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Börse Frankfurt-News: 'Ein gutes zweites Halbjahr für die Aktien?' (Hüfner)

Veröffentlicht am 20.07.2012, 13:43
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 20. Juli 2012. Die Aktienkurse entwickeln sich gegenläufig zu der Konjunktur. Martin Hüfner liefert mögliche Erklärungsansätze.

Die Aktienkurse steigen, die Konjunktur geht in den Kel­ler. Das passt nicht zusammen. Und trotzdem passiert es in diesen Wochen. Normalerweise nimmt man an, dass bei schlechterer Konjunktur die Gewinne der Unter­nehmen nachgeben und dass sich dies dann in niedrige­ren Aktienkursen zeigt. Diesmal ist es aber ganz anders. Seit Mai verdüstert sich die Stimmung in den deutschen Unternehmen. Der ifo-Index, der das erfahrungsgemäß recht gut widerspiegelt, geht zurück. Die Aktienkurse sind dem zunächst gefolgt. Der DAX ist nach dem furio­sen Auftakt zu Beginn des Jahres gefallen. Die Welt schien in Ord­nung. Seit Juni gehen die Kurse aber wie­der deutlich nach oben. Was ist los?

Theoretisch könnte man annehmen, dass wir die Kon­junktur falsch messen. Die Konjunkturindikatoren hinken bekanntlich der tatsächlichen Entwicklung hinterher. Sie können nicht (oder nur schlecht) erfassen, wenn sich die Wirtschaftsentwicklung im zweiten Halbjahr wieder be­schleunigen sollte. Der Aktienmarkt schaut dagegen nor­malerweise weiter in die Zukunft. Es könnte also sein, dass der jüngste Anstieg der Aktienkurse ein Signal ist für eine günstigere Entwicklung in Zukunft.

Tatsächlich gibt es einige, die im zweiten Halbjahr wie­der mit mehr Wachstum rechnen. Das zweite Vierteljahr - so ihre Argumentation - war aufgrund von Lagerbewe­gungen ein Ausreißer nach unten. Im dritten und vierten Quartal wird es wieder nach oben gehen. Nicht nur die Läger müs­sen aufgestockt werden. Es wirken sich auch die geldpolitischen Lockerungen aus, die in den letzten Wochen in einer Reihe von Staaten ergriffen worden wa­ren. China wird alles tun, um ein weiteres Absacken sei­ner Wachstumsrate zu verhindern. Wenn die Konjunktur dann wieder anzieht, werden auch die Aktienkurse wei­ter nach oben gehen.

Ich glaube das nicht. Ich bleibe nach wie vor skeptisch gegenüber der Konjunktur. Aus meiner Sicht hat der Anstieg der Aktienkurse einen anderen Grund: Das ist die Lockerung der monetären Bedingungen. Es ist mehr Geld in der Wirtschaft, die Zinsen sind gesunken. Damit haben die Investoren mehr Liquidität in der Tasche und sie müssen dafür Anlagen suchen. Zudem sind die Zin­sen so unattraktiv geworden, dass die Chancen am Ak­tienmarkt in einem besseren Licht erscheinen. Schließ­lich gibt es durch die hohe Liquidität und die niedrigen Zinsen Inflationsbefürchtungen, die ebenfalls für eine Anlage in Sachwerten sprechen. Die Rohstoffpreise sind in den letzten Wochen bereits in Bewegung geraten.

Ein gutes Maß für die Liquiditätsentwicklung am Aktien­markt ist die Geldmenge M1. Sie erfasst das Bargeld und die Sichteinlagen in einer Wirtschaft. Sie hat traditio­nell einen recht guten Vorlauf zu den Aktienkursen. In der Grafik habe ich die Veränderung von M1 der Ent­wicklung des DAX seit Anfang vorigen Jahres gegen­übergestellt. Es zeigt sich, dass die Wachstumsrate von M1 in der ersten Hälfte 2011 zuerst deutlich zurückge­gangen ist. Das war die Zeit, als die Europäische Zen­tralbank begann, die geldpolitischen Zügel anzuziehen. Die Aktienkurse haben auf die Abnahme der M1-Wachs­tumsraten mit einem deutlichen Absturz im August (das heißt mit einer entsprechenden zeitlichen Verzögerung) reagiert.

Ab Juli letzten Jahres haben sich die monetären Bedin­gungen aber verbessert. M1 wuchs schneller. Darauf

hat der Aktienmarkt seit September mit Kurssteigerun­gen reagiert. Im Mai 2012 schließlich hat M1 dann noch ein­mal einen deutlichen Satz nach oben gemacht (viel­leicht ist das der Reflex auf den letzten großen Liquidi­täts­schub der EZB). Das müsste sich in den nächsten Mo­naten in einer weiteren Steigerung der Aktienkurse wi­derspiegeln.

Natürlich weiß niemand, wie sich die monetären Bedin­gungen im weiteren Verlauf des Jahres entwickeln wer­den. Viel spricht aber für einen weiter expansiven Kurs. In Europa könnte es möglicherweise zu einer weiteren Leitzinssenkung kommen. Manche erwarten auch quan­titative Impulse zum Beispiel durch neue längerfristige Repogeschäfte. Einen Strich durch die Rechnung ma­chen könnte nur, wenn die Rohstoffpreise - vor allem die Nahrungsmittelpreise - stärker steigen würden und die Zentralbank dann in einen Konflikt mit dem Ziel der Geldwertstabilität käme. Wenn das nicht passiert, dann sind auch die Aussichten für den Aktienmarkt gut.

Über eines muss man sich freilich klar sein: Die Aktien­kursentwicklung ist allein monetär getrieben. Sie ist nicht fundamental durch eine gute wirtschaftliche Entwicklung und steigende Gewinne abgesichert. Es ist eine Liquidi­tätshausse. Das ist nicht ungefährlich. Wenn sich die monetären Bedingungen verschlechtern sollten (und eines Tages muss das zwangsläufig der Fall sein, wenn es nicht zu einer größeren Inflation kommen soll), dann wird sich dies schnell auch in den Aktienkursen zeigen.

Für den Anleger

Die gute Nachricht ist, dass die Aussichten für die Akti­enkurse im zweiten Halbjahr gut sind. Es ist durchaus noch ein Anstieg des DAX von 10 oder 15 Prozent möglich. Die schlechte Nachricht ist, dass die Entwicklung nicht sauber ist, weil sie lediglich auf den monetären Verbes­serungen beruht. Sie kann also mit erheblichen Schwan­kungen verbunden sein. Zudem ist zu beachten, dass der deutsche Aktienmarkt bei einem Indexniveau von 8.000 einen Deckel nach oben hat. Dieses Niveau wur­de sowohl im Jahr 2000 als auch in 2007 und 2011 je­weils ganz oder fast erreicht. Es wurde bisher aber nie überschritten. Auch jetzt werden die Investoren wieder nervös werden, wenn sich der Index dieser Marke nä­hert. Vorsicht also, wenn der DAX auf die 7.500 zusteu­ert. Wir befinden uns trotz guter Aussichten in einer Ge­fährdungszone.

Anmerkungen oder Anregungen? Martin Hüfner freut sich auf den Dialog mit Ihnen: redaktion@deutsche-boerse.com.

© 20. Juli 2012 /Martin Hüfner

Dr. Martin W. Hüfner ist Chief Economist bei Assenagon Asset Management S.A. Er war viele Jahre Chefvolkswirt beziehungsweise Senior Economist bei der HypoVereinsbank und der Deutschen Bank. In Brüssel leitete er den renommierten Wirtschafts- und Währungsausschuss der Chefvolkswirte der Europäischen Bankenvereinigung. Hüfner schreibt für große internationale Zeitungen wie die Neue Züricher Zeitung oder die Schweizer Finanz und Wirtschaft sowie für große Zeitungen in Deutschland. Er ist Autor mehrerer Bücher, u. a. 'Europa Die Macht von Morgen' und 'Comeback für Deutschland'

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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