FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 22. Januar 2014. Knapp vor der 10.000er Marke machen eine Reihe institutioneller Investoren eine Kehrtwende und gehen auf die Short-Seite. Ein Trend, den die privaten halbherziger mitmachen. Es sieht aber mehr nach gesunder Korrektur denn Trendwechsel aus.
Mittlerweile - davon sind die meisten Marktteilnehmer überzeugt - geht es nicht mehr darum ob, sondern nur noch wie schnell der DAX die 10.000er Marke überschreiten wird. Um diese Prognose fundamental zu rechtfertigen, versuchen Akteure die Situation so positiv wie möglich darzustellen. Die Aussichten für die Weltwirtschaft seien ausgezeichnet und die Risiken überschaubar, heißt es beispielsweise. Insbesondere für den deutschen Export ergäben sich gute Perspektiven, schwärmen Analysten. Ein wenig nachdenklich stimmt diese Stimmungsmache schon. Denn gerade erst zu Wochenbeginn bestätigten sich Vermutungen, dass China, einer der wichtigsten Motoren des globalen Wachstums, bereits im zweiten Jahr hintereinander auf niedrigeren Drehzahlen laufen wird.
Aber was macht das schon, wenn selbst der in den vergangenen Jahren sehr zurückhaltende Internationale Währungsfonds (IWF) wieder grünes Licht für die Weltkonjunktur gibt. Wenn auch mit der Einschränkung, die Risiken seien noch nicht vollständig gebannt. Ebenfalls weit oben auf der Argumentationsliste der Optimisten steht die jüngste Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), in der sich 1.344 Vorstandschefs aus aller Welt äußerten. Nur 7 Prozent von ihnen glauben, dieses Jahr werde sich die globale konjunkturelle Lage verschlechtern. In 2013 waren es immerhin noch 28 Prozent. Und Deutschland gegenüber ist man in den Führungsetagen großer Unternehmen ebenfalls besonders positiv eingestellt. Es wird nach den USA als das Land mit den besten Wachstumsaussichten genannt.
Natürlich entwickeln sich Wirtschaft und Aktienmarkt nicht immer im Einklang. Während der DAX-Hausse der vergangenen beiden Jahre wurden immer wieder Krisenwarnungen ausgesprochen oder andere Bedenken geäußert. Bedeutet dies etwa, dass nun, wo alle Welt nur noch über rosige Aussichten spricht, die Aktienmärkte ihren Höchstständen nahe sind? Wenn man das Resultat der heutigen Sentiment-Erhebung als Maßstab nimmt, könnte dies tatsächlich der Fall sein. Denn die von der Börse Frankfurt befragten institutionellen Anleger kehren dem DAX den Rücken. Eine radikale Abwanderung von 13 Prozent vom Bullen- ins Bärenlager hat dafür gesorgt, dass unser Bull/Bear-Index auf den tiefsten Stand seit September vergangenen Jahres gefallen ist und nun genau auf der 50-Punkte-Schwelle liegt.
Privatanleger bleiben dem DAX treu
Zwar zog es dieses Mal auch reichlich Privatanleger ins Bärenlager. Aber im krassen Gegensatz zu den Investmentprofis ist bei ihnen der Anteil der Optimisten nicht im selben Maß gefallen, sondern sogar noch im 2 Prozent gestiegen. Damit hält sich der Rückgang im Bull/Bear-Index der Privaten in Grenzen. Er verliert lediglich 3,2 Punkte und liegt nun bei 57,9 Punkten.
Das auffälligste Merkmal der heutigen Erhebung ist indes, dass der DAX unter den Verkäufen der befragten Akteure nicht gelitten hat, sondern gestern sogar noch ein neues Allzeithoch markieren konnte. Die neuen Short-Positionen der Skeptiker dürften sich demnach noch nicht sehr angenehm anfühlen. Verglichen mit der Situation im September, als die Stimmung ähnlich schlecht und der DAX bei gut 8.700 Punkten ebenfalls an einem Allzeithoch notierte, dürften diesmal aber die Ambitionen der Pessimisten deutlich geringer sein. Damals wurde viel über Trendwende gesprochen. Diesmal wollen die Bären zwar auch niedrigere Kurse sehen, aber nur, um günstiger wieder einsteigen zu können.
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von Gianni Hirschmüller, cognitrend für boerse-frankfurt.de
© 22. Januar 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)