund 70 Prozent gehandelt wurde, geht aktuell zu 40 Prozent über den Tisch. 'Im Tief waren es heute sogar 35 Prozent', ergänzt Daniel. Der Grund: Der Konzern streicht die Zinszahlungen. Diese sollen erst wieder aufgenommen werden, wenn IVG ein deutlich positives Konzernergebnis aufweist.
Daneben sorgten tiefrote Quartalszahlen des kriselnden finnischen Handyherstellers Nokia für sinkende Kurse (WKN A0T6DF), wie Daniel erklärt, allerdings bei kleinen Umsätzen. Die Anleihe notiert mittlerweile unter Pari, Anfang April wurde sie noch zu über 108 Prozent gehandelt.
Solarbranche kommt nicht zur Ruhe
Nach der Pleitewelle in der Solarindustrie bleiben Photovoltaikanleihen weiter stark beachtet, etwa Papiere von Solarworld (WKN A1CR73) und Centrosolar (WKN A1E85T). 'Die Branche ist nach wie vor unter Druck', meldet Rainer Petz von Close Brothers Seydler. 'Solarworld wurde heute das erste Mal unter 30 Prozent gehandelt.' Die am Dienstag vom US-Unternehmen First Solar angekündigte Schließung zweier Werke in Frankfurt an der Oder hat Anleger offenbar abermals verunsichert.
Wenig Neues
Nach den mit zahlreichen Neuemissionen gesegneten vergangenen Monaten ist es um frische Anleihen zuletzt eher still geworden. Klaus Stopp bezeichnet die Lage als 'lethargisch'. 'Dies liegt insbesondere an der wieder aufkeimenden EU-Schuldenkrise', glaubt der Händler.
Nur wenige Unternehmen wagen sich im Moment hervor: Von der Stückelung her interessant für Kleinanleger ist etwa die Anleihe der französische Holdinggesellschaft PPR (WKN A1G3X3), zu der Nobelmarken wie Gucci und Yves Saint Laurent sowie der Sportartikelkonzern Puma gehören. Das Papier ist 2019 fällig und hat einen Nominalzins von 3,125 Prozent.
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© 20. April 2012 / Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Die europäische Staatsschuldenkrise hat die Märkte wieder fest im Griff. 'Spanien heißt das neue Griechenland', kommentiert Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft. Prominente wie der bekannte Investor John Paulson schössen sich derzeit auf das Land ein.
Richtungsweisende spanische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren passierten bereits zu Wochenbeginn die kritische Marke von 6 Prozent Rendite, wie Klaus Stopp von der Baader Bank berichtet. Mit besonderer Spannung erwartet wurde daher die gestrige Neuemission zehnjähriger Papiere. 'Die Auktion verlief grundsätzlich gut, der Renditeanstieg auf 5,74 Prozent war mindestens so erwartet worden, die Höhe der Gebote mit einem Bid-to-Cover-Ratio von etwa 2,4 hat eher positiv überrascht', präzisiert Dietmar Blum von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Dennoch: Die Anspannung blieb. Am heutigen Freitag hat sich die Lage am spanischen Anleihenmarkt wieder verschärft.
Nur noch Deutschland überzeugt
Auch französische, niederländische und österreichische Anleihen tendierten zuletzt schwächer. Gerüchte kursierten, dass Frankreich von der Ratingagentur Moody`s heruntergestuft werden könnte. 'Die Nervosität führt offensichtlich dazu, dass der Markt nur noch Deutschland zu Kerneuropa zählt', bemerkt die Commerzbank.
Der Bund-Future klettert auf immer neue Rekordhochs, heute wurden in einem hochnervösen Handel zwischenzeitlich 140,86 Punkte erreicht. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihe liegt aktuell aber wieder über 1,70 Prozent.
Anhaltende Nervosität erwartet
Zum Spekulationsobjekt für Privatanleger wie zuletzt griechische Anleihen sind spanische Staatspapiere bislang allerdings nicht geworden. 'Die Umsätze der Anleihen, die wir im Skontro haben, sind minimal', meint etwa Daniel (WKN A0G4Z4, A1AM7P, A1AX8V). Die Rendite sei mit beispielsweise 3,1 Prozent für das bis zum 30. April 2013 laufende Papier auch nicht attraktiv genug. Die kommenden Wochen könnten nach Einschätzung des Händlers aufgrund der Wahlen in Griechenland und Frankreich allerdings noch weitere schlechte Nachrichten bringen. Der französische Kandidat Hollande fordere nicht nur höhere Steuern für Reiche und große Unternehmen, sondern befürworte auch Eurobonds. 'Das bedeutete dann Sozialisierung der Schulden.'
IVG-Hybridanleihe im Sinkflug
Rasant nach unten ging es im Bereich Corporate Bonds für die Hybridanleihe von IVG Immobilien (WKN A0JQMH). Das Papier, das Anfang der Woche noch zu rund 70 Prozent gehandelt wurde, geht aktuell zu 40 Prozent über den Tisch. 'Im Tief waren es heute sogar 35 Prozent', ergänzt Daniel. Der Grund: Der Konzern streicht die Zinszahlungen. Diese sollen erst wieder aufgenommen werden, wenn IVG ein deutlich positives Konzernergebnis aufweist.
Daneben sorgten tiefrote Quartalszahlen des kriselnden finnischen Handyherstellers Nokia für sinkende Kurse (WKN A0T6DF), wie Daniel erklärt, allerdings bei kleinen Umsätzen. Die Anleihe notiert mittlerweile unter Pari, Anfang April wurde sie noch zu über 108 Prozent gehandelt.
Solarbranche kommt nicht zur Ruhe
Nach der Pleitewelle in der Solarindustrie bleiben Photovoltaikanleihen weiter stark beachtet, etwa Papiere von Solarworld (WKN A1CR73) und Centrosolar (WKN A1E85T). 'Die Branche ist nach wie vor unter Druck', meldet Rainer Petz von Close Brothers Seydler. 'Solarworld wurde heute das erste Mal unter 30 Prozent gehandelt.' Die am Dienstag vom US-Unternehmen First Solar angekündigte Schließung zweier Werke in Frankfurt an der Oder hat Anleger offenbar abermals verunsichert.
Wenig Neues
Nach den mit zahlreichen Neuemissionen gesegneten vergangenen Monaten ist es um frische Anleihen zuletzt eher still geworden. Klaus Stopp bezeichnet die Lage als 'lethargisch'. 'Dies liegt insbesondere an der wieder aufkeimenden EU-Schuldenkrise', glaubt der Händler.
Nur wenige Unternehmen wagen sich im Moment hervor: Von der Stückelung her interessant für Kleinanleger ist etwa die Anleihe der französische Holdinggesellschaft PPR (WKN A1G3X3), zu der Nobelmarken wie Gucci und Yves Saint Laurent sowie der Sportartikelkonzern Puma gehören. Das Papier ist 2019 fällig und hat einen Nominalzins von 3,125 Prozent.
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© 20. April 2012 / Anna-Maria Borse
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